Fachleute raten jetzt zur Impfung gegen Corona und RSV
"Dafür kann man sich mit der Influenza-Impfung ruhig noch etwas Zeit lassen", sagte Schmitzberger am Dienstag bei einem Hintergrundgespräch des Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH) zu respiratorischen Erkrankungen in Wien. Ende Oktober oder Anfang November sei ein guter Zeitpunkt dafür. Die Impfung gegen Pneumokokken könne bei Bedarf jederzeit verabreicht werden, weil sie nicht von der Jahreszeit abhänge. Diese Empfehlungen seien Richtwerte. Grundsätzlich solle jeder die für ihn "richtige" Strategie mit dem Hausarzt festlegen.
Bei Corona gab es bereits erste Vorzeichen einer neuen Welle. Auch wenn sich diese nun abschwächen, müsse man von einer Zunahme der Fallzahlen in der kalten Jahreszeit ausgehen. Angesichts der breiten Immunität in der Bevölkerung (durch Infektionen und/oder Impfungen, Anm.) drohe zwar keine Überlastung der Spitäler mehr, sagte Arschang Valipour, Leiter des Karl Landsteiner Instituts für Lungenforschung und pneumologische Onkologie. Eine Covid-Welle könne aber das Spitalpersonal noch immer an Belastungsgrenzen bringen, weil eine größere Anzahl von Patienten von selbst krankheitsbedingt geschrumpften Teams betreut werden müsse.
Besonders Risikogruppen sollten sich weiterhin vor Covid-19 in Acht nehmen. "Im Zweifelsfall ist ein PCR-Test zu empfehlen. Dann können die Betroffenen auch rasch mit einer entsprechenden Therapie versorgt werden." Personen ab 60, mit Grunderkrankungen oder Immunsuppression sowie Schwangeren legt er eine Auffrischung besonders ans Herz, am besten noch im Frühherbst.
Mit Influenza infizieren sich pro Saison etwa fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen und 20 bis 30 Prozent der Kinder, führten die Fachleute aus. Die AGES gehe von 492 bis 4.939 Grippe-Toten aus, das entspreche durchschnittlich 2.265 Todesfällen pro Saison. Die Influenza-Impfung steht diesmal erstmals gratis bei den an der Aktion teilnehmenden Ärzten, in Betrieben, Alters- und Pflegeheimen sowie öffentlichen Impfstellen zur Verfügung.
Bei RSV droht ein schwerer Verlauf vor allem Babys und älteren Erwachsenen. An der MedUni Wien läuft eine Studie, die RSV mit Influenza vergleicht und auf zwei Saisonen ausgelegt ist. In der Saison 2022/23 wurden rund 500 Patienten mit RSV und etwa 1.000 mit Influenza im AKH diagnostiziert. "Daraus ließe sich ableiten, dass die Zahl der hospitalisierten erwachsenen RSV-Erkrankten in etwa halb so hoch ist wie jene von Influenza-Erkrankten. Allerdings gibt es aus anderen Studien bereits Hinweise, dass die Komplikations- und Sterblichkeitsraten bei RSV höher sind", berichtete Stefan Winkler von der klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien.
Dass RSV bei Kindern gefährlich sein kann, ist schon länger bekannt. Es drohe schwere Atemnot bis hin zur Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung. Für Frühgeborene und Kinder mit Herzfehlern gibt es eine passive Immunisierungsmöglichkeit durch monoklonale Antikörper, die mehrmals pro Saison verabreicht werden. Ein langwirksamer monoklonaler RSV-Antikörper mit Einmalgabe pro Saison ist bereits zugelassen. Werdende Mütter können im letzten Abschnitt der Schwangerschaft geimpft werden. "Erwachsene können und sollten sich ab dem Alter von 60 durch eine Impfung vor der Infektion schützen", so Winkler. "Nach aktuellem Stand reicht eine einmalige Impfung für mindestens zwei Saisonen aus. Weitere Daten werden derzeit erhoben."
Invasive und damit besonders gefährliche Pneumokokken seien zuletzt deutlich gestiegen. 2023 wurde mit 760 Fällen ein Rekord registriert, hieß es. "Pneumokokken-Erkrankungen sind prinzipiell mit antimikrobiellen Substanzen gut behandelbar", sagte Helmut J. F. Salzer von der klinischen Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin am Kepler Universitätsklinikum Linz. "Aber nur dann, wenn das Antibiotikum rechtzeitig verabreicht wird, keine Resistenzen vorhanden sind und sonst keine weiteren Risikofaktoren vorliegen. Und das ist in der Realität selten der Fall." Die Impfung werde viel zu wenig in Anspruch genommen.
In der vergangenen Woche waren von österreichweit insgesamt 273.727 Krankenständen 76.156 auf grippale Infekte zurückzuführen, geht aus den Daten der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) hervor, deren Zahlen die ÖGK-versicherten Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer sowie Arbeitslosengeldbezieher umfassen. Auf Influenza entfielen in der Kalenderwoche 39 exakt 444 Krankenstände, auf das Coronavirus gingen 12.558 Fälle zurück (wobei das echte Infektionsgeschehen bei SARS-CoV-2 nur mehr über das Abwassermonitoring sichtbar ist). Alle Zahlen lagen jedenfalls deutlich höher als zum Vergleichszeitpunkt 2023 mit in Summe 271.532 Arbeitsunfähigkeitsmeldungen.
"Grippeviren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen, vor allem durch Husten und Niesen. Deswegen ist eine Gefahr krank zu werden groß, vor allem jetzt, wenn Anfang Oktober die Universitäten wieder ihren Betrieb aufnehmen, die Schulen im Vollbetrieb sind und mehr Menschen vor allem in den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind", so Andreas Krauter, Chefarzt der Österreichischen Krankenkasse.
Zusammenfassung
- Fachleute empfehlen eine Absprache mit dem Hausarzt bezüglich Impfungen gegen Corona, RSV und Influenza, wobei die Covid-19-Auffrischung jetzt besonders sinnvoll ist.
- RSV kann vor allem für Babys und ältere Erwachsene gefährlich werden; eine passive Immunisierung durch monoklonale Antikörper ist möglich.
- Die Influenza-Impfung steht erstmals gratis zur Verfügung und wird ab Ende Oktober oder Anfang November empfohlen.
- Invasive Pneumokokken-Erkrankungen haben 2023 mit 760 Fällen einen Rekordwert erreicht und sind oft schwer behandelbar.
- Besonders Risikogruppen sollten sich gegen Covid-19 impfen lassen; PCR-Tests werden im Zweifelsfall empfohlen, um eine schnelle Therapie zu ermöglichen.