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Übergewinnsteuer: Wie Staaten Gewinne abschöpfen - und was es bringt

Zahlreiche Energiekonzerne freuen sich derzeit über sprudelnde Gewinne als Folge des Ukraine-Kriegs, während die hohen Energiepreise für die Bevölkerung eine Belastung sind. Teile der Politik rufen deshalb nach einer Übergewinnsteuer.

Nahezu weltweit wird derzeit über die Einführung einer Steuer auf Übergewinne von Energieunternehmen diskutiert. Bei der Übergewinnsteuer, auch "Windfall Tax" genannt, handelt es um eine Steuer bei der Gewinne von Unternehmen abgeschöpft werden, die über den "Normalgewinn" hinausgehen. Was als "Normalgewinn" angenommen wird, ist jedoch eine Frage der Definition.

Jedenfalls sollen mit einer solchen Steuer die stark steigenden Energiepreise für die Bevölkerung gedämpft werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Übergewinnsteuern in Krisenzeiten nichts unübliches sind. Federführend waren dabei die eigentlich als wirtschaftsliberal geltenden Länder USA und Großbritannien.

USA als Pioniere

So führte der US-Bundesstaat Georgia bereits 1863 derartige Abgaben ein. Betriebe, die vom Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) profitierten, sollten damit belegt werden. Auch im Zuge des Ersten Weltkriegs zählten zahlreiche Unternehmen zu den wirtschaftlichen Kriegsgewinnern, weshalb Großbritannien und die USA im Jahr 1917 solche Steuern zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen einsetzte.

Der zusätzliche Gewinn wurde mit einer Steuerrate von bis zu 80 Prozent belegt. Der Übergewinn wurde als Differenz zu den Gewinnen in den Vorkriegsjahren definiert. Auch während des Zweiten Weltkriegs, von 1940-1945, galt in den USA eine solche Steuer mit unterschiedlichen Sätzen.

Öl-Industrie florierte trotz Übergewinnsteuer

Doch auch zu Friedenszeiten wurden Unternehmen mit einer solchen Steuer belegt. Großbritannien forderte 1981 eine einmalige Abgabe von Banken, die sich aus der Rezession flüchten wollte. Die USA schöpften 1980 nach einem starken Preisanstieg Übergewinne von Ölkonzernen ab.

In der aktuellen Diskussion warnen die betroffenen Unternehmen oft davor, dass mit einer Übergewinnsteuer auch Investitionen, beispielsweise in den Ausbau der erneuerbaren Energie, zurückgehen würden. Zumindest in Großbritannien war das jedoch nicht der Fall. Aus Anlass der stark steigenden Ölpreise 1982 führte die Regierung unter der konservativen Premierministerin Margret Thatcher eine Übergewinnsteuer für Ölkonzerne ein. Rund 2,4 Milliarden Pfund spülte das in die Staatskasse. Bedenken, dass Investitionen durch diese Maßnahme zurückgehen würden, zerstreuten sich - die Industrie prosperierte.

Übergewinnsteuer wieder in Kraft

Im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 wurden die Rufe nach einer neuerlichen Einführung einer Übergewinnsteuer laut, da der Ölpreis wieder hochschnellte. Die Gaspreise hatten sich zudem seit dem Jahr 2000 verdoppelt, der Strompreis stieg um zwei Drittel, der Gewinn der Energieunternehmen versechsfachte sich binnen drei Jahren. Premierminister Gordon Brown entschied sich jedoch dagegen, da er aufgrund der steigenden Rezession weiteren wirtschaftlichen Schaden befürchtete.

Seit Mai gilt in Großbritannien wieder eine Übergewinnsteuer: Öl- und Gaskonzerne müssen pauschal 25 Prozent mehr auf ihre Gewinne bis Jahresende zahlen.

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Die EU-Kommission sprach sich bereits im Frühjahr für eine Übergewinnsteuer aus. EU-Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova sagte, eine solche Steuer - richtig angewendet - sei gut und effizient, denn diese Steuer ziele nur auf zusätzliche Staatseinnahmen durch die zeitweiligen Übergewinne - Unternehmensentscheidungen würden dadurch nicht beeinflusst.

Wo noch diskutiert wird

Auch in Österreich begann eine Debatte darüber. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach sich im Mai für eine Abschöpfung von Übergewinnen aus. Während Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärte, dass er "Strafsteuern" nichts abgewinnen könne, ist Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dafür. Seitdem ist die Diskussion festgefahren.

In Deutschland wird ebenfalls noch diskutiert. Die Grünen fordern seit langem eine Steuer auf Übergewinne, die SPD hält sie für ein "sehr überlegenswertes Instrument", wohingegen die FDP strikt dagegen ist.

Eine Studie der im Auftrag der Linke-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung aus Deutschland zeigt unterdessen, dass eine solche Besteuerung von "Zufallsgewinnen" hohe Summen bringen würde. So seien für Deutschland "Einnahmen in Höhe von 30 bis 100 Milliarden Euro pro Jahr möglich", heißt es in der Untersuchung.

Auch in den USA wird derzeit wieder über eine Einführung von Sondersteuern für Öl- und Erdgasproduzenten gerungen. Unklar ist jedoch, ob derartige Maßnahmen im Kongress eine Mehrheit bekämen. Im November finden die Midterm Elections statt.

Wo bereits gehandelt wurde

Andere Länder haben eine Übergewinnsteuer bereits umgesetzt. Italien hat bereits im März eine Steuer auf Zusatzgewinne von Energieunternehmen beschlossen. Zunächst lag sie bei zehn Prozent, inzwischen werden 25 Prozent auf die Umsatzerlöse erhoben, wenn sie mindestens zehn Prozent über dem Vorjahreszeitraum liegen und mehr als fünf Millionen Euro ausmachen. Schätzungen zufolge werden damit rund sechseinhalb Milliarden Euro in die Staatskasse gespült.

Griechenland hat im Mai ein Klimagesetz mit einer Übergewinnsteuer beschlossen. Im Zeitraum von Oktober 2021 bis Ende Juni 2022 werden dafür die im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat erzielten Übergewinne ermittelt, die dann mit 90 Prozent besteuert werden. 400 Millionen Euro soll das bringen.

In Rumänien müssen Stromerzeuger bereits seit Herbst letzten Jahres eine Übergewinnsteuer bezahlen. Diese bezieht sich aber auf den Verkaufspreis für den Strom. Die Differenz des durchschnittlichen monatlichen Strompreises und dem Referenzwert von 450 rumänischen Leu (91 Euro) pro Megawattstunde wird mit 80 Prozent besteuert.

Auch Ungarn schöpft kriegsbedingte Übergewinne von Energiekonzernen und Banken ab. Die Sondersteuer soll in diesem und im kommenden Jahr eingehoben werden. Die ungarische Regierung rechnet mit Einnahmen von mehr als zwei Milliarden Euro. "Wir nehmen nicht den Gewinn, sondern den Übergewinn weg", sagte Marton Nagy, der Minister für wirtschaftliche Entwicklung.

Spanien will mit einer Übergewinn-Steuer von 1,2 Prozent für Energieunternehmen und einer Zusatzsteuer für Banken und Finanzinstitute von 4,8 Prozent insgesamt sieben Milliarde Euro lukrieren. "Die Schwierigkeiten einer Mehrheit können nicht der Profit einer Minderheit sein", erklärte der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez.

Auch Belgien beabsichtigt, Übergewinne von Energieunternehmen mit 25 Prozent zu besteuern und mit den Einnahmen die Energiekosten für Privathaushalte zu senken. Das Gesetz würde alle Lieferanten, Produzenten und Händler von Strom und Gas in Belgien betreffen.

ribbon Zusammenfassung
  • Zahlreiche Energiekonzerne freuen sich derzeit über sprudelnde Gewinne als Folge des Ukraine-Kriegs, während die hohen Energiepreise für die Bevölkerung eine Belastung sind.
  • Teile der Politik rufen deshalb nach einer Übergewinnsteuer. Das alles ist nicht neu, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt.
  • Und auch aktuell greifen ienige Lädner daruaf zurück.