APA/APA (SOS-KINDERDORF)

Vom "Feriencamp" zum Zuhause für ukrainische Kinder

Vor knapp einem Jahr, am 23. März 2022, kamen 100 ukrainische Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuerinnen in zwei Einrichtungen des SOS-Kinderdorfs im Tiroler Imst und Innsbruck an. Nach der Schaffung von Tagesstrukturen in den ersten Tagen nach deren Ankunft etablierten sich mittlerweile fixe Abläufe und funktionierende Systeme im Haus, inklusive Hausversammlungen. Aus einem "Feriencamp" wurde ein Zuhause auf unbestimmte Zeit.

Dennoch befindet sich, vor allem in räumlicher Hinsicht, noch vieles in Bewegung. Es sei ein "niemals abgeschlossener Prozess", sagte Efendi Onay, pädagogischer Leiter des Innsbruck-Standorts in der Hermann-Gmeiner-Akademie im APA-Interview. "Ganz zu Beginn haben wir etwa rasch Waschmaschinen und Trockner angeschafft", blickte er zurück. Denn viel Zeit stand nicht zur Verfügung, nachdem das SOS-Kinderdorf dem Land Tirol die Aufnahme der Kinder und Jugendlichen fix zugesagt hatte: "Es war gerade einmal rund eine Woche."

Mittlerweile sei es im Haus und im Team an der Tagesordnung, sich sowohl um die sich verändernde Nutzung der Räumlichkeit als auch um die Vertiefung menschlicher Beziehungen zu kümmern, so Onay. "Es ist definitiv kein Feriencamp mehr, als das ich es zuerst angelegt habe", sagte Onay mit einem leichten Augenzwinkern. Es gebe außerdem "wiederkehrende Veranstaltungen", beispielsweise Ostern, erklärte der pädagogische Leiter. Es gebe dadurch zweifellos nun eine "längere Perspektive" und man könne "längerfristig planen".

Aus einem bisher anderweitig genutzten Raum sei gegenwärtig ein "Chill-Raum für Jugendliche" geworden und auch ein "Musik-Kreativ-Zimmer" sei gerade im Entstehen, nahm Onay Bezug auf die sich stetig weiterentwickelnde Raum-Nutzung. Aus dem großen Veranstaltungssaal, in dem auch die Hausversammlungen abgehalten werden, sei darüber hinaus temporär "ein Kinosaal" geworden, fügte er noch hinzu.

Wichtig bei alldem sei, dass man die "Individualität der Kinder und Jugendlichen im Blick hat" und daraus die richtigen Nutzungen und Konzepte ableite, führte Onay aus. "Pädagogische Arbeit ist aus meiner Sicht vor allem Beziehungsarbeit und es geht primär darum, dass man sich den jeweiligen Situationen anpasst". Oberstes Gebot sei, dem Gegenüber mit der größtmöglichen Gastfreundschaft zu begegnen. "Es muss den Kindern und Jugendlichen einfach gut gehen", konkretisierte er seinen pädagogischen Anspruch.

Dazu gehöre es auch, neben all der notwendigen Beziehungsarbeit und der Klärung von "Raumfragen", dass die "Logistik" funktioniere. "Am Vormittag sind wir ein Logistik-Unternehmen", scherzte Onay. Es gehe darum, vor allem bei den Kindergarten-Kindern, diese zeitgerecht in den Kindergarten zu fahren. Auch nachmittags sei es nicht viel besser: "Kinder und Jugendliche müssen zu Terminen oder zum Arzt".

Eine funktionierende Logistik und ganz generell die geschaffenen Strukturen im Haus seien überaus wichtig, sagte eine der ukrainischen Betreuerinnen, Olena Kolos, im APA-Gespräch. "Das erleichtert meine Arbeit ungemein, die jeden Tag herausfordernd ist", betonte Kolos. Man müsse nämlich auch mitdenken, dass "die Kinder aus einem anderen System kommen und sich erst eingewöhnen mussten". "Und darüber hinaus kommt hinzu, dass sie zum Teil schlimme Dinge gesehen haben, die sie eigentlich nicht sehen und erleben sollten", erklärte die Betreuerin. Es brauche somit "viel Geduld, Liebe und Aufmerksamkeit."

In Innsbruck-Egerdach befinden sich aktuell 50 Kinder und Jugendliche sowie zehn ukrainische Betreuerinnen. In der Landeshauptstadt arbeitet zudem rund um den pädagogischen Leiter Onay ein siebenköpfiges Team. In Imst sind 50 Kinder und Jugendliche plus 16 ukrainische Betreuerinnen. Eine pädagogische Leiterin und ein Team aus insgesamt elf Personen übernehmen dort weiters die Verantwortung für die ukrainischen Minderjährigen.

ribbon Zusammenfassung
  • Vor knapp einem Jahr, am 23. März 2022, kamen 100 ukrainische Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuerinnen in zwei Einrichtungen des SOS-Kinderdorfs im Tiroler Imst und Innsbruck an.
  • Nach der Schaffung von Tagesstrukturen in den ersten Tagen nach deren Ankunft etablierten sich mittlerweile fixe Abläufe und funktionierende Systeme im Haus, inklusive Hausversammlungen.
  • "Am Vormittag sind wir ein Logistik-Unternehmen", scherzte Onay.