Fitnesstracker-Daten können Hinweis auf Long Covid geben
Fitnesstracker verschiedenster Sorte - von der Hightech-Lauf- oder Fitnessuhr bis zur Smartwatch - können heutzutage eine erstaunliche Vielzahl an Informationen über ihre Trägerin oder ihren Träger zusammentragen. Aus den wiederkehrenden Echtzeit-Messungen der Herzfrequenz lässt sich teils tief und unterschiedlich genau in den Gesundheitszustand oder in das Stressniveau blicken. Einzug in die tägliche Routine bei vielen Menschen hat seit einiger Zeit mitunter auch der Blick auf den Schrittzähler gehalten: Beiträge zur Lifestyle-Diskussion über Sinn und Unsinn der 10.000-Schritte-Grenze gibt es bekanntlich viele.
Mit der Frage, wie sich solche Daten in der medizinischen Forschung nutzen lassen, beschäftigt sich der Komplexitätsforscher Peter Klimek bereits seit einigen Jahren. Er ist nun auch Teil eines österreichisch-deutschen Teams um die Studien-Erstautorin Katharina Ledebur vom Complexity Science Hub (CSH) Wien, das seine Analyse auf Informationen aus der deutschen "Corona-Datenspende-App" (CDA) stützt, die zwischen April 2020 bis Dezember 2022 gesammelt wurden. Über 120.000 Personen stellten nahezu täglich Daten der Forschung freiwillig zur Verfügung, erklärte Ledebur in einer CSH-Aussendung: "So konnten wir in 15-Minuten-Intervallen Vitalzeichen vor, während und nach einer SARS-CoV-2-Infektion vergleichen."
Siehe da: In der statistischen Rückschau ließen sich bereits drei Wochen vor Beginn der Infektion Unterschiede ausmachen, berichten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Jene Menschen, die über lange anhaltende Kurzatmigkeit und bzw. oder Müdigkeit nach einer Covid-19-Erkrankung berichteten, gingen im Durchschnitt schon drei Wochen vor Beginn der Erkrankung täglich lediglich knapp über 5.000 Schritte. Das lag rund 3.000 Schritte unter dem Schnitt der Gruppe, die später keine längeren Symptome zeigten.
Subtile, aber messbare Unterschiede
Auch beim Ruhepuls fand das Team subtile Unterschiede: Schon vor der Infektion lag dieser bei Menschen mit Langzeit-Symptomen im Schnitt um 2,37 Schläge pro Minute höher als bei Personen, bei denen sich eine Erkrankung nicht längerfristig auswirkte. In der Akutphase der Infektion fanden die Komplexitätsforscher überdies Hinweise auf eine bis zu 18 Tage andauernde Phase, in der der Ruhepuls markant verlangsamt war - eine "Bradykardie". Insgesamt berichteten 10,4 Prozent der teilnehmenden Personen über lang anhaltende Müdigkeit, 2,6 Prozent über beständige Kurzatmigkeit und 1,8 Prozent litten unter beiden Symptomen. Andere Probleme wie Husten, Kopfschmerz oder Fieber verflüchtigten sich in der Regel kurz nach der Infektion.
Überdies zeigte sich, dass beide Gruppen nach der Akut-Infektion wieder zu ihrer üblichen Durchschnitts-Herzfrequenz und -Schrittanzahl zurückkehrten. Die Unterschiede blieben also bestehen und trotz ihrer Kurzatmigkeit sowie Müdigkeit nahmen auch die weiter beeinträchtigten Menschen ihre Routinen wieder auf.
Ansatz lässt Schlüsse über Zustand vor Erkrankung zu
Das Gesamtbild lasse sich so interpretieren, dass schon zuvor weniger fitte Personen und Menschen mit bereits bestehenden gesundheitlichen Problemen eher dazu tendieren, von länger prominent bleibenden Symptomen geplagt zu werden. "Das bedeutet allerdings nicht, dass ein erhöhter Ruhepuls, eine geringere Schrittzahl oder Vorerkrankungen allein für das Auftreten dieser Symptome verantwortlich sind", meint Ledebur. Trotz mancher Einschränkungen - so waren unter den Datenspendern tendenziell mehr Männer und jüngere Menschen - zeige die Studie, dass man mit Daten aus Fitnesstrackern neue Erkenntnisse gewinnen kann, da man so auch Infos über Menschen zur Hand hat, bevor eine Erkrankung auftritt.
(S E R V I C E - Studie online https://doi.org/10.1038/s41746-025-01456-x)
Zusammenfassung
- Das Team entdeckte, dass der Ruhepuls bei Long Covid-Betroffenen vor der Infektion um 2,37 Schläge pro Minute höher lag. Während der Akutphase der Infektion trat eine bis zu 18 Tage andauernde Bradykardie auf.
- Die Studie, die auf Daten von über 120.000 Personen basiert, zeigt, dass Fitnesstracker wertvolle Einblicke in den Gesundheitszustand vor einer Covid-19-Erkrankung bieten können.