"Glückskind" Habeler mahnt zu mehr Respekt vor den Bergen
"Es braucht wieder eine klare Trennung zwischen Hochalpinismus und normalem Wandern. Man redet auch immer von 'Bergwegen'. Ich sage: Es sind 'Bergsteige', nicht Wege", erklärte der Bald-Jubilar im Zuge des Gesprächs in einem Gasthaus in seinem Heimatort Mayrhofen im Zillertal. "Bergweg" sei verharmlosend und verleite Menschen, die aus anderen, flachen Gegenden kommen, zu glauben, hier handle es sich um einen vorgegebenen, gefahrlosen Weg. Man könne sich heutzutage über alles informieren, so Habeler, aber: "Gebirge und Natur sind nicht virtuell, sie sind analog." "Es gibt viele Menschen, die zu uns kommen, die die Natur durch die rosarote Brille sehen. Das ist halt nicht so", so der Zillertaler. Man könne nun mal mit "Gewittern, Lawinen, Steinschlägen und Muren" konfrontiert sein: "Im Gebirge muss man immer wachsam sein. Man kann nicht alles beherrschen. Die Natur beherrschen wir nicht."
Viele Menschen, die sich ins Gebirge begeben, hätten mitunter auch eine nicht angemessene Erwartungshaltung. "Sie wollen einerseits schon die Einfachheit, verstehen dann aber beispielsweise nicht, weshalb es auf einer Hütte kein WLAN gibt oder nicht die erwartete Schlaf- und Essensmöglichkeit". Diese "Das steht uns alles zu"-Mentalität vertrage er überhaupt nicht, fand der Jubilar deutliche Worte. Den Eindruck, dass zu viele Menschen auf den Bergen unterwegs sind, habe er hingegen nicht: "Das würde ich nicht sagen". Gerade der Hochgebirgsalpinismus - und er sei nach wie vor "viel unterwegs" - sei "nicht überlaufen", betonte die Alpinlegende.
Kritisch, reflektierend, nachdenklich - und doch mit einem vor allem positiven, optimistischen, dem Leben fröhlich zugewandten Grundton. So betrachtete Habeler Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die eigene und die der Welt rings um ihn herum. Eine Vergangenheit, die glorreicher nicht sein könnte und von der nach wie vor ein monumentales Ereignis herausragt und bis in alle Ewigkeit bleiben wird: Die Erstbesteigung des Mount Everest im Jahr 1978 ohne künstlichen Sauerstoff, gemeinsam mit Reinhold Messner - sein bekanntester, aber rein bergsteigerisch betrachtet nicht größter Erfolg, wie Habeler stets betont.
"Ich bin ein Glückskind. Die ganzen Zeiten waren bärig", lautete die Bilanz der Legende. Er habe beispielsweise "immer das Schwein gehabt, beste und gute Leute zu treffen" und mit ihnen unterwegs zu sein. Vor allem einer steht im Zentrum: "Ich habe nie einen besseren Partner gehabt als Reinhold Messner. Im alpinen Umfeld, wo er immer sehr gut für mich gesorgt hat, und auch als Kamerad". Die Südtiroler Extrembergsteigerikone sei keinesfalls so, wie er mitunter dargestellt werde: "Reinhold ist kein Egoist. Das schiebt man ihm in die Schuhe". Vielleicht lasse er nur Menschen nicht so nahe an sich heran. Manche Journalisten hätten versucht, einen Keil zwischen Reinhold und ihn zu treiben. Die Freundschaft habe nach wie vor Bestand, dafür müsse man sich nicht regelmäßig sehen. Er bewundere Messner, denn: "Ich habe ein Leben, das Bergsteigerleben. Damit werde ich sterben. Aber Reinhold hat ja viel mehr Leben: Bergsteiger, Autor, Museumsgründer, Politiker, Vortragender, Filmemacher".
Was bedeutet Glück für sie, Herr Habeler? "Glück bedeutet wenn du unbeschadet bleibst, gesund bist so wie ich und ein halbwegs gesundes Umfeld hast". Was die Familie betrifft - Habeler ist geschieden und hat zwei Söhne -, habe er "nicht immer sehr glücklich agiert", räumte der Mann der Berge unumwunden ein. Er sei "kein schlechter Vater" gewesen - wenn er zu Hause war, sei er auch wirklich präsent gewesen, aber: "In Summe brauch ich mir da nichts einbilden. Da hapert's". Aufgrund seiner permanenten Aufenthalte und Einsätze fern der Heimat sei seine frühere Frau die Leidtragende gewesen, die aber die Kinder "richtig gut erzogen hat". Die kleinen Schatten im "Glücks-Leben" des Peter Habeler, kurz vor dem "80er-Gipfel".
Zusammenfassung
- Die kleinen Schatten im "Glücks-Leben" des Peter Habeler, kurz vor dem "80er-Gipfel".