Radikale Umtriebe: Wiener Tewhid-Moschee nun offiziell aufgelöst
12.15 Uhr, Freitag, der wichtigste Tag im Islam. Männer mit und ohne lange Bärte, jung und alt, versammeln sich in einem unscheinbaren Haus in der Murlingengasse, nur unweit vom Meidlinger Bahnhof. Auf den ersten Blick würde man in dem Altbau kein islamisches Gebetshaus vermuten.
Tatsächlich versteckt sich hinter der Holztür und den vergitterten Fenstern eine der berüchtigtsten Moscheen Wiens. Von außen sind im Eingangsbereich Schränke zu erkennen, in denen Schuhe abgestellt werden. Ordner mit orangen Sicherheitswesten beäugen das Treiben im Eingangsbereich.
Spätestens nach dem Terroranschlag im November 2020 in der Wiener Innenstadt, bei dem vier Menschen getötet wurden, geriet die Tewhid-Moschee in die Schlagzeilen. Der Attentäter betete unter anderem dort. In Sicherheitskreisen gilt das Haus schon lange als Anlaufpunkt für die salafistische Szene.
IGGÖ löste Moschee auf
Doch damit nicht genug, das Gebetshaus und der umstrittene, dort wohl immer noch tätige, Prediger Muhammed P., tauchen auch in aktuellen Terror-Ermittlungsakten auf. So soll auch jener mittlerweile 17-Jährige, der am 11. September des vergangenen Jahres mit einem Kampfmesser einen Anschlag am Hauptbahnhof verüben wollte und erst im letzten Moment einen Rückzieher machte, dort gebetet haben. Die Moschee soll seine erste Anlaufstelle nach seinem Abbruch am Bahnhof gewesen sein.
Wie PULS 24 und der "Standard" in gemeinsamen Recherchen nun herausfanden, wurde die Moschee als solche aber im Dezember 2023 als offizielles Gebetshaus aufgelöst.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) hat das beschlossen. Der Oberste Rat der IGGÖ habe "den Beschluss auf Auflösung der Moscheegemeinde 'Mesdzid Tewhid' gefasst", teilte man PULS 24 und dem "Standard" auf Anfrage mit. Darüber habe man das Kultusamt und das Gebetshaus informiert.
Bezeichnung als 'Moschee' unzulässig
Somit ist die Gemeinde rechtlich nur noch ein Verein nach dem Vereinsgesetz. "Die Frage, inwieweit damit das individuelle Recht auf Religionsausübung der Gemeindemitglieder betroffen ist, bzw. ob und in welcher Form die Gemeinde in Zukunft betrieben werden kann, obliegt nun der Entscheidung der Vereinsbehörde", heißt es von der IGGÖ. Teil der IGGÖ sei der Verein jedenfalls nicht mehr. Und: "Als 'Moschee" darf sie sich jedenfalls nicht mehr bezeichnen, denn dies ist ein Titel, den die IGGÖ vergibt".
Zusagen nicht eingehalten
Nun passierte also, was nach dem Anschlag in der Wiener Innenstadt schon einmal vergeblich versucht wurde.
Die Regierung verkündete damals rasch, dass die Moschee geschlossen werde. Doch der "Verein zur Förderung der islamischen Kultur", der die Moschee betreibt, legte Rechtsmittel gegen die Vereinsauflösung ein. Mit Erfolg – schon im Frühjahr erhielt man den Vereinsstatus zurück. Die Vereinspolizei konnte damals keinen Gesetzesverstoß feststellen.
Innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) setzte sich der Verein in einem Schiedsgericht damals – unter Auflagen – ebenfalls durch. Der Verein blieb somit auch als Moschee bestehen, musste allerdings den Imam tauschen und sollte für "eine transparente Gestaltung der Gemeindearbeit sowie den Umgang mit extremistischen Tendenzen innerhalb der Gemeinde" sorgen.
"Eine zufriedenstellende Umsetzung der getroffenen Vereinbarung ist jedoch nicht erfolgt", begründet die IGGÖ nun ihre Entscheidung gegenüber PULS 24 und "Standard".
Umstrittener Prediger weiterhin tätig
Dass der Verein seine Tätigkeiten nun einstellt, gilt als unwahrscheinlich. Laut PULS 24- und "Standard"-Informationen gilt das Haus in Wien-Meidling weiter als Anlaufpunkt für die Salafisten-Szene. Zwar seien nicht alle Predigten dort als radikalislamistisch einzustufen, solche Umtriebe seien dort aber laut Sicherheitskreisen immer wieder Thema gewesen.
Auch Muhammed P., jener Imam, der damals eigentlich ausgewechselt werden sollte, dürfte dort weiterhin tätig sein.
Dem Prediger wurden schon in der Vergangenheit Verbindungen zu einer islamistischen Splittergruppe in Bosnien-Herzegowina nachgesagt. Damals war er offiziell Imam der Tewhid Moschee in Meidling. Vor einigen Jahren tauchten auch antisemitische Predigten von ihm auf.
Die IGGÖ bestätigte, dass der aus Bosnien stammende P. zumindest Arabischunterricht dort gibt.
Noch kein Verfahren nach Islamgesetz
In offiziellen Dokumenten komme P. nun nicht mehr vor, hieß es in der "Islamlandkarte". "Dass er als charismatische Person seine Wirkung auf den Verein verloren habe", könne aber "nicht gesagt werden". Er habe nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern Europas zahlreiche Sympathisanten.
Ein offizielles Verfahren nach dem Islamgesetz hat die IGGÖ noch nicht eingeleitet. "Wir warten zunächst ab, wie die Behörden bezüglich des Vereins entscheiden", hieß es. Die Behörde wird die Statuten des Vereins nun prüfen – und das Gebetshaus gegebenenfalls ganz schließen.
Der "Verein zur Förderung der islamischen Kultur" äußerte sich auf PULS 24 und "Standard"-Anfrage bis zuletzt nicht zu den Vorwürfen und der IGGÖ-Auflösung. Ob es beim Freitagsgebet thematisiert wurde, konnte PULS 24 nicht in Erfahrung bringen.
Ein Lokalaugenschein zeigte jedenfalls, dass sich die offizielle Auflösung bei Gläubigen vor dem Gebet noch nicht herumgesprochen haben dürfte. Zahlreiche Personen schritten am Sicherheitspersonal vorbei und verschwanden hinter die von außen nicht einsehbaren Räumlichkeiten.
Zusammenfassung
- Die Tewhid-Moschee in Wien-Meidling wurde im Dezember 2023 offiziell von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) aufgelöst.
- Die Moschee darf sich nun nicht mehr als 'Moschee' bezeichnen, da dies ein Titel ist, den die IGGÖ vergibt.
- Trotz der offiziellen Auflösung ist die Moschee immer noch ein aktiver Treffpunkt für Gläubige.
- Der umstrittene Prediger Muhammed P., der weiterhin in der Moschee tätig sein soll, taucht in aktuellen Terror-Ermittlungsakten auf.