EU-Parlament will EU-Entwaldungsgesetz abändern
Demnach soll die EU-Kommission nun auch Länder oder Regionen bestimmen können, in denen es kein Entwaldungsrisiko gebe. Produkte aus diesen Gegenden wären dann von den Regeln der Verordnung weitgehend ausgenommen. Ein Antrag der EVP wurde abgelehnt, weitere hatte die konservative Fraktion kurz vor der Abstimmung selbst zurückgezogen. Diese hätten Händler von den Regeln ausgenommen und die Verschiebung auf 24 Monate verlängert. Dafür, warum die EVP diese Anträge zurückgezogen hat, gab es zunächst offiziell keine Erklärung.
Die Änderungen wurden vor allem mit den Stimmen der EVP und den weiter rechts stehenden Fraktionen angenommen - teils unter empörten Protestrufen aus der linken Hälfte des Plenarsaals. Da nicht nur die Anwendungsfristen geändert, sondern auch für inhaltliche Änderungen gestimmt wurde, werden nun Verhandlungen notwendig zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Rat der EU-Mitgliedstaaten.
Der Vorschlag der Kommission - dem die EU-Staaten bereits zugestimmt haben - sah nämlich nur eine Verschiebung vor, ohne dass der Inhalt des Gesetzes (das formal rechtlich bereits in Kraft ist; Anm.) geändert wird. Theoretisch könnte die EU-Kommission ihren Vorschlag auch zurückziehen - dann gäbe es aber auch keine Verschiebung und die Regeln der Verordnung könnte bereits mit Ende des Jahres für die betroffenen Unternehmen schlagend werden.
Die EU-Entwaldungsverordnung soll verhindern, dass Produkte auf den europäischen Markt kommen oder von dort aus exportiert werden, für deren Herstellung es zu Entwaldung kam - also eine Waldfläche dauerhaft in Agrarfläche umgewandelt wurde. Als betroffene Waren werden neben Holz auch Rinder, Soja, Kakao, Kaffee, Ölpalme oder Kautschuk, genannt. Bauern oder Waldbesitzer müssten demnach eine Sorgfaltserklärung inklusive Geodaten abgeben, bevor sie ein Produkt auf den Markt bringen können. Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es aber Ausnahmeregelungen.
Die Abstimmung am Donnerstag verlief teils chaotisch und war von technischen Problemen begleitet. Mehrere Abgeordnete bemängelten, dass ihre Abstimmungsgeräte zeitweise nicht funktionierten. Angesichts der teils sehr knappen Ergebnisse bei einigen Änderungsanträgen forderten einige Parlamentarier eine neuerliche Abstimmung, was von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP) aber abgelehnt wurde. Die Abstimmung über den gesamten Text (geplante Verschiebung plus angenommene Anträge) fiel dann aber recht deutlich aus, mit 371 Ja-Stimmen bei 240 Ablehnungen und 30 Enthaltungen.
"Die EU-Entwaldungsverordnung ist völlig untauglich. Eine Verschiebung oder kosmetische Korrekturen werden dieses Problem nicht lösen", reagierte FPÖ-EU-Abgeordneter Roman Haider in einer Aussendung. Er kritisiert zudem die ÖVP, weil diese im Frühjahr 2023 für die ursprüngliche Entwaldungsverordnung gestimmt hatte und jetzt Änderungen durchsetzen wolle.
"Unsere Land- und Forstwirte werden nicht mit neuer Bürokratie belastet und müssen durch die Einführung einer neuen Nullrisiko-Kategorie für Länder, in denen es keine Entwaldung gibt, keine neuen Nachweise erbringen", freut sich dagegen der ÖVP-EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber in einer ersten Reaktion. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Änderungen auch nach den Trilog-Verhandlungen mit Kommission und Rat erhalten bleiben.
Erfreut über das heutige Resultat zeigten sich auch die betroffenen Wirtschaftsverbände aus Österreich. "Die nun verabschiedeten inhaltlichen Verbesserungen der EUDR ermöglichen es, die EUDR in der Praxis anwendbar zu gestalten und damit das richtige Ziel der EUDR überhaupt realistisch erreichen zu können", freut sich Herbert Jöbstl, Obmann des Fachverbands der Holzindustrie Österreichs.
"Es ist erfreulich, dass endlich anerkannt wird, dass Länder wie Österreich, die einen nachhaltigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten, nicht mit unverhältnismäßigem bürokratischem Aufwand belastet werden sollten", so Konrad Mylius, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich.
Auch der Handelsverband begrüßt die Abstimmung. "In ihrer ursprünglichen Form hätte die Entwaldungsverordnung die Rezession der österreichischen Wirtschaft verschärft, die Wettbewerbsfähigkeit Europas verschlechtert und unseren Wohlstand gefährdet", so ihr Geschäftsführer Rainer Will.
Entsetzt über die geplanten Änderungen an der Verordnung zeigen sich Umweltschützer. Die Nicht-Regierungsorganisation (NGO) Südwind spricht von einer "umweltpolitischen Bankrotterklärung der Europäischen Union (...) Anstatt Verantwortung zu übernehmen, knicken Parlament und Kommission vor der Forst-Lobby ein", sagt die Südwind-Sprecherin für Waldschutz, Maria Hammer, die nun hofft, dass die EU-Kommission die Reform wieder zurückzieht.
Die Umweltschutzorganisation WWF ortet eine "Sabotage der EU-Entwaldungsverordnung". Entwaldungsfreie Lieferketten seien "ein wichtiger Hebel, um die importierte Naturzerstörung für unseren Konsum zu reduzieren und damit der Klimakrise und dem Biodiversitätsverlust entgegenzuwirken", kritisiert Dominik Heizmann von WWF Österreich.
Zusammenfassung
- Das EU-Parlament stimmte für Änderungen der EU-Entwaldungsverordnung, die ursprünglich nur eine Verschiebung um zwölf Monate vorsah.
- Die Europäische Volkspartei brachte zusätzliche Anträge ein, von denen einige angenommen wurden, darunter die Möglichkeit, Länder ohne Entwaldungsrisiko zu bestimmen.
- Die Abstimmung verlief chaotisch mit technischen Problemen und endete mit 371 Ja-Stimmen, 240 Ablehnungen und 30 Enthaltungen.
- Umweltschützer kritisieren die Änderungen als umweltpolitischen Rückschritt, während Wirtschaftsverbände die Anpassungen begrüßen.
- Die Verordnung soll Produkte regulieren, die durch Entwaldung entstehen, mit Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen.