Hausdurchsuchung bei ÖVP-nahem Umfrage-Institut Demox
Neben der ÖVP-Umfragen-Affäre rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz und die Meinungsforscherin Sabine Beinschab ("Beinschab-Tool") könnte es noch einen weiteren Umfragen-Skandal geben.
Ermittelt wird gegen fünf namentlich bekannte Beschuldigte und eine unbekannte Person auf Auftraggeber- und auch Auftragnehmer-Seite ermittelt. Drei weitere Personen werden als Angezeigte geführt. Laut WKStA wurden auch weitere Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen an mehreren Standorten gesetzt.
Auch das ÖVP-nahe Meinungsforschungsinstitut Demox Research steht im Fokus der Ermittlungen, wie die WKStA bestätigte. Die für die Ministerien durchgeführten Umfragen sollen nicht sachlich notwendig gewesen sein.
WKStA ermittelt: Nächster ÖVP-Umfrageskandal?
Hausdurchsuchung am Dienstag
Laut "Kronen Zeitung" wurden in den Räumlichkeiten des Instituts am Dienstag Beweismittel gesichert. Ermittelt wird im Zusammenhang mit der Beauftragung von Meinungsumfragen durch das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das Verteidigungsministerium wegen Untreue, Betrug und wettbewerbsbeschränkender Absprachen.
Demox-Geschäftsführer Paul Unterhuber leitete die Wien-Sparte des ÖVP-nahen Bauernbundes, bevor er sein Umfrage-Institut gründete. Dieses führte hauptsächlich Umfragen für ÖVP-Ministerien durch. Unterhubers Anwalt ließ gegenüber PULS 24 wissen, dass zu der Angelegenheit aktuell nicht Stellung genommen wird. Er betonte aber, dass sein Mandant zu keinem Zeitpunkt ein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt hat.
Veruntreuung von Steuergeld?
Zwischen 2021 und 2022 soll Demox für die Ex-ÖVP-Ministerinnen Margarete Schramböck (Wirtschaft) und Elisabeth Köstinger (Landwirtschaft) innenpolitische Inhalte abgefragt worden sein, die inhaltlich nichts mit den Zuständigkeitsbereichen der jeweiligen Ministerien zu tun haben. Auch ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner soll dort laut "Profil" mit Steuergeld finanzierte Umfragen in Auftrag gegeben haben, ebenso der österreichische Integrationsfonds.
Das Institut führte unter anderem etwa Umfragen darüber durch, wie viel Menschen zu Weihnachten ausgeben oder ob sie mehr mit Holz heizen. So waren auch in Umfragen für das Landwirtschaftsministerium auch Fragen zur Asylpolitik oder zur Wien-Wahl enthalten. Bereits in der Vergangenheit wurde das Institut scharf von der SPÖ kritisiert.
Verwaltungsgrundsätze verletzt
Vorgeworfen wird in der Causa, dass der "Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit" der staatlichen Verwaltung verletzt wird. Dem Bund entstand, so WKStA, ein finanzieller Schaden, dessen Höhe ist noch Gegenstand der Ermittlungen.
Darüber wurde der Demox-Geschäftsführer bereits im ÖVP-U-Ausschuss befragt. Damals hatte er "vehement" ausgeschlossen, dass sein Institut von der öffentlichen Hand finanzierte Studien für die ÖVP erbracht hatte.
Laut "Krone" steht auch der ÖVP-Umfragen-Experte Franz Sommer im Fokus der Ermittlungen. Bereits im Jahr 2022 schrieb der "Standard", dass die WKStA nach damaligem Kenntnisstand Sommer als den "offiziellen Umfragelieferant" der ÖVP sehe.
Opposition sieht Korruptionsskandal
SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer sah sich am Dienstag in seiner Kritik bestätigt: "Die ÖVP schlittert in den nächsten Korruptionsskandal rund um Steuergeldmissbrauch für Parteiumfragen. Während das Beinschab-Tool der ÖVP zum Fälschen von Umfragen diente, dürften mit dem Demox-Tool Parteiumfragen durchgeführt worden sein - finanziert durch das Finanzministerium, das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium, das Verteidigungsministerium und das Außenministerium", sagte der SPÖ-Finanzsprecher in einer Aussendung.
Die Ergebnisse hätten nicht der Arbeit in den Ministerien, "sondern ausschließlich der ÖVP" gedient, so Krainer. Dies sei "ein weiterer Beweis dafür, dass die ÖVP korrupt ist. Mit diesen Methoden muss endlich Schluss sein". Krainer fordert von ÖVP-Chef Karl Nehammer "als verantwortlichem Parteiobmann" die Offenlegung sämtlicher Umfragetätigkeiten der ÖVP-Bundespartei.
Die FPÖ sieht die korruptiven Tendenzen der ÖVP als "grenzenlos" an, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Sie sieht die Hausdurchsuchung bei Demox nur als "Spitze des Eisberges" an. Auch die NEOS sehen ein "strukturelles Korruptionsproblem" bei der ÖVP.
Anzeige von SPÖ
Laut ÖVP habe die SPÖ Anzeige erstattet. "Auch unter Andreas Babler setzt die Sozialdemokratie ihre schmutzigen Methoden fort", meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker Mittwochnachmittag in einer Aussendung. "Zuerst werden Leute angezeigt, das führt zu Ermittlungen der WKStA, und dann zu Medienberichten und Empörung der SPÖ."
Laut Stocker wurden alle Umfragen, die von der ÖVP beauftragt wurden, auch von der ÖVP bezahlt. Stocker pochte auf die Unschuldsvermutung und eine rasche Aufklärung durch die Justiz.
Zusammenfassung
- Laut Medienberichten soll es Hausdruchsuchungen beim ÖVP-nahen Umfrage Institut Demox gegeben haben.
- ÖVP-Ministerin Tanner hat dort in der Vergangenheit Umfragen in Auftrag gegeben, genauso wie die Ex-ÖVP-Ministerinnen Schramböck und Köstinger.
- So waren auch in Umfragen für das Landwirtschaftsministerium auch Fragen zur Asylpolitik oder zur Wien-Wahl enthalten.
- Es wird gegen sechs Personen ermittelt, drei weitere werden als Angezeigte geführt.
- Die ÖVP weist die Vorwürfe zurück.