Social-Media-Posts können suizidale Gedanken verringern
Dieser Effekt, der sozusagen das Gegenstück zu Nachahmungssuiziden als Folge einer sensationsorientierten Berichterstattung über Suizide prominenter Personen darstellt ("Werther-Effekt"), sei bisher für klassische Medien wie etwa Tageszeitungen, aber auch Musik oder Suizidpräventionswebseiten belegt worden, sagte der Kommunikationswissenschaftler Florian Arendt von der Universität Wien zur APA.
Bei den sozialen Medien überwiege derzeit hingegen die Untersuchung ihrer möglichen negativen Auswirkungen. Gemeinsam mit Thomas Niederkrotenthaler und Benedikt Till von der Medizinischen Universität Wien stellte Arendt deswegen die Frage, ob sich die bereits bekannten präventiven Befunde auch für Social-Media-Influencer auf Instagram und Co. zeigen würden - gerade, weil dort geteilte Geschichten oft kürzer und speziell auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet sind.
Für das Experiment haben die Forschenden Beiträge des real existierenden Instagram-Accounts von Kevin Hines über Hoffnung und erfolgreiche Krisenbewältigung nachempfunden. Der Autor, Redner und Dokumentarfilmer Hines ist selbst Überlebender eines Suizidversuchs. Die Posts wurden einem Teil der 354 Probandinnen und Probanden gezeigt, während eine Kontrollgruppe visuell ähnliche Beiträge zu sehen bekam, die nichts mit dem Thema zu tun hatten.
Davor und danach wurden Suizidalität sowie die Bereitschaft, sich im Falle einer Krise Hilfe zu suchen, mittels Fragebögen erhoben. Das Ergebnis: Gerade bei vulnerablen Personen, also denjenigen, bei denen schon vorher erhöhte Suizidgedanken gemessen wurden, konnte eine positive Wirkung der Beiträge über Hoffnung und Krisenbewältigung festgestellt werden. Demnach seien ihre Suizidgedanken zurückgegangen und ihre Intention, sich Hilfe zu suchen, gestiegen. Dieser Befund unterstreiche die Annahme, dass auch Social-Media-Influencer positiv zur Suizidprävention beitragen können, so Arendt.
Möglichst viele Papageno-Narrative wünschenswert
Das ist gerade deshalb besonders relevant, weil Suizid in relativen Zahlen gerade bei jungen Menschen eine der führenden Todesursachen ist und Influencer gerade in diesem Segment der Gesellschaft populär sind, so Arendt weiter. Die Erkenntnisse könnten auch andere Personen mit eigener Erfahrung der Bewältigung einer solchen Krise dazu motivieren, ihre Geschichte zu erzählen und so möglicherweise anderen zu helfen.
"Aus der Perspektive der Suizidprävention ist es angesichts der Ergebnisse sicherlich wünschenswert, dass möglichst viele Papageno-Narrative verbreitet werden - besonders dort, wo viele junge Menschen medial unterwegs sind", sagte Arendt. Deswegen solle auch diskutiert werden, wie Social Media in nationalen Programmen zur Suizidprävention oder etwa bei Formaten wie dem Papageno-Medienpreis, der in Österreich für suizidpräventive Berichterstattung in klassischen Formaten verliehen wird, berücksichtigt werden könnte.
(S E R V I C E - Link zur Studie: https://go.apa.at/0npyTheI; Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at)
Zusammenfassung
- Der Papageno-Effekt, das Gegenstück zum Werther-Effekt, zeigt, dass positive Medienberichte suizidale Gedanken verringern können. Influencer auf Plattformen wie Instagram könnten somit zur Suizidprävention beitragen.
- Suizid ist eine der führenden Todesursachen bei jungen Menschen. Die Ergebnisse der Studie könnten andere dazu motivieren, ihre Geschichten zu teilen, um so zur Prävention beizutragen.