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Saatgutzüchtung muss der Zeit um ein paar Jahre voraus sein

Klimawandel, Pflanzenkrankheiten und Ernährungstrends - diese drei Herausforderungen sorgen laufend für Veränderungen auf den Feldern. Damit die Bauern adäquat darauf reagieren können, brauchen sie passendes Saatgut. Die Züchtung muss also immer einige Jahre im Voraus erkennen, was in Zukunft notwendig und gefragt sein wird. Josef Fraundorfer, Geschäftsführer Saatbau Linz, hat mit der APA darüber gesprochen, wie man diesen Blick in die Zukunft bewerkstelligt.

"Wir denken immer in Zyklen von mindestens zehn Jahren", sagt Fraundorfer. Wird eine neue Sorte gezüchtet, die etwa besser der Trockenheit trotzen, mit stärkeren Halmen Starkregen und Wind leichter aushalten oder mehr Widerstandskraft gegen eine Viruserkrankung aufweisen soll, läuft ein aufwendiges Prozedere an, in dessen Verlauf es gilt, aus rund 200.000 Prüfkandidaten einen herauszufiltern, der die gewünschten Eigenschaften hat. Dazu sind mehrere Vegetationszyklen nötig, inklusive der amtlichen Zulassungs- und Prüfungsverfahren kann man rund 13 Jahre veranschlagen.

Diese Zeit kann verkürzt werden, indem man die jährliche Ernte quasi rund um die Welt schickt: So wird etwa im Herbst im Linzer Umland geernteter Mais - wenn auf der Nordhalbkugel Winter und auf der Südhalbkugel Sommer herrscht - sofort in Chile wieder angebaut und diese Ernte im nächsten Frühjahr wieder in Oberösterreich usw. Dann komme man oft mit acht Jahren aus, schildert Fraundorfer.

Generell machen sich die Saatgutentwickler die Gegebenheiten in unterschiedlichen geografischen Regionen zunutze: So wird etwa auf Flächen im Osten - in der Türkei, Rumänien oder Bulgarien - geprüft, wie trockenheitstolerant eine Sorte ist, während neue Pilz- oder Virenstämme eher im Westen Europas früher vorkommen und Resistenzen daher dort besser getestet werden können.

Klimatische Herausforderungen der näheren Zukunft sieht Fraundorfer vor allem in der Trockenheit, in der Widerstandsfähigkeit gegen Unwetter und in der Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge - zum einen, weil der Klimawandel hier die Entwicklung beschleunigt, zum anderen auch, weil durch den Green Deal der EU die Pflanzenschutzmittel zurückgefahren werden müssen. Weniger relevant wird hingegen die Winterhärte. Das hat u.a. zur Folge, dass immer mehr Winter- statt Sommergerste angebaut wird.

Wintergetreide wird im Herbst angebaut, Sommergetreide erst im Frühling. Durch den Klimawandel setzt der Winter der Saat weniger zu und man profitiert beim Wintergetreide durch eine frühere Ernte. Sommergerste und Sommerweizen werde man in 20 Jahren kaum mehr sehen, erwartet Fraundorfer. Auch Hafer und Roggen werden wohl zurückgehen, diese aber eher wegen der sinkenden Nachfrage.

Dafür gibt es eine Reihe von Kulturen, die mit dem Klimawandel stärker Einzug in die heimische Landwirtschaft halten könnten: Sonnenblumen tolerieren lange Trockenperioden gut, Kichererbsen ebenfalls, müssen aber für den Anbau bei uns züchterisch angepasst werden, damit sie Starkregen besser aushalten, so Fraundorfer. Auch Linsen und Hirse wird man künftig wohl häufiger sehen auf unseren Feldern, im Osten ebenso Bohnen, Soja ist ohnehin längst im Vormarsch.

Viele dieser Newcomer und Aufsteiger tragen nicht nur dem klimatischen Wechsel, sondern auch dem Trend zur veganen Ernährung Rechnung, der mehr Eiweißproduktion auf den Feldern nötig macht. Am 29. September wird Fraundorfer im Rahmen der "Österreichischen Konsumdialoge: Lebensmittel" in Steyr über das Thema der Ernährung im Klimawandel diskutieren.

(S E R V I C E - https://konsumdialoge.at/lebensmittel/)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Züchtung muss also immer einige Jahre im Voraus erkennen, was in Zukunft notwendig und gefragt sein wird.
  • Dazu sind mehrere Vegetationszyklen nötig, inklusive der amtlichen Zulassungs- und Prüfungsverfahren kann man rund 13 Jahre veranschlagen.
  • Am 29. September wird Fraundorfer im Rahmen der "Österreichischen Konsumdialoge: Lebensmittel" in Steyr über das Thema der Ernährung im Klimawandel diskutieren.