Steirerin zweigte knapp 570.000 Euro von Verein ab
Die Angeklagte hatte schon viele Jahre für den Verein, der sich unter anderem für Menschen mit Behinderung in den Dienst stellt, gearbeitet und verfügte letztlich auch über Zugang zu Geschäftskonten und war zeichnungsberechtigt. Das nützte die Steirerin aus, als ihre eigene finanzielle Situation wegen eines offenbar falsch kalkulierten Hausbaus mit Schweizer Franken-Kredit in die Schieflage geriet, schilderte sie vor Richter Helmut Wlasak.
Die Staatsanwaltschaft führte aus, dass spätestens mit Anfang 2010 monatlich mehrere Tausend Euro in der Tasche der Angeklagten verschwanden. Sie nutzte dafür sogar mehrere Zugriffsarten: Zum einen ließ sie ihr Gehalt doppelt auszahlen, was bis zu einer Steuerprüfung 2018 nicht auffiel, weil sie einfach ihre Personaldaten ein zweites Mal in die Gehaltsliste eintrug, da allerdings einfach nur mit vertauschten Vor- und Nachnamen. Zum anderen hob sie regelmäßig bei der Bank Geld für den Verein ab, verbuchte dann aber immer weniger. Jahrelang fiel das nicht auf, bis ein neuer Kassier die Kontrollaufgaben im Verein übernahm.
"Es gab viele Bargeldbehebungen und daher habe ich 2018 eine Kassaprüfung angesetzt", sagte der Zeuge. Als er die Frau zur Rede stellte, gestand sie sofort, Geld genommen zu haben. Wie viel, war da allerdings noch nicht klar. Penibel wertete er daraufhin aus, wann sie Geld behob und wie viel dann fehlte. Eine Woche Urlaub nahm er dafür sogar. Heraus kamen knapp 570.000 Euro, die dem Verein fehlten. "Es tut mir wahnsinnig leid", sagte die Beschuldigte und fuhr fort: "Es ist alles schief gelaufen." Sie habe den elterlichen Betrieb und das Haus übernommen, aber da war alles herzurichten, es habe nicht einmal eine Heizung gegeben. Sie habe "Angst vor der Öffentlichkeit" gehabt, wenn sie den Betrieb nicht weiterführt.
Eine Schöffin fand das Haus der Angeklagten im Internet und zeigte die Fotos des Gebäudes mit gleich mehreren Giebeln dem Richter. "Sind Ihnen die Zügel beim Herrichten durchgegangen?", fragte dieser die Frau. "Ja, kann man so sagen." Als die ganze Sache aufflog, wollte sie mit dem Verkauf der Liegenschaft den Kredit tilgen und den Schaden bei der Lebenshilfe wiedergutmachen, doch der Kaufpreis blieb unter den Erwartungen. Immer noch sind rund 530.000 Euro bei der Lebenshilfe offen. "Wie sollen Sie irgendwie wieder mal ins Trockene kommen? Der Mann neben ihnen ist Rechtsanwalt, kein Zauberer", meinte der Richter.
Ihr Verteidiger plädierte auf ein mildes Urteil, zumal sie ohnehin schon alles verloren habe. Sie selbst beteuerte einmal mehr, dass sie das alles bereue, "aber, dass es mit dem Schweizer Franken-Kredit so ausgeht, hat keiner gewusst." Es wäre besser, dass man gleich gar keinen Kredit bekommt, wenn man nicht genug Eigenkapital hat, meinte sie in ihren Schlussworten.
Die Möglichkeit auf eine Fußfessel, wie sie die Staatsanwältin in ihren Schlussplädoyer noch ins Spiel brachte, verwehrten die Schöffen und der Richter der Angeklagten. Vier Jahre unbedingte Haft und damit keine Möglichkeit auf Hausarrest, lautete das Urteil. "Sie haben ein System ausgebeutet, wo Sie zu großen Teilen freie Hand hatten", begründete der Richter. Es seien durchaus geplante und berechnete Diebstähle gewesen, nicht nach dem Motto "Gelegenheit macht Diebe". Noch dazu sei die Lebenshilfe geschädigt worden, ein Verein der sich für die Bedürfnisse von Menschen einsetzt, die es sowieso nicht so gut haben, meinte der Richter weiter. Er und die Schöffen glaubten anhand der aktuellen Lebenssituation der Angeklagten nicht, "dass der Verein noch etwas von dem Geld sieht". "Das war eine Riesensauerei. Sie haben Ihre Vertrauensposition schamlos ausgenutzt", so Wlasak weiter in seiner Begründung. Aus generalpräventiven Gründen sei die Strafe seiner Ansicht nach angemessen, der Strafrahmen betrug ein bis zehn Jahre Haft.
Zusammenfassung
- Eine Steirerin ist am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahls zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
- Noch dazu sei die Lebenshilfe geschädigt worden, ein Verein der sich für die Bedürfnisse von Menschen einsetzt, die es sowieso nicht so gut haben, meinte der Richter weiter.
- Er und die Schöffen glaubten anhand der aktuellen Lebenssituation der Angeklagten nicht, "dass der Verein noch etwas von dem Geld sieht".