Polizei prüft Verdächtigen nach tödlichem Maskenstreit
Die Situation der Pandemie habe ihn stark belastet, er habe "ein Zeichen setzen" wollen. Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Tat löste großes Entsetzen und Anteilnahme aus. Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach geht von langwierigen Ermittlungen zu den Hintergründen aus. Unter anderem ist unklar, woher der Mann die Tatwaffe hatte.
Dabei handle es sich um einen großkalibrigen Revolver der Marke Smith & Wesson, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde am Mittwoch. In der Wohnung des Verdächtigen seien "weitere Gegenstände, die als Waffen bezeichnet werden können", sowie eine weitere Schusswaffe gefunden worden. Dabei handle es sich um eine kleinkalibrige Pistole. Für die Waffen besitze der Mann keine Erlaubnis. Auch Munition für die Schusswaffen sei gefunden worden.
Dem Sprecher zufolge wurden zudem elektronische Medien sichergestellt und würden nun ausgewertet. "Die Internetaktivitäten sind für uns von Interesse und werden überprüft." Am Dienstagabend hatte die Polizei in Trier getwittert: "Es gibt Hinweise auf das Twitterprofil des Tatverdächtigen. Wir gehen diesen Hinweisen nach." Die Ermittler seien von sehr vielen Nutzern auf das Twitter-Profil des mutmaßlichen Täters hingewiesen worden, sagte der Sprecher der Polizei in Trier. Laut des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und des auf Verschwörungsideologien spezialisierten Thinktanks CeMAS fiel der mutmaßliche Schütze bereits vor zwei Jahren auf einem Twitter-Profil mit nebulösen Gewaltfantasien auf.
Die deutsche Regierung zeigte sich besorgt. "Die Bundesregierung verurteilt diese gezielte Tötung auf das Schärfste", sagte eine Regierungssprecherin in Berlin am Mittwoch. "Die Enthemmung der Gewalt macht sprachlos." Unerträglich sei, dass die Tat in sozialen Medien zum Anlass genommen werde, mit öffentlichen Aufrufen zur Gewalt die Gesellschaft in Deutschland zu spalten. "Das ist verstörend und das muss aufhören", sagte die Sprecherin. Der Rechtsstaat werde sich einer Radikalisierung der Coronaleugner-Szene mit allen Mitteln entgegenstellen, die Sicherheitsbehörden seien sehr wachsam.
Ein Sprecher des Innenministeriums ergänzte, den bisherigen Erkenntnissen zufolge sei die Tat ein Einzelfall, es könnten "keine generalisierenden Rückschlüsse" gezogen werden. Grundsätzlich beobachte das Ministerium, dass sich die Szene der Querdenker verkleinere, sich dieser kleinere Kern aber zunehmend radikalisiere.
Die deutsche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zeigte sich betroffen von der Tat in Idar-Oberstein, das in ihrem Wahlkreis liegt. Sie kenne auch die Tankstelle, an der der junge Mann von einem Kunden erschossen wurde. "Warum? Weil es unterschiedliche Sichtweisen zu den Corona-Regeln gab", sagte Klöckner, die auch die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende der CDU ist, in einem am Mittwoch veröffentlichten Video auf Twitter. Der junge Mitarbeiter der Tankstelle habe nichts anderes verlangt, als dass, was selbstverständlich sei, dass jeder, der die Tankstelle betrete, Mund-Nasen-Schutz trage, um sich und andere zu schützen. Als Folge dessen sei er erschossen worden - "eigentlich schier unglaublich", sagte Klöckner in dem Video weiter. "Mich treibt auch um, wie radikalisiert extreme Sichtweisen sein können und wozu sie führen können."
Auch die Polizeigewerkschaft GdP warnt vor einer Radikalisierung der Coronaleugner-Szene. "Das ist der erste Fall einer Tötung in Verbindung mit Corona", sagte GdP-Vizechef Jörg Radek der Funke Mediengruppe. "Wir nehmen seit letztem Jahr eine Radikalisierung von Corona-Gegnern wahr. Insbesondere im Zusammenhang von Demonstrationen im Querdenken-Milieu." Diese schwere Tat sei jedoch bisher ein Einzelfall.
Zusammenfassung
- Die deutsche Polizei prüft nach der Tötung eines Tankstellen-Mitarbeiters die Aktivitäten des mutmaßlichen Täters in den sozialen Medien.
- Es seien sehr viele Hinweise dazu eingegangen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier am Mittwoch.
- Dem 49-Jährigen wird vorgeworfen, dem 20 Jahre alten Kassier am Samstagabend im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein in den Kopf geschossen zu haben.
- Die deutsche Regierung zeigte sich besorgt.