Seilbahn in Wien: 70 Millionen für den Luftweg zum Kahlenberg
Für 70 Millionen Euro will ein privates Unternehmen eine Seilbahn auf den Wiener Kahlenberg errichten. Projektwerber Hannes Dejaco sprach gegenüber der Austria Presse Agentur von einem "Mehrwert für die ganze Stadt". Nach einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) peilt er nun die Naturschutz- und Baugenehmigungsverfahren an. Die Stadt Wien gibt sich skeptisch: Ein Sprecher von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) äußerte "fundamentale Bedenken".
Laut der Verkehrsstadträtin braucht es noch eine Umweltprüfung des Projekts bei der Abteilung für Umweltschutz (MA 22). Der Seilbahnunternehmer habe zwar private Umweltgutachten durchführen lassen, diese würden jenes der Stadt aber nicht ersetzen. Kritiker sehen die Notwendigkeit eines Umweltprüfungsverfahrens (UVP), weil die Seilbahn das Gebiet des Wienerwalds streifen würde. Sollte das Projekt genehmigt werden, so ist eine Fertigstellung innerhalb von zehn Monaten geplant.
Von der Heiligenstadt über Strebersdorf
Hinter dem Mammutprojekt steckt eine Projektgesellschaft, die sich im Eigentum der Betreiber der Erlebniswelt Kahlenberg befindet. Vor einem Jahr erteilte das Bundesverwaltungsgericht den Entwicklern des Projekts den Zuschlag zum Bau der Seilbahn. "Wir sind schon relativ weit gekommen und wollen nun in die Gespräche mit der Stadt Wien gehen", sagte der Geschäftsführer der Gesellschaft, Hannes Dejaco, der Austria Presse Agentur. Die Trasse der rund 5,6 Kilometer langen Kabinenbahn solle dabei von der U4-Endstation Heiligenstadt über die Donauinsel zum Hubertusdamm weiter nach Strebersdorf und von dort auf den Kahlenberg führen. Dejaco stellte klar, dass kein Verlauf der Trasse über das Kahlenbergerdorf geplant sei. "Die Trasse soll verläuft stattdessen neben dem Kahlenbergerdorf entlang des Leopoldsberg", so Dejaco.
Doppelt so schnell unterwegs
Dejaco präsentierte die Seilbahn in einem Hintergrundgespräch am Freitag vor allem als Infrastrukturprojekt. Statt wie bisher 40 Minuten mit der Buslinie 38A, könnte das Naherholungsgebiet mit der Seilbahn laut ihm in 20 Minuten erreicht werden. Er verwies in diesem Zusammenhang auf durch das Gericht in Auftrag gegebene Gutachten, die zeigten, dass durch die Bahn der Autoverkehr auf den Kahlenberg um 50 Prozent reduziert werden könnte, der Öffi-Verkehr auf den Kahlenberg sogar um 80 Prozent. Durch den U-Bahn-Anschluss könne die Anfahrt mit dem Pkw weitgehend vermieden werden, Floridsdorf bekomme zudem einen direkten Anschluss an die U4, darüber hinaus sei für Pendlerinnen und Pendler eine Park-and-Ride-Anlage mit 630 Parkplätzen mit 1.000 Bike-Boxen Ladestationen geplant. "Das wird keine Touri-Bahn", sagte Dejaco.
Unternehmer hat keine Umweltbedenken
Kritikern hält der Unternehmer entgegen, dass auch das BVwG in 14 Gutachten festgestellt habe, dass das Projekt mit keinerlei Bedrohungen für Tier- und Pflanzenwelt verbunden sei. Auch die Sichtachsen auf das UNESCO-Welterbe seien nicht behindert. "Es wird hauptsächlich bereits versiegelte Fläche für den Bau verwendet. Die Seilbahn-Stationen werden zudem begrünt", sagte er. Das Projekt weise durch den geringen Flächenverbrauch und die Entsiegelung des Parkplatzes eine positive Entsiegelungsbilanz auf. "Die Schutzzone unterhalb des Biosphärenpark bleibt zudem völlig unberührt", so Dejaco.
Er verwies in dem Hintergrundgespräch auch auf zahlreiche Unterstützungserklärungen, wie unter anderem vom Flughafen Wien-Schwechat, der Stadt Klosterneuburg oder Wirtschaftskammer Wien sowie internationale Vorzeigebeispiele. An Bord sind mit der HTI Group der weltweit größte Seilbahnproduzent sowie das Wiener Architekturbüro WGA ZT. Rentabel ist die Bahn laut Angaben der Projektgesellschaft ab 600.000 Besuchern pro Jahr. Zu möglichen Ticket-Preisen hielten sich die Projektwerber noch bedeckt. Dejaco hält jedoch eine Kooperation mit der Stadt für denkbar.
'Nein' von Stadt Wien
Die rot-pinke Regierungskoalition hat im aktuellen Übereinkommen eigentlich ein Nein zu einer Seilbahn auf den Kahlenberg festgelegt. "Das war jedoch zu einem Zeitpunkt, als noch weit weniger über das Projekt bekannt war", sagte der Unternehmer. Man wolle nun in tiefgehendere Gespräche mit der Stadt gehen, hieß es.
"Es gibt zu diesem Projekt noch keinen naturschutzbehördlichen Bescheid der Stadt Wien - es ist noch nicht einmal ein naturschutzbehördliches Ansuchen dazu eingelangt. Insgesamt wird das Projekt jedenfalls naturschutzbehördlich zu prüfen sein", hieß es dazu aus der Abteilung für Umweltschutz (MA 22). "Grundsätzlich gibt es zum Projekt Kahlenberg-Seilbahn bereits mehrfache negative Stellungnahmen der Stadt, an den fundamentalen inhaltlichen Bedenken der Stadt Wien hat sich nichts geändert", sagte Sprecher Roman David Freihsl. Auch im Büro von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) verwies man auf das Regierungsprogramm. "Das wird auf Punkt und Beistrich eingehalten", teile Sima-Sprecher Can Güven mit. Man habe bereits in der Vergangenheit ähnliche Ideen genauestens geprüft. "Fundamentale Bedenken" bestünden auch weiterhin.
Für den Bau der Seilbahn muss das Projekt ein Naturschutz- sowie Baugenehmigungsverfahren durchlaufen. Man sei diesbezüglich jedoch optimistisch, hieß es von Dejaco dazu.
Planung seit 2013
Entsprechende Kritik zur Kahlenberg-Bahn kommt auch von der Bürgerinitiative "Schützt den Wienerwald - Stopp Seilbahn auf den Kahlenberg". Initiator Hans Binder sprach gegenüber der Austria Presse Agentur von einer "optischen und möglichen kommerziellen Katastrophe" und "einem krassen Fehlurteil" des Verwaltungsgerichts. Als Grund dafür nannte Binder eine EU-Richtlinie. Dieser zufolge ist für den Bau von Seilbahnen außerhalb von Skigebieten mit einer Länge von mindestens drei Kilometern eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A und B berührt wird. Die Seilbahngegner regen nun die Wiener Umweltanwaltschaft sowie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dazu an, ein EU-konformes UVP-Verfahren einzuleiten.
Dejaco reichte das Projekt 2013 bei der Stadtbaudirektion ein. Nach einem Ansuchen um eine Konzession nach dem Seilbahngesetz im Jahr 2016 und einem entsprechenden negativen Bescheid und einem entsprechenden negativen Bescheid des Umweltministeriums im Jahr 2020 erhob er im Jänner 2021 Beschwerde beim BVwG. Nach einer Prüfung des Gerichts samt 14 Gutachten im März und einer dreitägigen Verhandlung im Mai folgte im März 2022 das Erkenntnis des Gerichts und die konzessionelle Freigabe des Projekts. Das Umweltministerium verzichtete damals auf eine Revision. Sollte die Seilbahn tatsächlich alle noch vor ihr liegenden Hürden nehmen, soll es bis zur ersten Fahrt dann nicht mehr lange dauern, denn nur zehn Monate Bauzeit sind bis dahin anvisiert.
Zusammenfassung
- Für 70 Millionen Euro will ein privates Unternehmen eine Seilbahn auf den Wiener Kahlenberg errichten.
- Projektwerber Hannes Dejaco sprach gegenüber der Austria Presse Agentur von einem "Mehrwert für die ganze Stadt".
- Vor einem Jahr erteilte das Bundesverwaltungsgericht den Entwicklern des Projekts den Zuschlag zum Bau der Seilbahn.
- Dejaco hält jedoch eine Kooperation mit der Stadt für denkbar.
- Als Grund dafür nannte Binder eine EU-Richtlinie.