Bereits sechster Femizid: "Katastrophe für alle Frauen"

Innerhalb weniger Tage wurden sechs Frauen in Österreich getötet. Um Frauen und Mädchen effektiv zu schützen, müsse in der österreichischen Politik mehr getan werden, fordert Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR). Es brauche einen nationalen Aktionsplan.

Binnen eines Tages wurden am Freitag fünf ermordete Frauen von der Polizei gefunden. Somit kam es innerhalb von 24 Stunden zu genauso vielen Femiziden in Wien, wie im gesamten Jahr 2023, wie die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF) bekannt gaben.

Eine 51-jährige Frau und ihre 13-jährige Tochter wurden leblos aufgefunden - verdächtigt wird derzeit der Ehemann bzw. Vater. Zudem wurden drei weitere Frauen in einem Wiener Bordell getötet - der festgenommene Verdächtige zeige sich "grundsätzlich geständig". 

Am Montag kam es schon wieder zu einem Femizid. Während in der traurigen Statistik die Zahl der Frauenmorde immer weiter ansteigt, stellt sich die berechtigte Frage: Wird in Österreich genug für den Schutz von Frauen getan?

"Katastrophe für alle Frauen in Österreich"

"Dieser schwarze Freitag ist eine Katastrophe für alle Frauen in Österreich", so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR) im PULS 24-Interview.

In Österreich gebe es viele Gesetze. Gehe es aber um den Schutz von Frauen, dann gebe es da noch "sehr viel Luft nach oben im Gewaltschutz", so Frieben. Österreich habe sich zur Umsetzung der Istanbul-Konvention verpflichtet, einem völkerrechtlichen Abkommen, das Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen soll. "Das passiert aber in der Form derzeit nicht", kritisiert die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings. 

Es brauche eine Gesamtstrategie in Form eines nationalen Aktionsplans, um "Frauen in allen Lebens- und Berufslagen zu schützen". "Und das fehlt ganz einfach".

APA/MAX SLOVENCIK

"Patriarchalische Strukturen zu tief verwurzelt"

Das allgemeine Problem in Österreich sei, dass "diese patriarchalischen Strukturen zu tief verwurzelt" seien. Gerade im häuslichen Bereich würden zum Beispiel viele Männer bei einer Trennung "in ihrer Ehre verletzt" sein. Würden sie "ihr Eigentum Frau" verlieren, würden sich manche Männer das Recht nehmen, "über das Leben und die Gesundheit der Frau zu entscheiden".

2023 habe es 15.000 Betretungs- und Annäherungsverbote gegeben - "dahinter stehen Schicksale, Menschen". Dahinter stehen "Frauen und ihre Kinder, die bedroht oder misshandelt worden sind".

Zum Schutz von Frauen würden "offensichtlich nicht alle Systeme genutzt werden", meint Frieben. Die derzeitigen Ereignisse seien Gründe für einen sofortigen Krisenstab.

Anlaufstellen nicht ausreichend bekannt

Die Notrufnummern und Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen würden nicht ausreichend zu diesen vordringen. Es gebe viel zu wenig Informationen dazu: "Es hilft halt nicht immer nur ab und zu eine Zeitungsanzeige zu machen, einen Flyer. Wir brauchen eine ganz massive Bewusstseinskampagne in Österreich", so Frieben. 

Es brauche auch ein ganz klares Zeichen der Politik, dass "Männergewalt in Österreich nicht toleriert wird". Bereits in der Bildungspolitik müsse man anfangen, das zu vermitteln. Es brauche auch die Männer in Österreich, die sich für Frauen einsetzen, vor allem aber ein "gutes Wort seitens der Staatsspitze", von der man seit Freitag "kein Wort" zu den Vorfällen gehört habe.

Der Appell des Österreichischen Frauenrings: "Endlich diesen Aktionsplan anzugehen." Expert:innen und Frauenorganisationen sollten mit einbezogen werden, um zu schauen, wo es Lücken gibt und was man umfassend machen kann. "Einen Plan, der wirklich verbindlich ist, bei Gewalt gegen Frauen", betont die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings.

Gewalt gegen Frauen Femizid Notrufnummern Satzl häusliche Gewalt
ribbon Zusammenfassung
  • Binnen eines Tages wurden am Freitag fünf ermordete Frauen von der Polizei gefunden.
  • Am Montag kam es schon wieder zu einem Femizid.
  • Während in der traurigen Statistik die Zahl der Frauenmorde immer weiter ansteigt, stellt sich die berechtigte Frage: Wird in Österreich genug für den Schutz von Frauen getan?
  • Um Frauen und Mädchen effektiv zu schützen, müsse in der österreichischen Politik mehr getan werden, fordert Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR).
  • Es brauche ein ganz klares Zeichen der Politik, dass "Männergewalt in Österreich nicht toleriert wird".