Niederlande drehen Wahnsinns-Partie gegen die Türkei
Die Niederlande stehen erstmals seit 2004 wieder im Halbfinale einer Fußball-EM. Der Titelträger von 1988 drehte das spannende Viertelfinale am Samstag in Berlin gegen die Türkei und siegte dank eines Kraftakts in der zweiten Hälfte mit 2:1 (0:1).
Stefan de Vrij (70.) und ein von Cody Gakpo erzwungenes Eigentor durch Mert Müldür (76.) bescherten "Oranje" ein Halbfinal-Duell mit England.
Leidenschaftliche Türken
Die Türkei lieferte erneut eine leidenschaftliche Vorstellung, die phasenweise an jene im Achtelfinale gegen Österreich (2:1) erinnerte. Wieder trafen die Türken durch einen Kopfball eines Verteidigers. Doch das Tor von Samet Akaydin (35.) reichte den "Milli Takim" an diesem Tag in Berlin nicht, um wie 2008 ins Semifinale vorzustoßen.
Der Wirbel um den Wolfsgruß - ein rechtsextremes Symbol - um den deswegen gesperrten Verteidiger Merih Demiral hatte die Lage vor der EM-Partie in Berlin aufgeheizt.
Der Aufforderung zum Zeigen des Wolfsgrußes via soziale Netzwerke kamen dann bei einem von der Polizei abgebrochenen Fanmarsch und im Stadion während der Hymne tausende Türken nach. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verfolgte die Partie im Berliner Olympiastadion.
Umgebaute Startelf der Türkei
Türkei-Trainer Vinzenco Montella war nicht nur wegen Demiral zum Umbau gezwungen. Zwei weitere Spieler fehlten gelbgesperrt. Die gegen Österreich gesperrten Akaydin und Kapitän Hakan Calhanoglu kehrten in ein Team zurück, das sich dem Favoriten von Beginn an mit fünf Abwehrspielern entgegenstellte. Die Niederländer liefen nach ihrem ungefährdeten Achtelfinalsieg gegen Rumänien (3:0) in unveränderter Aufstellung ein.
Zwar gehörten die ersten Annäherungsversuche "Oranje" - ein Schuss von Memphis Depay zischte in der ersten Minute über die Latte -, die Türkei verbiss sich jedoch erneut in jeden Zweikampf. Nach 20 Minuten waren der Elan des Favoriten eingebremst und erste Nadelstiche gesetzt.
Eine gute Kontermöglichkeit nach Steilpass von Jungstar Arda Güler entschärfte Virgil van Dijk gerade noch gegen Baris Yilmaz (30.).
Türkische Führung per Kopf
Da hatte sich der Außenseiter bereits sukzessive mehr in der gegnerischen Hälfte festgesetzt. Die türkische Führung kam dann gar nicht mehr sonderlich überraschend. Güler fand mit seinem schwächeren rechten Fuß am langen Eck den Kopf von Akaydin, Goalie Bart Verbruggen machte im Fünfmeterraum keine gute Figur.
Frenetisch bejubelt, küsste der Verteidiger das türkische Wappen auf seinem Trikot. Er war wegen eines Corners mitaufgerückt.
"Oranje" mit mehr Schwung aus der Kabine
Die Niederländer rangen um eine Reaktion, die prominent besetzte Offensive kam aber bis zur Pause überhaupt nicht mehr zur Entfaltung. Steven Bergwijn blieb für Wout Weghorst in der Kabine.
Mit der Hereinnahme des wuchtigen Mittelstürmers schaffte das Team von Ronald Koeman den Umschwung. Depay rutschte nach Weghorsts Kopfballvorlage um Zentimeter am Ball vorbei (51.), weitere klare Chancen ließen vorerst auf sich warten.
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Gefährliche Türkei-Standards
Die Türkei blieb über Standards gefährlich. Güler schnalzte einen Freistoß an die Außenstange (56.), Verbruggen wäre für den schlitzohrigen Versuch aber wohl zur Stelle gewesen.
Der Goalie von Brighton wehrte wenig später auch einen unangenehmen Aufsitzer von Kenan Yildiz nach vorne ab, Weghorst verhinderte im Sitzen den Nachschuss (65.) - und versuchte auf der Gegenseite aus spitzem Winkel selbst zu treffen.
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Partie in sechs Minuten gedreht
Die folgende, kurz ausgespielte Ecke mündete im Ausgleich. De Vrij stieg unbedrängt am Elfmeterpunkt hoch und köpfelte wuchtig ein. Sechs Minuten später war die Partie gedreht. Müldür schmiss sich ohne Erfolg in einen Querpass von Denzel Dumfries (76.).
Geschlagen gaben sich die Türken damit noch nicht, die Niederländer aber hielten dem Ansturm stand. Die letzte Chance entschärfte Verbruggen, der in der Nachspielzeit gegen Semih Kilicsoy rettete.
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