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Mit Opfer-Täter-Dialog neue Form des Tatausgleichs

Heute, 04:08 · Lesedauer 2 min

Seit kurzem gibt es im justiziellen Bereich eine neue Form des Tatausgleichs, der vor bzw. nach einem Gerichtsurteil bei der Aufarbeitung der persönlichen Folgen einer Straftat helfen soll - sowohl dem Opfer, als auch dem Täter. Mit dem so genannten Opfer-Täter-Dialog kann ein Tatausgleich erstmals auch außerhalb der Diversion erfolgen. Seit Jahresanfang wird der Modellversuch in Wien, Kärnten, Salzburg und Tirol ausprobiert.

Der Opfer-Täter-Dialog findet parallel zum Strafverfahren oder nach einem Urteil statt. Der Bewährungshilfeverein Neustart, der das Modell in enger Zusammenarbeit mit der Justiz betreibt, bietet Opfern und Tätern gleichermaßen Gelegenheit, die Hintergründe und Folgen einer Straftat persönlich zu klären - und zwar zusätzlich zur rechtlichen Aufarbeitung durch die Gerichte. Die Teilnahme ist für alle Beteiligten freiwillig und kostenlos.

"Opfer haben oft sehr lange unter einer Straftat zu leiden. Eine Gerichtsverhandlung oder ein Urteil schaffen zwar eine juristische Klärung der Tat, eine persönliche Aufarbeitung der Tatfolgen kann dabei oft nicht erreicht werden", erläutert Bernd Glaeser, Projektleiter des Modellversuchs. Genau hier setze der Opfer-Täter-Dialog an. Opfer würden dabei unterstützt, die Straftat zu verarbeiten und eine Wiedergutmachung des erlittenen Schadens zu erlangen. Bei Bedarf werden Kontakte zu Opferschutzorganisationen vermittelt.

Auch Tätern ist es laut Glaeser oft ein Anliegen, die Hintergründe ihres Delikts aufzuarbeiten und eine emotionale und materielle Wiedergutmachung zu erreichen. Dabei ist die professionelle Anleitung durch Mediatorinnen oder Mediatoren hilfreich. Aus dem diversionellen Tatausgleich sei bekannt, dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Delikt die Resozialisierung fördert und Beschuldigte dabei unterstützt, in Zukunft straffrei zu bleiben, weiß Glaeser: "Gelingen diese Auseinandersetzung mit der Tat und die Wiedergutmachung des Schadens beim Opfer-Täter-Dialog, können Gerichte das strafmildernd berücksichtigen." Ein weiterer Vorteil sei, die Vermeidung langwieriger Zivilverfahren, wenn verursachte Schäden bereits ersetzt wurden.

Anwendungsfelder im Hauptverfahren oder nach Verurteilung

Der Opfer-Täter-Dialog kann im gerichtlichen Hauptverfahren angewendet werden, wenn eine Diversion nicht in Frage kommt - etwa weil die Beschuldigten vorbestraft sind oder weil das Delikt mit einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bedroht ist. Ein weiteres Anwendungsfeld ist nach einer Verurteilung, wenn Opfer und Beschuldigte über die juristische Entscheidung hinaus persönlichen Klärungsbedarf haben. Der Modellversuch ist vorerst bis Ende 2026 angesetzt und wird wissenschaftlich begleitet.

Zusammenfassung
  • Seit Jahresanfang wird in Wien, Kärnten, Salzburg und Tirol ein Modellversuch zum Opfer-Täter-Dialog durchgeführt, der eine neue Form des Tatausgleichs außerhalb der Diversion bietet.
  • Der Dialog, der parallel zu Strafverfahren oder nach einem Urteil stattfindet, ist freiwillig und kostenlos, und zielt darauf ab, die Hintergründe und Folgen einer Straftat persönlich zu klären.
  • Der Versuch, der bis Ende 2026 läuft, wird wissenschaftlich begleitet und kann strafmildernd wirken, indem er langwierige Zivilverfahren vermeidet.