Berichte aus Spitälern: "Irgendwann war da nur mehr Chaos"
Ich schreibe das, weil ich mir nichts mehr wünsche, als dass die Menschen, die noch immer fröhlich shoppen gehen und einfach nicht SPÜREN was los ist, mehr Informationen bekommen. Ich mache niemanden einen Vorwurf, ich glaube, es wird viel zu abstrakt kommuniziert. Die Zahlen erreichen die Menschen nicht mehr, gegen die sind sie schon abgestumpft. Wenn ich aus dem Krankenhaus komme und das fröhliche Treiben draußen sehe, weiß ich nicht, ob ich verrückt bin, oder die anderen.
Auf den Covid-Normal-Stationen werden die Menschen von Dermatologen, Orthopäden, Gynäkologen und Kieferchirurgen betreut. Es gibt einen Lungenfacharzt, den sie anrufen können, wenn sie nicht weiterwissen.
Betten auf der Intensivstation bekommen nur mehr Menschen unter einem bestimmten Alter. (Anmerkung: Nicht bestätigt)
Die Covid-Normal-Stationen sind überfüllt mit alten Menschen, die zu Hause niemanden haben, der sie betreuen kann, obwohl dies teilweise zu Hause durchaus noch möglich wäre.
Intern kursieren Mails mit der Bitte um Mithilfe an Pflegekräfte aus allen Abteilungen, deren Ton nur mehr als flehentlich zu bezeichnen sind. ("Jede Stunde, jeder Tag den ihr bei uns mitarbeitet, würde uns entlasten. Überlegt bitte, ob ihr den nächsten Urlaub wirklich braucht.")
"Wir haben sechs Covid-Stationen - im März waren es zwei"
Wir haben derzeit sechs Covid-Stationen. Im März waren es zwei. Die Katastrophe, die wir im März alle erwartet haben und die wir zu Recht gefürchtet haben, ist jetzt eingetreten. Nur jetzt scheint dies die Menschen "draußen" nicht mehr zu berühren. Nicht mehr zu ängstigen.
Ich bin wirklich keine Freundin von Panikmache. Aber ich fand den Satz damals "Jeder wird bald jemanden kennen, der an Covid gestorben ist" nicht so verwerflich wie viele. Der Satz hat sich eingeprägt und die Menschen geschreckt. Das hat eine Änderung in ihrem Verhalten bewirkt.
Blöd, dass er zu früh abgefeuert wurde. Denn jetzt wäre er berechtigt.
"Wir hoffen, dass die totale Auslastungsgrenze nicht erreicht wird"
Ich arbeite als Pfleger auf einer Intensivstation. Wir haben sowohl Corona-Patienten als auch andere. Wir versuchen (Leitlinienkonform) die Intubation so lange es geht hinauszuzögern und die Patienten ohne diese über den Berg zu bringen, da die Sterblichkeit bei Intubierten viel höher ist. Das stellt uns und unsere Ärzte natürlich regelmäßig vor große Herausforderungen. Den richtigen Moment für eine etwaige Intubation nicht zu verpassen (zu spät ist auch schlecht) und andererseits ethisch richtige Entscheidungen treffen (Thema Ablehnung von Rettungsaufnahmen weil Covid Patient kommt etc).
Die Stimmung im Team ist den Umständen entsprechend gut, wir tun unser bestes. Es ist natürlich ein Lernprozess, der effizienteste Arbeitsablauf muss sich erstgearbeitet werden und ständig ändern sich die Vorgangsweisen. Behandlungsempfehlungen ändern sich gefühlt täglich. Wir hoffen alle stark, dass die totale Auslastungsgrenze nicht erreicht wird und wir nicht auf ungeschultes Personal angewiesen sein werden. Bis dahin beißen wir durch und freuen uns, wenn das alles irgendwann wieder vorbei ist.
"Massiver Mangel an Pflegepersonal"
Die Patientenanzahl nimmt Tag für Tag zu. Bereits jetzt gibt es einen massiven Mangel an Pflegepersonal, sodass viele Pflegepersonen von anderen Stationen aushelfen müssen. Das Problem dabei ist, dass die meisten Pflegekräfte eine andere Ausbildung haben. Jetzt müssen sie aber auf Lungenabteilungen arbeiten, auch auf Überwachungsstationen und haben keinerlei Ausbildung dafür. Sie werden einfach ins kalte Wasser geworfen, ohne jegliche Einschulung. Erst letzten Freitag um ca. 14:00 Uhr wurde eine Kollegin informiert, dass sie am Abend Nachtdienst machen muss. Die genannte Kollegin hat seit ihrer Ausbildung an keinem normalen Krankenbett gearbeitet, da sie an einer Tagesklinik und Übergangspflegebereich beschäftigt war und jetzt musste sie an einer IMC (eine Vorstufe zur Intensivstation) Nachtdienst machen mit Kollegen, die sie nicht kennt und von denen auch die meisten aus anderen Bereichen kommen. An so etwas wäre bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu denken gewesen.
Mitarbeiter warnen vor überlasteten Spitälern
"Wir sollen ohne jegliche Erfahrung Patienten pflegen"
Die Situation bei uns ist leider für uns Mittarbeiter nicht einsehbar, wir bekommen keinerlei Informationen von den Führungskräften wie viele Covid Patienten wir im Haus betreuen, wie viele Stationen als Covid Stationen gelten oder sonstige Informationen bzgl. der täglichen Situation im Haus was jedoch für unsere tägliche Arbeit wichtig wäre.
Wir wissen oftmals nicht ob der Schockraum von der Rettung befahren werden kann oder nicht. Die KollegInnen von der Chirurgie wissen oft morgens bei Dienstübergabe nicht ob und was am selben Tag operiert werden kann, da es keinerlei Informationen gibt, ob es freie Intensivbetten oder zumindestens Überwachungsbetten gibt.
Die Personalnot auf Intensivstationen ist schon seit Wochen so groß, dass das Pflegepersonal mit einer Intensivausbildung aus den Bereichen der Anästhesie, des Aufwachraums und aus der Zentralen Notaufnahme abgezogen wurden um die Intensivstationen am Laufen zu halten. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, wann dieses Personal das letzte Mal oder ob es überhaupt schon auf einer Intensivstation gearbeitet hat.
Man könnte auch sagen wir sollen ohne jegliche Erfahrung Patienten pflegen und überwachen. Ohne zu wissen, wie man die Überwachungsmaschinen bedient, wie die Beatmungsmaschinen bedient werden, wie die Patienten gelagert werden oder wie dokumentiert wird. Wir müssen Patienten Medikamente in Infusionen oder Perfusoren vorbereiten, ohne zu wissen was diese Medikamente bewirken, welche Wirkung und Wechselwirkung diese haben, in welcher Geschwindigkeit diese verabreicht werden dürfen.
Dies ist mehr als nur gefährliche Pflege. Obwohl Experten vor dem Herbst und Winter gewarnt haben, wurde in der eher ruhigen Sommerzeit die Zeit nicht genutzt, Personal rechtzeitig einzuschulen.
"Irgendwann war da nur mehr Chaos"
Ich arbeite auf einer Corona-Intensivstation. Wir hatten vor Corona sechs Betten. Nun haben wir 10, und zwei weitere werden im Lagerraum eingerichtet.
Ein Beispiel für einen Dienst: Gestartet sind wir mit "nur" 8 PatientInnen, die natürlich alle versorgt gehören, und das in voller Schutzmontur. Eh super dass wir sie haben, aber man schwitzt sich komplett nass und das macht das Ganze noch anstrengender. 3 PatientInnen brauchen zusätzlich Dialyse, 3 PatientInnen gehörten von der Bauchlage zurück auf den Rücken gedreht. Dafür braucht man jedesmal 3 bis 4 Leute. Eine Patientin lag im Sterben und kam leider viel zu kurz. Die anderen waren auch alle beatmet und waren ebenso anständig zu pflegen.
Kaum waren alle halbwegs versorgt, kam die erste Aufnahme. Diese bekam diverse notwendige Zugänge gestochen wurde intubiert und beatmet und danach ebenfalls in Bauchlage gebracht. Ziemlich zeitgleich kam eine zweite Aufnahme, bei der dasselbe zu tun war. Das Prozedere dauert ca 2 Stunden, im Zimmer stehen 2 Pflegepersonen und 1 Arzt. Als die erste Aufnahme halbwegs abgearbeitet war, verfiel plötzlich ein anderer Patient.
Irgendwann war da nur mehr Chaos, jeder hat irgendwem geholfen und wir haben die ganze Zeit durchgearbeitet ohne Pause und ohne etwas zu trinken - geschweige denn zu essen. Von den 12,5h Dienst bin ich ca 30 min gesamt gesessen - aber auch nur um ganz schnell mein Mittagessen in mich zu stopfen und gleichzeitig zu dokumentieren, hab viel zu wenig getrunken und kann mich jetzt kaum mehr rühren weil ich so fertig und müde bin. Ich bin Mitte 20 und eigentlich fit). Morgen darf ich wieder in den Dienst weil ein anderer Kollege ausgefallen ist und ich einspringen muss.
"Ich weiß nicht, wie es anschließen weitergehen soll"
Ich arbeite als Intensivpflegekraft in einem Bereich mit der Kapazität für 14 Intensivbetten. Bis 10 Betten sind für Covid bereit zu stellen. Zu Beginn waren es drei Betten, Mitte letzter Woche wurde auf 6 Betten erweitert, die auch gleich gefüllt wurden. Und nun wurden zusätzlich die letzten 4 Betten bereit gestellt, die auch schon bedient werden. Nur 4 Betten bleiben für internistische, neurologische Notfälle/ Patienten offen. Chirurgische Notfälle sollen/ werden anscheinend im Aufwachraum betreut werden. Zwei Normalstationen sind voller Covid, eine dritte wurde erweitert. Ich weiß nicht, wie es anschließen weitergehen soll. Andere Krankenhäuser sind anscheinend auch schon recht voll.
Einige Kollegen befinden sich momentan in Quarantäne, wir haben aber derzeit keine Personalprobleme auf der Intensivstation. Dies kann sich aber ganz schnell wieder ändern. Es gab immer wieder kleine Ausbrüche von infiziertem Personal. Und wenn eine hohe Belastung bei der Arbeit längere Zeit anhält, werden automatisch wieder mehr Krankenstände entstehen.
Wir bemühen uns täglich um die Pflege und Versorgung der Patientinnen , die wir momentan noch im gewohnten Standard leisten können. Die steigenden Zahlen machen uns aber Sorgen wie es in der nahen Zukunft sein wird, eventuell auch Patientinnen nicht mehr versorgen zu können. Auch andere Menschen, ohne Covid, werden erkranken und Betreuung im Krankenhaus benötigen.
"Wir müssen unsere Maske 12,5 Stunden tragen"
Ich arbeite auf einer Intensivstation. Wir haben derzeit noch "genug" Schutzausrüstung, wobei wir unsere Maske 12,5 Stunden tragen müssen
Der Zustand ist äußerst Kritisch da wir VIEL zu WENIG AUSGEBILDETES Personal haben. Wir haben extrem viele Überstunden und uns wird gesagt, dass das Arbeitszeitgesetz nicht mehr gilt - daher müssen wir arbeiten kommen und man tut es um seine Kollegen nicht im Stich zu lassen und den Patienten noch etwas Qualität zu geben.
Die Krankenstände häufen sich, da wir ausgebrannt werden.
Nicht nur, dass es generell zu wenig Pflegepersonal gibt, dadurch das wir von unserem Arbeitgeber und der Politik so im Stich gelassen werden, möchte kaum ein Mitarbeiter bis zur seiner Pension in diesem Beruf bleiben - durch die derzeitige Situation kenne ich Viele die einfach kündigen wollen oder sich nach der Krise etwas Neues suchen wollen.
Gerade jetzt merkt man wie das ausgebildete Personal auf den Intensivstationen fehlt und NEIN man kann da jetzt nicht einfach Personal von den Normalstationen einsetzen weil:
- Es die Sonderausbildungen für Spezialbereiche nicht umsonst gibt
- Wir mit hoch sensiblen Medikamenten und Geräten arbeiten
- Wir geschult auf Notfallsituationen sind
- Es in Diensten wo man eh schon unterbesetzt ist keine Zeit gibt auch noch Personal anzulernen
- Auch Normalstationen ihr Personal braucht
Den Personalmangel gab es schon vor Corona und jetzt merkt man ihn besonders und er wird nach Corona anhalten da viele sich einen anderen Beruf suchen werden.
Covid-Intensiv-Station in Oberösterreich: "Lage hat sich drastisch zugespitzt"
Seit 2 Wochen hat sich die Lage drastisch zugespitzt, unser Covid-Kontingent ist erschöpft. Hinzu kommt, dass bei unseren Kojen keine Schleusen vorhanden sind (außer bei einer Koje), was natürlich das Risiko, dass Viren aus der Koje dringen, erhöht. Unser Personal, vor allem die Pflege, arbeitet am absoluten Limit. Viele Kolleg*Innen sind krank und/oder Covid positiv, was vermutlich auch auf die widrigen Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist. Durch die vielen Ausfälle muss das verbleibende Personal laufend Dienste übernehmen, die Überstunden betragen bei manchen Mitarbeiter*Innen mehrere hundert Stunden - ein Abbau ist natürlich nicht in Aussicht. Zum Glück haben wir ein enorm großartiges Team, welches in diesen Zeiten einfach zusammenhält "weils ja eh ned hilft".
Intensiv-Kapazitäten in Oberösterreich bald am Limit
"Für so viele PatientInnen zuständig, dass es sich nicht ausgehen kann"
Die Abteilung war während dem Frühling nur minimal betroffen. Jetzt ist die ganze Abteilung eine Corona-Abteilung. Wenn es in den Medien heißt, es werden neue Bettenkapazitäten geschaffen, bedeutet dies, dass einfach noch mehr Betten in die Mehrbettzimmer geschoben werden. Bei gleich bleibendem Personal. Junge Ärztinnen und Ärzte sind für so viele PatientInnen zuständig, dass es sich nicht und nicht ausgehen kann. WC, Essen oder die eigenen Kinder vor dem Schlafengehen anrufen - es ist nicht möglich.
Angeblich freie Intensivbetten gibt es nicht. Das, wovon in den Medien berichtet wird, ist schlicht schön geredet. Es geht um Betten, die nicht mit Corona-PatientInnen belegt sind. Die Intensivstationen können mancherorts auch nicht einfach mit mehr Betten befüllt werden weil z.B. die Räume nicht groß genug sind. Oder es nicht genug Geräte gibt. Was es jedenfalls nicht gibt: genug Personal. Aber der Zusammenhalt in der Abteilung ist riesig.
"Kardiologische PatientInnen können wir schon lange nicht mehr versorgen"
Ich arbeite in einem Krankenhaus auf einer Intensivstation und es ist eine Katastrophe. Seit Wochen sind wir überfüllt mit Patienten und Patientinnen die Corona haben. Unsere kardiologischen PatientInnen können wir schon lange nicht mehr versorgen. Wir sind chronisch unterbesetzt. Viele von der Pflege haben gekündigt oder sich umorientiert. Zusätzlich müssen wir alle viele Zusatzdienste machen - auf unserer Station und auch auf anderen Stationen. Es wird sogar verlangt dass wenn man Kontakt mit einem positiven Patienten hatte und nicht ausreichend geschützt war trotzdem in den Dienst zu gehen. Jeder müsste in Quarantäne aber Pfleger und Ärzte die mit kritisch kranken Menschen arbeiten dürfen weiter arbeiten! Der Zugang zu Schutzausrüstung ist auch erschwert. Corona Bonus bekommen nur manche. Alles insgesamt sehr unfair. Also es spitzt sich immer mehr und mehr zu.
"Ich habe verzweifelt nach einem freien Intensivbett gesucht"
Während unser Gesundheitsminister noch von den zahlreichen freien Intensivbetten erzählt hat, habe ich verzweifelt ein Intensivbett für eine nicht-Covid-Patientin gesucht. In ganz Burgenland sowie in allen halbwegs nahen Spitälern in Niederösterreich war kein Bett frei. Das war vor ca. zwei Wochen, wie die Fallzahlen noch wesentlich geringer waren.
"Schlussendlich leiden die Patienten darunter"
Es sind irgendwie alle schon ziemlich müde, von diesen fiktiven Betten, die zur Verfügung stehen sollten - das geschulte Personal fehlt dafür auch.
Es ist ein Jammer, dass über den Sommer so viel verabsäumt wurde - man hätte doch auch Fortbildungen bzgl. Beatmungsgeräte und dergleichen anbieten können. Stattdessen wird in vielen Krankenhäusern Personal von den Normalstationen mit minimaler Intensiverfahrung (zB ein Praktikum während der Ausbildung) abgezogen und auf die entstehenden Covid-(Intensiv)Stationen eingesetzt.
Auf den Normalstationen heißt das natürlich wiederum, dass noch weniger Personal zur Verfügung steht.
Schlussendlich leiden die Pat. darunter, die eigentlich unter unserem Schutz stehen. Die Überforderung entsteht dadurch, dass es im Stationsalltag oft schwer fällt zu priorisieren, was bedeutet, jeder möchte seine Arbeit so gut wie möglich erbringen - auch wenn es einem jede Kraft und Energie nimmt.
Es macht nämlich keinen Unterschied, ob zu zweit oder zu viert im Dienst: es geht um den Menschen, das bestmögliche wird immer versucht, auch wenn man selbst dafür an seine Grenzen stößt.
"Alles basiert auf dem 'learning by doing' Prinzip"
Vor der Pandemie hatten wir zwei Aufwachräume, in denen Patienten nach großen sowie kleinen Eingriffen postoperativ betreut wurden und danach zur weiteren Betreuung auf die Normalstationen verlegt wurden. Bei größeren Eingriffen oder bei geringgradiger Blutdruckinstabilität oder Auffälligkeiten, die einer genaueren postoperativen Überwachung bedurften, blieben die Patienten über Nacht im Aufwachraum und wurden am nächsten Tag in stabilem Zustand auf die Normalstation verlegt bzw. wurden bei nicht stabilem Zustandsbild auf die Intensivstation übernommen.
Dann kam Corona....
Nun wurde im Aufwachraum, in dem Personal mit normaler Basisausbildung arbeitet, innerhalb von drei Tagen eine Intermediate Care etabliert. Was bedeutet das für uns?
Wir bekommen intensivpflichtige Patienten mit sehr aufwändiger Pflegezuwendung ohne jemals dafür geschult worden zu sein, noch die personellen Voraussetzungen zu haben. Es wurde weder Personal aufgestockt, oder sich die ärztliche Betreuung überlegt. Diese Patienten werden neben dem nicht reduzierten OP Programm betreut. Somit ist keine 1 zu 2 Betreuung möglich wie es auf einer Intensivstation üblich ist. Weiters gibt es für diese Patienten auch keinerlei Privatsphäre, da diese sich mit bis zu 9 Patienten im selben Raum befinden. Alles basiert auf dem "learning by doing" Prinzip bei gleichzeitig voller Haftbarkeit bei Fehlern. Zusätzlich zu den intensivpflichtigen Patienten und den normalen postoperativen Patienten betreuen wir auch Corona-positive Patienten postoperativ. Was das an zusätzlichem Aufwand durch Ein- und Ausschleusen bedeutet, muss ich nicht erläutern. Man gibt einfach sein bestes und hofft, dass nix passiert.
"Wir fühlen uns verunsichert und alleine gelassen"
Wir fühlen uns verunsichert und alleine gelassen. Vor Corona bekommen wir wichtige Fortbildungen nicht bewilligt, weil diese zu viel Geld kosten, während Corona wird gleichzeitig von uns verlangt plötzlich Intensivstation zu spielen. Weiters wird trotzdem Personal für die Intensivstationen abgezogen und massenhaft Überstunden produziert. Falls man auf die Intensivstationen versetzt wird, bekommt man eine 4 Tage crash Einschulung und führt dann selbstständig Patienten, die man nie zuvor betreut hat, mit einem Dokuprogramm, das man nie zuvor gesehen hat.
Es gibt Gründe für Einschulungen, Sonderausbildungen und Weiterbildungen. Mir ist klar, dass man während dieser Pandemie nicht dem normalen Procedere nachgehen kann, aber ich erwarte mir als Basismitarbeiterin in diese Prozesse eingebunden zu werden. Ich erwarte mir keine Zwangsversetzungen, wenn wir alle schon psychisch an der Grenze des Machbaren sind. Ich erwarte mir adäquate Schutzausrüstung, wo nicht nur FFP2 draufsteht sondern auch drin ist. Stattdessen bekommen wir FFP2 Masken, wo auf der Verpackung non-medical draufsteht und welche keinenfalls dicht sind. Damit betreuen wir Coronapositive Patienten. FFP3 Masken stehen uns nicht zur Verfügung. Diese sollen nur bei starker Aerosolbildung angewendet werden. Dazu muss ich sagen, dass wir durchaus absaugen, vernebeln und im Notfall Intubieren und den Pateinten beatmen. Wenn ich mir in dieser Notsituation eine sowieso nicht vorhandene FFP3 Maske holen soll, bevor ich den Patienten versorge, ist dies für mich fahrlässig und auf keinen Fall zum Patientenwohl.
Rettungsmitarbeiter in Oberösterreich: "Wir müssen Patienten quer durch das Land transportieren"
Rohrbach, Freistadt, Braunau, Schärding – die sind alle voll. Am Dienstag kam das Rundschreiben, dass Steyr voll ist. Darum müssen wir Patienten quer durch das Land nach Linz transportieren. Dort ist das nächste freie Bett für einen Corona-Fall. Der grundfalsche Gedanke ist, dass wir die Spitalskapazität an den Intensivbetten messen. Das ist einer der letzten Bereiche, wo es kritisch wird. Es sind die Normalstationen, auf denen es kracht. Wir müssen viele ins Krankenhaus bringen, weil sie allein sind und von den Hausärzten nicht betreut werden, wenn sie positiv sind. Es gibt nur eine einzige Ärztin für das ganze Land Oberösterreich, die Corona-Patienten betreut. Die fährt durch das ganze Land, allein. Sie kommt oft einfach nicht rechtzeitig hin. Jeder, der sagt, das war nicht vorhersehbar, lügt. Wir wissen das seit Mitte September. Wir wissen das seit zwei Monaten.
"Personalmangel langsam nicht mehr tragbar"
Schon seit längerem überkommt mich ein beklemmendes Gefühl. Ein Gefühl der Hilflosigkeit, ein Gefühl nicht gesehen und gehört zu werden und ein Gefühl 120 Prozent geben zu müssen ohne zu wissen, wie lange meine persönlichen Kapazitäten noch dafür ausreichen. Hinzu kommen die täglichen Berichte in den Medien, die über die Situation in den Krankenhäusern berichten. Hauptsächlich reduziert auf Bettenkapazitäten und deren Auslastung. Natürlich in der jetzigen Situation nicht unwichtig. Jedoch werden essenzielle Probleme nicht erwähnt.
Ich arbeite seit Jahren diplomierte Krankenpflegerin auf Intensivstationen. Schon immer war der Personalmangel spürbar und ein Teil unseres Berufsalltages. Vieles wird durch permanente Zusatzdienste durch das Pflegepersonal gut verschleiert. Die Patientinnen und Patienten müssen versorgt werden und das hat für uns oberste Priorität. Das bedeutet, dass wir vor der Covid-Krise schon des Öfteren an unsere Grenzen gestoßen sind. Nun hat sich die Lage drastisch verändert. Seit März gehen wir täglich in die Arbeit und wissen nicht welche neuen Arbeitsbedingungen uns erwarten.
Der Personalmangel wird langsam nicht mehr tragbar. Gerade durch den erhöhten Bedarf an Intensivbetten für Patientinnen und Patienten die an Covid erkrankt sind, finden nun dramatische Umstrukturierungen in den Krankenhäusern statt. Durch Mangel an Intensivpflegerinnen und Intensivpflegern, werden nun Kolleginnen und Kollegen von Normalstationen dazu aufgefordert auf den Intensivstationen Dienste zu machen. Dazu muss gesagt werden, dass nicht umsonst eine Sonderausbildung zur Intensivpflege innerhalb von 5 Jahren der Berufstätigkeit auf einer Intensivstation zu absolvieren ist.
Zusätzlich wird normalerweise neues Personal auf einer Intensivstation drei bis sechs Monate eingeschult. Somit ist klar ersichtlich, dass hier Kolleginnen und Kollegen von den Normalstationen einer totalen Überforderung ausgesetzt sind. Auf der Intensivstation arbeiten wir mit hoch sensiblen Medikamenten, Geräten usw. Dafür fehlt aber unseren Kolleginnen und Kollegen auf der Normalstation das dafür benötigte Knowhow. Obwohl wir sehr dankbar sind, dass diese dazu bereit sind uns auszuhelfen, sehen wir das dennoch auf vielen Ebenen als sehr kritisch an. Nicht zu vergessen, dass die Normalstationen teilweise auf mehr Betten aufstocken, um auch Covid Patientinnen und Patienten versorgen zu können. Somit wird dort ebenfalls dringend Personal benötigt. Durch diese Personalaufteilung ist niemandem geholfen. Der Pflegemangel wird dadurch nicht behoben, sondern eigentlich auf den wichtigen Stationen immer größer.
"Ich wurde vorgestern positiv getestet und muss übermorgen wieder arbeiten"
Wir haben Covid-Patienten und normale Patienten. Die Abtrennung zwischen den Stationen ist ein simpler Paravent. Mittlerweile sind sechs Kollegen inkl. mir positiv. Wir hätten laut Hygieneanweisung ohne Schutzkleidung, nur mit FFP2 Maske, zu den Patienten gehen können, wenn keine pflegerisch aufwändigeren Tätigkeiten zu machen wären. Darunter fiel auch die Blutabnahme. Nur: Viele Entscheidungsträger haben vergessen, wie Menschen sind. Die husten dich an und denken sich nichts dabei.
Und zack! ist man kontaminiert. Ich wurde vorgestern positiv getestet und muss übermorgen wieder arbeiten gehen - weil auf der Station die Pflegekräfte ausgehen. Eigentlich bin ich mit Familie in Quarantäne. Ich muss mich absichern mit irgendeiner Bestätigung, falls eine Kontrolle kommt.
Zusammenfassung
- PULS 24 Infochefin Corinna Milborn hat Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Österreichs Spitälern gebeten, ihre aktuellen Erfahrungen zu schildern.
- Sie berichten von überfüllten Intensivstationen, überlasteten Pflegekräften und Patienten, die nicht mehr behandelt werden können.