APA/ROBERT JAEGER

Corona-Ampel schaltet vier Regionen in Österreich auf "Gelb"

Mit dem Start der Corona-Ampel am Freitag sind vier Regionen in Österreich auf "Gelb" geschaltet worden. Vom mittleren Risiko betroffen sind Wien, Linz, Graz sowie der Bezirk Kufstein. Damit kommt es dort zu einer Verschärfung der Maskenpflicht. Kritik kommt aus der Opposition und den Ländern. Die Stadt Linz weigerte sich zunächst Verschärfungen durchzuführen, machte später aber einen Rückzieher.

Mit dem Start der Corona-Ampel am Freitag sind vier Regionen in Österreich auf "Gelb" geschaltet worden. Vom mittleren Risiko betroffen sind Wien, Linz, Graz sowie der Bezirk Kufstein. Damit kommt es dort zu einer Verschärfung der Maskenpflicht. Kritik kommt aus der Opposition und den Ländern. Die Stadt Linz weigerte sich zunächst Verschärfungen durchzuführen, machte später aber einen Rückzieher.

Das System operiert mit den Farben Grün (niedriges Risiko), Gelb (mittleres), Orange (hohes) und Rot (sehr hohes Risiko). Das sei ein guter Überblick für die Bevölkerung über die regionale Entwicklung, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Bei "Gelb" - so wie es jetzt in vier Regionen der Fall ist - gebe es eine Verschärfung der Maskenpflicht im Handel, in der Gastronomie sowie bei Veranstaltungen, sagte Kurz. Bei "Orange" und "Rot" seien die Maßnahmen von ausgeprägterer Form. Alle Informationen werden über https://corona-ampel.gv.at/ veröffentlicht.

In Zukunft werde es wöchentlich einen Überblick über die regionale Entwicklung geben, sagte Kurz, "auch häufiger, wenn Gefahr im Verzug" ist. Die umfassende rechtliche Verankerung der Ampel wird erst Ende September erfolgen, dazu ist die Novellierung des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Maßnahmengesetzes notwendig.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte für die "gelben" Regionen zudem eine Verschärfung der Maskenpflicht auch im schulischen Bereich an. "'Grün' ist kein Freibrief", warnte Anschober. "Wir müssen weiterhin achtsam sein", es seien weiterhin die Basismaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und Abstand halten umzusetzen. "Gelb" bedeute ein mittleres Risiko, "ist aber kein Grund für Dramatik und Vorwürfe an Behörden." Die Städte hätten es derzeit einfach schwerer. Die Ampel sei nichts Statisches, da gebe es Dynamik nach oben und unten. So seien derzeit sechs Regionen über Wert, aber wurden von den Experten der Corona-Kommission noch nicht als "Gelb" eingestuft.

Der Ressortleiter verriet auch, dass es noch weitere sechs Regionen gegeben habe, bei denen die "7-Tagesinzidenz" eine Einstufung durch die Corona-Kommission notwendig machte, die dann aber aufgrund der vier Indikatoren zur weiteren Beurteilung nicht "gelb" wurden. Näher betrachtet wurden etwa in diesem Zusammenhang die Städte Innsbruck, Wels oder der Bezirk Linz-Land.

Höchst verärgert zeigte sich prompt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) und forderte die Bundesregierung gar dazu auf, die Ampel "aus dem Verkehr zu ziehen". Für ihn ist die "Farbgebung absolut nicht nachvollziehbar und steht in keiner Relation zur Realität in der Stadt". "Wir waren einigermaßen überrascht, um nicht zu sagen entsetzt", sagte der Stadtchef. Wenn man den Maßstab von Deutschland anlegt, wo 50 Infizierte pro 100.000 Einwohner als Grenze gelten, wäre man mit 30 Erkrankten pro 100.000 Einwohnern in Linz "safe". Daher werde man in Linz "keine wie immer gearteten Verschärfungen durchführen", kündigte der SPÖ-Bürgermeister in einer Pressekonferenz an.

Am Abend stellte Luger klar, dass er doch die verschärften Corona-Maßnahmen umsetzen wird. Voraussetzung dafür sei, dass die Regierung die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffe. Wenn von der Regierung der Rechtsstaat eingehalten werde, habe er das natürlich auch zu tun, sagte Luger in der "ZiB2".

Beistand bekam Luger von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der daher keine Empfehlung des Landes für Verschärfungen in Linz abgeben wollte. Stelzer ortet einen "klassischen Fehlstart bei der Corona-Ampel" und bezweifelt, dass der Gesundheitsminister die Kompetenz habe regionale Verschärfungen, wie eine Maskenpflicht auszusprechen: "Die Farben der Ampel kennen wir, für verpflichtende Konsequenzen aus einer Schaltung fehlen die rechtlichen Grundlagen." Angesichts dieser Zweifel des oberösterreichischen Landeshauptmanns, hielt Anschober gegenüber der APA fest, dass er sehr wohl auch eine regionale Maskenpflicht - etwa für die Stadt Linz - aussprechen kann. Laut Gesundheitsministerium habe der zuständige Verfassungsdienst klar festgestellt, dass Verordnungen auch seitens der Gemeinden und Länder umzusetzen seien.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wies die Kritik vor allem des Linzer Bürgermeisters Luger brüsk zurück. Im "Puls24"-Interview meint der Grünen-Chef: "Ich halte die Aufregung für künstlich" und wirft Luger vor, "nicht einmal die Rechtslage internalisiert" zu haben.

Wie in Linz zeigt man sich auch in Wien wenig angetan davon Gelb eingestuft worden zu sein. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte am Freitag mangelnde Transparenz. "Die Kriterien für die Ampel-Stellung müssen nachvollziehbar sein", forderte der Stadtchef in einer Aussendung. Er wies aber gleichzeitig darauf hin, dass Wien schon jetzt strengere Maßnahmen im Bereich des Mund-Nasen-Schutzes umsetze. So sei die Maskenpflicht in Amtsgebäuden nie aufgehoben worden, ebenso wie Zutrittsbeschränkungen und Corona-Checks beim Betreten von Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern oder Pflegeheimen.

In Tirol reagierte man auf die gelbe Corona-Ampel im Bezirk Kufstein verhalten. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte an, dass man sich an die derzeit empfohlenen verschärften Maßnahmen halten werde.

Voraussichtlich mit 11. September gelte in den mit Gelb eingestuften Städten und Bezirken Maskenpflicht in allen Geschäften und für das Servicepersonal in der Gastronomie. In Schulen solle es bereits ab Montag eine Verpflichtung für Mund-Nasen-Schutz beim Verlassen des Klassenzimmers geben. In Tirol beginnt die Schule allerdings erst Mitte September. "Bis dahin kann die Ampel wieder auf grün stehen", relativierte Platter.

Bei den Bundesparteien der Opposition stößt die Corona-Ampel auf wenig Gegenliebe. Die SPÖ warnte vor einem "Ampel-Chaos" wegen der ausständigen gesetzlichen Grundlage. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner fragte sich zudem, warum die Ampel erst jetzt - drei Tage vor Schulbeginn und nach dem Ende der Reisesaison - komme. "Wir hätten sie schon im Frühjahr gebraucht", so Rendi-Wagner.

FPÖ-Chef Norbert Hofer zeigte sich enttäuscht. "Experten ohne Ende und eine unüberschaubare Anzahl an Parametern, die in die Bewertung einfließen sollen, sind wohl nicht jene Transparenz, die sich Bürger und Wirtschaft erwarten", meinte er. Schärfer formulierte es Klubchef Herbert Kickl, der vor der "DDR 2.0" warnte.

Positiv reagierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. "Nach einer Reihe von inhaltsleeren Erklärungen hat die Regierung endlich unsere andauernde Kritik aufgenommen und einen Schritt zu mehr Klarheit für die Bevölkerung geliefert", so Loacker.

In den vergangenen 24 Stunden wurden in ganz Österreich übrigens 357 Covid-19-Neuerkrankungen registriert, 342 sind in dieser Zeit wieder genesen. Von Donnerstag auf Freitag wurden 14.232 Tests durchgeführt. Die positiven Fälle sind meist durch Reisen assoziiert. Am Freitag teilte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) mit, dass die effektive Reproduktionszahl des Coronavirus - wie viele Menschen steckt im Durchschnitt ein Betroffener an - in Österreich auf 1,02 gesunken ist. Am vergangenen Freitag hatte sie noch 1,14 betragen.

ribbon Zusammenfassung
  • Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte für die "gelben" Regionen zudem eine Verschärfung der Maskenpflicht auch im schulischen Bereich an.
  • "'Grün' ist kein Freibrief", warnte Anschober.
  • "Gelb" bedeute ein mittleres Risiko, "ist aber kein Grund für Dramatik und Vorwürfe an Behörden."
  • In Tirol reagierte man auf die gelbe Corona-Ampel im Bezirk Kufstein verhalten.
  • "Bis dahin kann die Ampel wieder auf grün stehen", relativierte Platter.