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Familienvater wegen fortgesetzter Gewalt seit 2016 vor Kadi

Von 2016 bis Herbst 2022 soll ein 47-jähriger Mann seine Ehefrau tyrannisiert und misshandelt haben. Seinen im Sommer 2007 geborenen Sohn soll er bis zu dessen 13. Lebensjahr mit einer aus zusammengebundenen dünnen Ästen bestehenden Rute gezüchtigt haben, einmal eine halbe Stunde lang, nachdem er ihn zuvor mit einer Sprungschnur gefesselt hatte. Der Mann stellte am Montag am Wiener Landesgericht die Vorwürfe in Abrede. Es handle sich um ein gegen ihn inszeniertes "Komplott".

Der Angeklagte stammt aus Bangladesch, lebt seit 2011 in Österreich und ist in einem Wiener Fünf-Sterne-Hotel beschäftigt. 2015 ließ er seine Ehefrau und seine drei Kinder - zwei Töchter und ein Sohn - nachkommen. Die Ehe war arrangiert worden und stand laut Anklage von Beginn an unter keinem guten Stern. In Österreich habe sich die Situation "markant verschlechtert", sagte die Staatsanwältin zu Beginn der Verhandlung.

Sie warf dem Angeklagten fortgesetzte Gewaltausübung vor, und zwar in einem Ausmaß, das weit über das hinausgeht, das unter dem § 107b StGB üblicherweise vor Gericht landet. So soll er seine Frau einmal so heftig gegen einen Kasten gestoßen haben, dass sie eine blutende Kopfwunde davontrug, die er dann mit Rasierwasser einrieb. Wenig später schlug er sie laut Anklage bewusstlos, weshalb die Frau angeblich eine Woche im Spital verbringen musste. Ein weiteres Mal wurde sie mit einem Staubsaugerrohr derart malträtiert, dass sie ebenfalls der Ohnmacht nahe war.

"Daneben hat die Frau auch eine starke Form an psychischer Gewalt erfahren", führte die Staatsanwältin aus. Der Mann habe "ihre Integration verhindert", indem er sie zunächst nicht Deutsch lernen ließ, ihr einen Job bei einem Freund suchte und ihren Lohn auf sein Konto überweisen ließ, ihr Handy durchsuchte und Kontakte löschte, die ihm nicht passten. Vor allem während der Corona-Pandemie soll es gegen den Willen der Frau regelmäßig zu Geschlechtsverkehr gekommen sein, den die Frau längst nicht mehr wollte.

Den Sohn bestrafte der Vater laut Anklage für Kleinigkeiten, etwa wenn sich dieser in seinen Augen ungebührlich verhielt. Als das in der Schule des Buben bekannt wurde, weil jener Mitschülern davon erzählte, wurde zwar das Jugendamt eingeschaltet und eine so genannte Gefährdungsanzeige gelegt. Diese verlief allerdings - aus welchen Gründen auch immer - im Sand. Auch eine erste, bereits 2017 von der Ehefrau des 47-Jährigen erstattete Anzeige musste von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt werden - die Frau hatte sich nach dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren ihrer Aussage entschlagen, weshalb alle ihre vor der Kriminalpolizei getätigten Angaben nicht mehr verwertet werden durften. "Sie hatte ihrem Mann zwischenzeitlich verziehen und gehofft, dass es besser wird", bemerkte dazu nun die Staatsanwältin. Die Hoffnung sei jedoch zerplatzt, was neben der Frau auch ihr Sohn wieder zu spüren bekam. Erst nach einer neuerlichen brutalen körperlichen Attacke ging die Frau Ende Oktober 2022 erneut zur Polizei.

"Das alles, was mir vorgeworfen wir, entspricht nicht der Wahrheit", betonte der Angeklagte. Er sei lediglich "in ein paar Vorfälle involviert" gewesen. Einmal habe er seine Frau "mit der Hand weggeschoben", ein anderes Mal habe er gesehen, wie sie sich an einer Tür anstieß: "Geschlagen habe ich sie nicht. Es hat auch nichts zu streiten gegeben." Dem Sohn habe er nur mit der Rute gedroht, aber nicht damit zugeschlagen, "weil er nicht in die Schule wollte".

Die Aussagen des mittlerweile 16-Jährigen sowie der Mutter des Jugendlichen, die im Vorfeld kontradiktorisch vernommen worden waren, wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörtert. Verteidiger Lukas Leszkovics kritisierte die nach seinem Dafürhalten unzureichenden Erhebungen der Staatsanwaltschaft. Diese habe beispielsweise nicht ermitteln lassen, in welchem Krankenhaus die angeblich spitalsreif geschlagene Frau überhaupt behandelt wurde. Die Hausärztin der Frau habe man nicht als Zeugin befragt, obwohl das angebliche Opfer seit vielen Jahren Patientin der Medizinerin war. Auch in der Schule des Sohnes habe man keine weiteren Ermittlungen durchgeführt, bemängelte Leszkovics.

Die Verhandlung wurde zur ergänzenden Beweisaufnahme auf den 14. März vertagt. Im Fall einer anklagekonformen Verurteilung drohen dem bisher Unbescholtenen fünf bis 15 Jahre Haft.

ribbon Zusammenfassung
  • Von 2016 bis Herbst 2022 soll ein 47-jähriger Mann seine Ehefrau tyrannisiert und misshandelt haben.
  • Der Mann stellte am Montag am Wiener Landesgericht die Vorwürfe in Abrede.
  • Wenig später schlug er sie laut Anklage bewusstlos, weshalb die Frau angeblich eine Woche im Spital verbringen musste.
  • Verteidiger Lukas Leszkovics kritisierte die nach seinem Dafürhalten unzureichenden Erhebungen der Staatsanwaltschaft.