Toter Mann in Tirol: 31-Jähriger muss lebenslang in Haft
Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig. Der Verteidiger gab keine Erklärung ab. Der Wahrspruch der acht Geschworenen fiel bezüglich der Frage, ob der 31-Jährige seinen 36-jährigen Arbeitskollegen ermordet und hiermit vorsätzlich getötet habe, mit acht Ja- und null Nein-Stimmen einstimmig aus. Ebenfalls einstimmig und damit mit Nein beantworteten die Geschworenen außerdem die Frage des Richtersenats, ob der Angeklagte die Tat unter Beeinträchtigung durch eine "geistige Behinderung" oder in einem Zustand der vollkommenen Unzurechnungsfähigkeit begangen habe.
Richter Andreas Mair als Vorsitzender des Richtersenats begründete schließlich die Strafhöhe unter anderem damit, dass vom Angeklagten kein "reumütiges Geständnis" zu hören gewesen sei. Erschwerend komme hinzu, dass er für den Mord "eine Waffe" benutzt habe sowie die "Gefährlichkeitsprognose" positiv ausgefallen und damit die Wiederholung einer ähnlich gelagerten Tat möglich sei. Mair verhängte zudem die Zahlung eines Betrages von rund 14.000 Euro als Teilschmerzensgeld und für sonstige nach der Tat entstandene Kosten.
Der Pole hatte sich zu Beginn der Verhandlung einerseits schuldig bekannt und gemeint: "Ich war es." Andererseits beteuerte der Arbeitskollege des Getöteten aber auch: "Ich bin kein Mörder. Ich habe es nicht mit Absicht gemacht."
Der 36-jährige Bekannte und ehemalige Arbeitskollege, in dessen Wohnung der zu diesem Zeitpunkt obdachlose Mann "einige Tage wohnte" habe ihn jedenfalls "provoziert", führte der Angeklagte aus. "Er hat mir beispielsweise drastische Videos aus dem Zweiten Weltkrieg gezeigt, in denen man sieht, was die Deutschen mit den Polen gemacht haben", erklärte der 31-Jährige.
Zuvor habe man "gemeinsam jede Menge Schnaps, Wein und Amphetamine, konsumiert", sein späteres Opfer habe ihm dann schließlich im Laufe der zusammen verbrachten Zeit stark berauscht "mit einer Pistole gedroht". "Er hat mit der Waffe auf mich gezielt und vorgezeigt, wie er mich erschießen würde." Danach sei es mit der Ansage "Ich liebe dich" wieder "zu einer Versöhnung" gekommen. Im Anschluss habe er jedoch "einen Stein und mehrere Messer" im Bett liegen gesehen. "Mein Bekannter wollte körperliche Nähe" und hat gesagt, dass ich mich nicht fürchten soll", sagte der Mann bei seiner Einvernahme.
Danach reiße seine Erinnerung radikal ab: "Ich bin dann einige Zeit später mit einer Beule am Kopf aufgewacht. Ich sah jedenfalls erst am Morgen, dass mein Bekannter blutüberströmt am Boden liegt und tot ist". Die Beule führte der Pole auf "den Stein" zurück, die fehlende Erinnerung auf Drogen- und einen massiven Alkoholkonsum. "Ich habe unter anderem eine Flasche Schnaps ganz alleine getrunken", schilderte er vor Richter Andreas Mair.
Zuvor hatte die Staatsanwältin diese massiven Erinnerungslücken angezweifelt. "Jedoch sind der Hergang der Tat und das tatsächliche Motiv unklar", so die öffentliche Anklägerin. Der "sexuelle Übergriff", den der Mann im Vorfeld als mögliches Motiv andeutete, habe sich nicht belegen lassen.
Der Verteidiger des Mannes wiederum thematisierte den "psychischen Zustand" der beiden Männer. "Hier sind zwei psychisch Kranke aufeinandergetroffen." Die Frage werde sein, ob sein Mandant "zurechnungsfähig ist oder nicht", denn auch die Kombination von "Drogen und Alkohol" könne zur Unzurechnungsfähigkeit führen. Zudem sei der Angeklagte am Tag der Tat in einem schlechten psychischen Zustand gewesen, strich er heraus.
Ein Gutachten attestierte dem Mann schließlich seine Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. "Es gibt keine Anzeichen auf geistige Erkrankungen wie etwa Schizophrenie", führte der psychiatrische Sachverständige aus. Der Angeklagte habe sein Gegenüber "erkennen können" und habe somit nicht "im Wahn gehandelt". Die "starke Beeinträchtigung durch Drogen und Alkohol" habe jedenfalls nicht dazu geführt, dass er in einem Zustand der absoluten Unzurechnungsfähigkeit gehandelt habe. "Man kann sicherlich von einer starken Beeinträchtigung ausgehen, jedoch nicht von mehr", so der Sachverständige im Prozess.
Nach rund zweistündiger Verhandlung kam es schließlich in dem ursprünglich bis zum Abend angesetzten Prozess, zu dem keine Zeugen geladen waren, bereits zu den Schlussplädoyers. Der Verteidiger zog dabei die Schlussfolgerungen des Gutachters massiv in Zweifel. "Die Ausführungen des Gutachters waren zum Teil unwissenschaftlich", erklärte er. So habe dieser die "Wechselwirkung von Drogen, Alkohol und psychischem Zustand" nicht in Betracht gezogen, welche sehr wohl zu einem Zustand der vollkommenen Unzurechnungsfähigkeit führen könne. Die Staatsanwältin wiederum sah das zuvor gänzlich anders. "Die Erinnerungslücken des Mannes sind unglaubwürdig und er ist schuldig im Sinne der Anklage".
Der Pole hatte bis zum Prozess weitgehend zu den Anschuldigungen geschwiegen, laut Staatsanwaltschaft gab er lediglich an, sich wegen starker Alkoholisierung an nichts erinnern zu können.
Das Opfer und der mutmaßliche Täter sollen zuvor öfter miteinander Konflikte gehabt haben. Am 30. oder 31. Oktober - der genaue Zeitpunkt konnte nicht festgestellt werden - kam es schließlich zur folgenreichen Tat, bei der der 31-jährige Pole den 36-jährigen Mann mit mehreren Schnitt- und Stichverletzungen tötete. Der 31-Jährige wurde schließlich drei Tage nach der Tat festgenommen.
Zusammenfassung
- Ein 31-jähriger Pole wurde in Innsbruck wegen Mordes an einem 36-jährigen Tiroler zu lebenslanger Haft verurteilt.
- Die Tat ereignete sich im Oktober 2023 in der Wohnung des Opfers in Itter, Tirol.
- Das Gericht ordnete auch die Unterbringung des Angeklagten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum an.
- Obwohl der Angeklagte sich schuldig bekannte, betonte er, die Tat nicht absichtlich begangen zu haben.
- Ein Gutachten bestätigte seine Zurechnungsfähigkeit, und er muss rund 14.000 Euro als Schmerzensgeld zahlen.