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Tempo 150 wäre nur auf 200 Straßenkilometern möglich

Niederösterreichs stellvertretender Landeshauptmann will Tempo 150 auf Autobahnen - Umsetzen kann er das in seiner Funktion nicht. Wäre der Vorstoß in Österreich überhaupt durchführbar?

Die niederösterreichischen Grünen starteten am Montag eine Kampagne zu Tempo 100, prompt konterte der FPÖ-Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer mit dem Wunsch nach Tempo 150. Durchsetzen kann er das nicht, die Kompetenz liegt hier beim Bund, im Infrastruktur- bzw. Klimaschutzministerium. Aber abseits des politischen Hickhacks, ist es überhaupt möglich auf Österreichs Straßen mit 150 Kilometern pro Stunde voran zu preschen?

Ein Toter pro Tag

Österreichs Straßen werden immer gefährlicher: Es gab bereits 306 Verkehrstote in den ersten drei Quartalen 2023. Rund sieben Menschen sterben jede Woche auf Österreichs Straßen, eine Person pro Tag. Dieses Jahr starben bereits 28 Menschen mehr als im Vergleichszeitraum 2021. Hauptursachen sind laut Innenministerium Unachtsamkeit, Überholen und nicht angepasste Geschwindigkeit. 

Nur auf 200 Kilometern realistisch

In Österreich gelten die Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau (RVS). Es gibt Vorgaben darüber, wo wie schnell gefahren werden darf - das richtet sich nach der Physik: Es geht um Kurvenradien, Sichtbarkeit und andere technische Daten.

Umgesetzt werden diese Dienstweisungen von der österreichischen Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr (FSV). Deren Generalsekretär Martin Car betont im Gespräch mit PULS 24, dass man sich vor allem der Sicherheit verpflichtet fühlt. 

Rund  1.800 Kilometer Autobahn gibt es in Österreich, das ist ein Prozent des Verkehrsnetzes. Mit den rund 420 Autobahn-Zubringern ist das Verkehrsnetz sehr eng. Schon deshalb wäre Tempo 150 an vielen Stellen nicht umsetzbar. 

Übrig bleiben würden maximal 200 Kilometer Autobahn, rechnet der Experte überschlagsmäßig vor. Der Fahrtzeitgewinn würde hier wahrscheinlich im Minuten-Bereich liegen. 

Bremswege würden mit hoher Geschwindigkeit länger – das ist Physik – demnach steigt die Möglichkeit von Unfällen. Man müsse hier der Realität ins Auge schauen. Auch umweltpolitisch gibt es Bedenken: Allein das Beschleunigen wäre aus ökologischer Sicht ein Schritt in die "ganz verkehrte Richtung", so Car.

"Fahrlässige Idee"

Aus dem für Infrastruktur zuständigen Klimaministerium heißt es, dass geringeres Tempo viele Vorteile bringt: Es gäbe dann weniger Verkehrstote, weniger Emissionen, weniger Lärm und auch beim Treibstoffverbrauch würde gespart werden. 

Die Erhöhung des Tempos wäre eine "gar fahrlässige Idee und für Österreich weder sinnvoll noch praktikabel". Deshalb wurde 2020 auch die, unter FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer eingeführte, Teststrecke für Tempo 140 eingestellt. 

ribbon Zusammenfassung
  • Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) will Tempo 150. Aber ist das überhaupt umsetzbar?
  • Wahrscheinlich nur auf 200 Straßenkilometern in ganz Österreich, sagt Martin Car von der österreichischen Forschungsgesellschaft Straße Schiene Verkehr (FSV).
  • Es gibt vor allem Sicherheitsbedenken zu dem Vorschlag: Ein paar Minuten Zeitgewinn stehen in keiner Relation.
  • Österreichs Straßen werden indes immer gefährlicher: Es gab bereits 306 Verkehrstote in den ersten drei Quartalen 2023.