Klimaproteste: 379 Festnahmen, aber "keine Gewaltanwendung"
Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker wollte alles rund um die sogenannten Klimakleber wissen. Innenminister Gerhard Karners (ÖVP) Antwort auf seine parlamentarische Anfrage birgt - obwohl auf einige Fragen nicht eingegangen wurde - einige interessante Details.
So kam es im Zuge der Straßenblockaden im Zeitraum vom 1. Jänner bis Ende Mai dieses Jahres österreichweit zu 379 Festnahmen. Von allen Festnahmen erfolgten allerdings nur vier wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Strafrecht, 375 erfolgten aus verwaltungsrechtlichen Gründen.
Im selben Zeitraum kam es österreichweit zu 1.513 Anzeigen - 32 davon betrafen strafrechtliche Vorwürfe. Hauptsächlich ging es bei Festnahmen und Anzeigen laut Innenministerium um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und die Straßenverkehrsordnung. Im Jahr 2022 wurde noch keine Statistik geführt.
Warum werden Blockaden nicht verhindert?
Hafenecker wollte mit seiner Anfrage aber auf etwas anderes hinaus. Er spricht von "radikalen Klima-Gruppierungen" und "Klima-Extremisten", die "gefährlicher und rücksichtsloser" werden würden, fordert eine Verschärfung der Strafen und spricht davon, dass es bald zu Todesfällen kommen würde, weil jemand am Weg ins Spital im Stau stehen werde.
Zur Erinnerung: Solche Vorwürfe gab es im Mai nach einer Blockade am Verteilerkreis, wo ein Rettungswagen feststeckte. Ein Patient in Schwechat starb. Dass daran aber der Klimaprotest Schuld gewesen wäre, wurde nie bewiesen. Das merkt sogar Hafenecker in seiner Anfrage an.
Wie viel Sachschaden und Unfälle durch die Blockaden verursacht wurden oder wie viele Blaulicht-Fahrzeuge schon im Stau standen, konnte das aber Innenministerium nicht beantworten. Das zu erfassen, sei zu viel Aufwand. Für Rettung und Feuerwehr könne man sowieso nicht sprechen.
Der FPÖ-Abgeordnete wollte auch wissen, warum die Polizei die Versammlungen nicht verhindere, wenn sie doch vorab von den Aktivist:innen informiert werde. Der Innenminister erklärt, dass die Polizei zum einen "in der Regel unmittelbar vor Beginn der Aktion der Klimaaktivisten telefonisch in Kenntnis gesetzt" werde. Es bleibe "nur ein sehr geringer Zeitraum für polizeiliche Vorbereitungshandlungen".
Zum Anderen gehe es der Polizei bei einer nicht angezeigten Versammlung zunächst darum, die Versammlung zu sichern und zu prüfen, ob Gründe für eine Auflösung vorliegen würden. Erst wenn die Versammlung aufgelöst wurde und die Aktivist:innen den Ort nicht verlassen, dürfe man Zwang anwenden und sie wegtragen.
Sind Klimakleber radikal?
Interessant an der Anfragebeantwortung Karners ist auch, dass er nicht nur Hafenecker, sondern auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) widerspricht. Nehammer erklärte jüngst, dass das Gegenteil von "normal" "extrem" sei - und dazu würden auch die Klimakleber gehören. Hafenecker wollte wissen, warum die Klimaaktivist:innen der "Letzten Generation" und von "Extinction Rebellion" nicht als linksextremistisch und extremistisch eingestuft werden.
Das Innenministerium erklärte: Um die Gruppierungen als extremistisch einzustufen, würden "entsprechende Parameter" fehlen - etwa das "Gewaltelement". "Bis dato wurde keine Gewaltanwendung gesetzt bzw. die demokratische Grundordnung nicht in Frage gestellt", heißt es. Der Verfassungsschutz würde die Situation aber beobachten.
Fragen zur Finanzierung dieser Gruppierungen und zu personellen Überschneidungen mit Vereinen, Parteien oder linksextremen Gruppen, wollte das Ministerium "aus polizeitaktischen Gründen" nicht beantworten. "Durch die Bekanntgabe von Informationen hinsichtlich allfälliger Ermittlungen oder sonstiger Maßnahmen – und sei es auch eine verneinende Beantwortung – können Rückschlüsse gezogen und aktuelle oder zukünftige Ermittlungen konterkariert und die Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden erschwert bzw. in gewissen Bereichen unmöglich gemacht werden", heißt es.
Zusammenfassung
- Innenminister Karner beantwortete Frage des FPÖ-Abgeordneten Hafenecker zu den Klimaprotesten.
- Er erklärt, warum die Polizei die Proteste nicht verhindert, auch wenn sie vorab informiert wird und warum sie nicht als extremistisch eingestuft werden.