Vorarlbergs Polizei-Chefin: Herausforderung Cybercrime
Großes Mitgefühl bewegt Bachmann nach dem Anschlag von Magdeburg, für eine Einschätzung sei es aber zu früh. Man sei in enger internationaler Abstimmung, was mögliche Schlüsse aus solchen "extrem tragischen" Fällen angehe. Man müsse die polizeilichen Ergebnisse abwarten. Unmittelbare Auswirkung auf die Sicherheitslage in Vorarlberg gebe es nicht, aber natürlich würden auch hier Gefährdungseinschätzungen von Veranstaltungen ständig evaluiert. Alles, was international geschehe - seien es der Hamas-Angriff, der Ukraine-Krieg oder Syrien - komme früher oder später auch im Land an, daher würden die Entwicklungen stets beobachtet und neu beurteilt. In Vorarlberg seien sowohl rechtsextreme als auch islamistische Communitys bekannt und "konstant". Man setze hier auf Prävention, auf Gespräche, Gefährderansprachen, Fallkonferenzen und auf gute Vernetzung mit allen Partnern. Die Polizei schöpfe sämtliche zur Verfügung stehenden Rechtsgrundlagen aus.
Die aktuelle Kriminalstatistik liege zwar noch nicht vor, als Trend zeichne sich jedoch eine leichte Zunahme ab. "Wir leben aber in einem objektiv sehr sicheren Land, das darf man nicht vergessen", so Bachmann, etwa in Hinblick auf Diskussionen um die Sicherheit im öffentlichen Raum. Berücksichtige man, dass das Rheintal ein Ballungszentrum sei, schneide man hinsichtlich der Kriminalstatistik im direkten Vergleich mit anderen österreichischen, ähnlich großen Ballungsgebieten gut ab. Erfreulich sei, dass Wohnungseinbrüche rückläufig seien, "ein großer Erfolg". Einen Anstieg gebe es dagegen bei Körperverletzungen und am stärksten bei der Internetkriminalität. "Das wird die Polizei auch in den nächsten Jahren, Jahrzehnten sehr beschäftigen", sagte die Landespolizeidirektorin. Seit 2018 würden die Zahlen in diesem Bereich stetig zunehmen. Je besser Künstliche Intelligenz werde, umso schwerer erkenne man kriminelle Versuche, das sei eine große Sorge.
Wurden früher vor allem ältere Personen Opfer solcher Straftaten, treffe es heute einen Querschnitt der Bevölkerung. Es handle sich um eine "Riesenherausforderung", der man mit viel Prävention begegnen müsse und mit einer besseren Ausbildung der Ermittlerinnen und Ermittler, denn die Aufklärung von IT-Delikten sei nicht einfach. KI und Digitalisierung sollen auch in der Verwaltung künftig vieles erleichtern, damit sei das Innenministerium intensiv beschäftigt. Weiter unter Beobachtung stehe die Frage der Sicherheit im öffentlichen Raum, hier habe man viele Schwerpunktaktionen gesetzt. Die Cannabislegalisierung in Deutschland macht sich laut Bachmann übrigens bisher in den Anzeigen nicht bemerkbar.
Bachmann ist seit 25 Jahren Polizistin, sammelte Erfahrung im Streifen- und Kriminaldienst ebenso wie in leitender Funktion im Verfassungsschutz und der damaligen Sicherheitsdirektion. Am 1. September folgte sie auf Hans-Peter Ludescher als Landespolizeidirektorin. Man hat nicht viel Zeit, um langsam anzukommen", so Bachmann, sie habe jedoch "viele Erfahrungen aus der Vergangenheit" und ein "tolles Team, das mich sehr unterstützt". Zur Polizei wollte sie immer schon: "Es war ein Traumberuf von Kindheit an." Zu ihren Anfängen, 1999, gab es noch nicht viele Frauen in dem Beruf, heute sei die Polizei sehr viel weiblicher. In der Polizeischule betrage der Frauenanteil schon fast 50 Prozent. "Das ist sehr schön. In Führungspositionen gibt es noch nicht so viele Frauen, das wird sich mit der Zeit aber ändern. Man muss ja erst eine Laufbahn durchlaufen", so Bachmann.
Der Respekt vor der Polizei habe abgenommen, so ihre Beobachtung. Früher habe Reden oft gut funktioniert, heute nütze oft erst die Androhung von Zwangsgewalt. Generell genieße die Polizei aber großes Vertrauen in der Bevölkerung, denn jede Amtshandlung bedeute Schutz und Hilfe für jemanden, das dürfe nicht vergessen werden, betonte Bachmann. Deeskalation und Kommunikation blieben in der Polizeiarbeit weiter zentral, der Bereich nehme in der Ausbildung breiten Raum ein.
Die Personalsituation bleibe angesichts vieler Pensionierungen "das Hauptthema". Im Herbst begannen zwei Ausbildungskurse mit 50 Personen. "Ich freue mich, dass die Schule voll ist, das soll auch so bleiben", meinte sie zum Nachwuchs. Man habe mehr Bewerbungen als in vergangenen Jahren, das Auswahlverfahren sei jedoch anspruchsvoll, daher "können es gerne noch mehr werden". Ein Polizist, eine Polizistin brauche heute "viel Weitblick und Flexibilität, sehr viel Fingerspitzengefühl, eine gute Kommunikation", zugleich müsse man sich aber auch durchsetzen können. Erfreulicherweise habe man inzwischen weniger Aussteiger während der Dienstzeit, es gebe sogar Rückkehrer. Der Polizeiberuf sei ein "herausfordernder, aber schöner Beruf", warb Bachmann. Zu Weihnachten wünsche sie sich vor allem, dass die Kollegen im Außendienst "gesund wieder heimkommen".
(Das Interview führte Angelika Grabher-Hollenstein/APA.)
Zusammenfassung
- Vorarlbergs Landespolizeidirektorin Uta Bachmann hofft auf keine extremen Sparmaßnahmen für die Sicherheit unter einer neuen Bundesregierung.
- Internetkriminalität nimmt seit 2018 stetig zu, und ein Cybercrime-Trainingszentrum wird angestrebt.
- Nach dem Anschlag von Magdeburg ist eine Einschätzung noch ausstehend, internationale Abstimmungen laufen jedoch.
- Die Kriminalstatistik zeigt einen leichten Anstieg, wobei Wohnungseinbrüche rückläufig sind, aber Körperverletzungen und Internetkriminalität zunehmen.
- Der Frauenanteil in der Polizeischule beträgt fast 50 Prozent, während Führungspositionen noch weniger weiblich besetzt sind.