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Anstieg von Typ-1-Diabetes bei Kindern während Pandemie

In Österreich leben etwa 1.600 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren mit Typ-1-Diabetes. In dieser Altersgruppe wurde hierzulande in den vergangenen 30 Jahren ein stetiger Anstieg beobachtet. Eine deutsche Studie zeigt nun einen zusätzlichen Zuwachs in unserem Nachbarland bei Kindern und Jugendlichen zwischen Jänner 2020 und Juni 2021, also ab Beginn der Corona-Pandemie, berichtete der Verein cuko am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Der Hintergrund ist unklar.

Die Covid-19-Impfung ist jedenfalls als Ursache auszuschließen, da der beobachtete Anstieg ausschließlich Kinder und Jugendliche betraf, für die zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Impfung zur Verfügung stand. Die Studie wird auch kritisch gesehen. "Hintergrund dafür ist, dass Inzidenzzahlen beim Diabetes stärkeren Schwankungen unterliegen. Verlässliche Aussagen über einen klaren Anstieg können daher nur über einen längeren Beobachtungszeitraum gemacht werden", erläuterte Gabriele Berger, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde und Leiterin der Interessensgemeinschaft pädiatrische Psychodiabetologie der Österreichischen Diabetesgesellschaft.

Berger berichtete aber von der seit der Pandemie hohen Rate jener Kinder und Jugendlichen in Österreich, bei denen Diabetes erst dann erkannt wird, wenn sie sich bereits in einem ernsten Zustand - einer diabetischen Stoffwechselentgleisung mit Ketoazidose - befinden. Eine Entgleisung bei der Neuerkrankung kann lebensbedrohlich sein, neurologische Spätfolgen verursachen, und ein Zusammenhang zu einer langfristig schlechteren Blutzuckereinstellung besteht, warnte sie. Bereits vor der Pandemie war die Rate von rund 40 Prozent Entgleisung bei Erstdiagnose in Österreich im internationalen Vergleich zu hoch, seit Pandemiebeginn ist die Rate noch weiter auf 60 Prozent angestiegen.

Dabei gehen erste Diabetessymptome einer Entgleisung oft bereits um Tage oder Wochen voraus und sollten rasch erkannt werden. "Bei Kindern, die plötzlich mehr trinken und vermehrten Harndrang haben, vielleicht auch Gewicht verlieren, müde und abgeschlagen sind, soll unbedingt an Diabetes gedacht werden. Es muss unverzüglich eine kinderärztliche Abklärung erfolgen, bei der durch eine Harnuntersuchung oder eine winzige Blutprobe aus der Fingerspitze der Verdacht erhärtet werden und so eine Abklärung und Behandlung rasch in die Wege geleitet werden kann", appellierte Berger.

Für die Behandlung und den Therapieerfolg brauche es ein hoch spezialisiertes multidisziplinäres Behandlungsteam aus Medizin, Pflege, Psychologie, Diabetesberatung, Diätologie und Sozialer Arbeit. "Es gibt internationale Guidelines und Empfehlungen, nur liegen wir in Österreich weit darunter, sowohl in der Versorgung an der Klinik als auch im extramuralen Bereich", sagte Marianne König, klinische und Gesundheitspsychologin mit Schwerpunkt Diabetes am AKH Wien und Vorstand des Vereins cuko, der Familien bei chronischen Erkrankungen unterstützt.

So gebe es etwa für Familien im ersten Monat nach der Diagnose von Typ-1-Diabetes eines Kindes Unterstützung durch mobile Kinderkrankenpflege, die allerdings in Österreich nicht einheitlich geregelt ist. Was es laut den Expertinnen dringend braucht, ist eine professionelle psychosoziale Versorgung auch außerhalb von Spitälern. Niederschwellige und inklusive Angebote sowie deren Kostendeckung für die Betroffenen fehlen genau so wie eine eigene Beratungsstelle für junge Menschen mit Diabetes, hieß es bei der Pressekonferenz.

Typ-1-Diabetes ist einer Autoimmunerkrankung in deren Folge die Zellen der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produzieren. Die Ursache ist nach wie vor nicht genau bekannt. Man vermutet, dass einerseits die Genetik, andererseits auch Infektionen und Umweltfaktoren eine Rolle spielen, dass ein bisher gesundes Kind oder Jugendlicher plötzlich an Diabetes Typ 1 erkrankt.

(S E R V I C E - www.cuko.care)

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich leben etwa 1.600 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren mit Typ-1-Diabetes.
  • In dieser Altersgruppe wurde hierzulande in den vergangenen 30 Jahren ein stetiger Anstieg beobachtet.
  • Bereits vor der Pandemie war die Rate von rund 40 Prozent Entgleisung bei Erstdiagnose in Österreich im internationalen Vergleich zu hoch, seit Pandemiebeginn ist die Rate noch weiter auf 60 Prozent angestiegen.