Spannung vor ÖOC-Vorstandswahl
Die Wahl ist jedenfalls überfällig, wegen der Verschiebung der Tokio-Spiele wurde sie von 2021 auf 2023 verlegt. Nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Entwicklungen inklusive schwerer Vorwürfe gegen Generalsekretär Peter Mennel und die ÖOC-Spitze ist es fraglich, ob die Wahl überhaupt wie geplant abgehalten wird. Am Donnerstagabend teilte das ÖOC mit, dass ein Schlichtungsverfahren in der Causa über die Abberufung eines früheren Wahlausschusses gescheitert sei, weil ein Mitglied der dreiköpfigen Schlichtungseinrichtung sein Mandat zurückgelegt habe. "Damit kann die Schlichtungseinrichtung keine Empfehlung aussprechen", hieß es.
Die verbleibenden zwei Mitglieder vertraten allerdings eine andere Rechtsansicht. Demnach konnte aufgrund einer gegebenen Mehrheit trotzdem ein Schiedsspruch gesetzt und damit eine Empfehlung ausgesprochen werden. Laut APA-Informationen zog Hans Spohn, Präsident des Österreichischen Eisschnelllaufverbandes, sein Mandat zurück. Hans Niessl, der dem vereinsinternen Schiedsgericht vorsteht, und Jurist Werner Suppan, Vizepräsident der Sportunion Wien und Anwalt von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, empfahlen, dass die Statuten überarbeitet werden sollten, damit in Zukunft Klarheit herrsche. Die Absetzung des früheren Wahlausschusses sei zudem nicht statutenkonform gewesen.
Bei der Hauptversammlung sind 40 Sportverbände, Stoss als IOC-Mitglied und zwei Athletenvertreterinnen stimmberechtigt. Ebenso über jeweils ein Votum verfügen die Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion sowie Sport Austria. Letztere hatten sich im seit Monaten andauernden Konflikt immer wieder kritisch gegenüber der ÖOC-Führung zu Wort gemeldet. Sie sind bisher als kooptierte Mitglieder ohne Stimmrecht auch im Vorstand vertreten. Ob und wer künftig kooptiert wird, entscheidet der neue Vorstand.
Die elf neu zu wählenden Vorstandsmitglieder inklusive der drei nominierten Vizepräsidentinnen Elisabeth Max-Theurer (Pferdesportverband), Markus Prock (Rodeln) und Sonja Spendelhofer (Leichtathletik) benötigen eine einfache Mehrheit. Der bereits seit 2009 amtierende Stoss braucht für seine erneute Wiederwahl eine Zweidrittelmehrheit.
Die Hälfte der zwölf Kandidaten wie der Präsident und Max-Theurer gehörten dem Vorstand auch schon bisher an. Von den fünf seit Monaten als Opposition gegen die ÖOC-Spitze auftretenden Fachverbänden sind im Wahlvorschlag Johannes Goess-Saurau (Golf) und Gabriela Jahn (Turnen) mit Posten bedacht.
Die Zusammensetzung künftiger Wahlausschüsse steht am Freitag ebenfalls zur Debatte. Es liegt laut Tagesordnung ein dementsprechender Antrag vor, der den Dachverbänden nicht gefällt. Die Bildung des Ausschusses, der die Wahl vorzubereiten hat, war nur einer von mehreren Aufregern der vergangenen Wochen und Monate. Besonders schwer wiegen wohl nicht zufällig kurz vor der Neuwahl aufgetauchte Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Crowdfunding-Plattform gegen Mennel und das ÖOC-Präsidium. Diese weisen die Untreue-Anschuldigungen zurück, für sie gilt die Unschuldsvermutung.
Die angeblichen Verfehlungen mit einem beträchtlichen Schaden zulasten der ÖOC-Mitgliederverbände wurden mittels Sachverhaltsdarstellung durch einen Anwalt im Namen anonym bleibender Kritiker bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Die Behörde sieht nach einer ersten Prüfung einen hinreichenden Anfangsverdacht und hat weitere Erhebungen angeordnet. Die ÖOC-Vertreter weisen sämtliche Vorwürfe zurück und gehen mit Rechtsmitteln gegen die Anzeiger vor.
In einer anderen Causa sorgten der An- und spätere Verkauf einer Liegenschaft des früheren Generalsekretärs durch die jetzige ÖOC-Führung für Schlagzeilen. Im Zusammenhang mit dem medial breitgetretenen Immobiliendeal wird Mennel schlechte Geschäftsgebarung vorgeworfen, er widerspricht den Behauptungen vehement.
Zusammenfassung
- Ungeachtet anhaltender Querschüsse soll die ÖOC-Vorstandswahl mit der Wiederbestellung von Präsident Karl Stoss am Freitag abgewickelt werden.
- Die Hauptversammlung des Österreichischen Olympischen Komitees ist aufgerufen, in Wien über die Besetzung der Spitzenfunktionen abzustimmen.
- Die Namensliste für die prestigeträchtigen Posten lag erst nach heftigen Kontroversen vor.
- Auch das Ergebnis eines Schlichtungsverfahrens zeigte am Donnerstag, wie zerfahren die Situation ist.