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Wegen der Hitzewelle: Deutsche Amtsärzte für Siesta

In Deutschland sprechen sich Amtsärzte für eine Siesta während der Hitzemonate aus. Unterstützung kommt vom deutschen SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach. SPÖ-Politiker und Gewerkschafter Josef Muchitsch findet die Idee für Bauarbeiter aber "so was von unsinnig, das ist unglaublich".

Aus Südeuropa ist das Prinzip bekannt: In den heißesten Stunden des Tages eine ausgedehnte Mittagspause, weil produktiv arbeiten in dieser Zeit für viele Menschen sowieso kaum möglich ist. In Deutschland kamen nun Forderungen nach ähnlichen Konzepten auf.

"Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen, ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten", sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

"Bei starker Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst", meinte Nießen weiter. Deshalb sollten anspruchsvolle Aufgaben, wenn möglich, in die frühen Morgenstunden verlegt werden. 

"Kaltes Fußbad unter dem Schreibtisch"

"Ausreichend Ventilatoren und leichtere Kleidung, auch wenn die Kleiderordnung das im Büro nicht erlaubt" - so lauten weitere Vorschläge von Nießen, um die Hitze am Arbeitsplatz erträglicher zu machen. 

Für alle, die auch im Home-Office arbeiten können, empfiehlt der Arbeitsmediziner "ein kaltes Fußbad unter dem Schreibtisch". 

Deutscher Gesundheitsminister findet Siesta "sinnvoll"

Der deutsche SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützte am Dienstag die Forderung von Amtsärzten, in den Sommermonaten eine Siesta nach südeuropäischem Vorbild einzuführen. Die Politik sieht er aber nicht in der Pflicht.

"Siesta in der Hitze ist sicherlich kein schlechter Vorschlag", schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. "Das sollten aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbst aushandeln." Medizinisch sei eine solche Maßnahme "sicher für viele Berufe sinnvoll".

Siesta auf der Baustelle schwierig

Die Bau-Agrar- und Umweltgewerkschaft (IG BAU) in Deutschland zeigt sich offen für Siestas - aber mit Einschränkungen. 

"Natürlich müssen wir die Beschäftigten schützen, die bei dieser Gluthitze draußen unter freiem Himmel arbeiten müssen", so Vorsitzender Robert Feiger. Etwa für Bau und Erntehilfe sei das Modell aber nichts. Ähnlich sieht das die Austro-Baugewerkschaft.

Die Verlagerung der Arbeit in die frühen Morgenstunden und die späten Abendstunden sei für bestimmte Berufsgruppen, etwa Bauarbeiter, Erntehelfer oder auch Reinigungskräfte, nicht so einfach anwendbar, erklärte Feiger. Bei Bauarbeiterin gebe es etwa bei Arbeiten vor 7 Uhr morgens Konflikte mit dem Lärmschutz. Auf einer Baustelle oder auf Feldern eine Siesta mit einem Mittagsschlaf zu verbringen, sei zudem generell schwierig.

Muchitsch: Siesta am Bau "unrealistisch" und "unlogisch"

Der Idee, eine Siesta nach spanischem Vorbild einzuführen, die beispielsweise der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien kürzlich in Österreich vorschlug, konnte zuletzt der oberste Baugewerkschafter, FSG-Chef und SPÖ-Politiker Josef Muchitsch für den Bau auch so gar nichts abgewinnen.

Es sei "unrealistisch" und "unlogisch" nach den paar hitzefreien Stunden dann am Abend auf die Baustelle zurückzukehren. "Also so was von unsinnig, das ist unglaublich", meinte er. "Auf der Baustelle starten wir um 6.00 Uhr in der Früh und wir arbeiten jeden Tag schon sechs bis acht Stunden, ehe es die hohen Temperaturen erreicht", begründete der Gewerkschafter seinen Vorbehalt.

ribbon Zusammenfassung
  • In Deutschland sprechen sich Amtsärzte für eine Siesta während der Hitzemonate aus.
  • Unterstützung kommt vom deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Er sieht darin aber keinen Fall für die Politik.