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Analyse: Wie es HC Innsbruck zurück in die Playoffs schaffte

Die Haie schafften es heuer zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder in die Playoffs der win2day ICE Hockey League. Nächste Saison könnte aber wieder ganz anders aussehen.

Zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder in den Playoffs, der dritte Platz im Grunddurchgang lässt weiter die Chance auf einen CHL-Platz zu: HC TIWAG Innsbruck - Die Haie können trotz des Ausscheidens gegen die spusu Vienna Capitals auf eine starke Saison zurückblicken.

Wie jeden Sommer stand in Innsbruck auch 2022 ein Kaderumbruch an – mit Anders Krogsgaard, Jamal Watson, Tyler Coulter, Adam Helewka, Corey Mackin und Brady Shaw kamen gleich sechs neue Legionäre, dazu mit Tyler Cuma und Senna Peeters zwei Österreicher, die weit mehr als nur Kaderergänzungen waren.

Mit Peeters, Feldner und dem bis zu einer Gehirnerschütterung stark aufspielenden Dario Winkler verfügten die Haie gleich über drei starke Österreicher im jüngeren Alterssegment, dazu erlebte Martin Ulmer mit 34 auch noch einmal einen Leistungsaufschwung, während Lukas Bär gewisse Offensivbeiträge leistete.

Die beiden Defender Cuma und Daniel Jakubitzka haben zwar ihre Schwächen, sind aber sicher früheren Haie-Defensiven vorzuziehen, die oft auf fünf Verteidigern basierten oder Bär als Aushilfs-Defender missbrauchen musste.

Dieser in Quantität und Qualität vergrößerte österreichische Kaderkern war eine Grundlage für den heurigen Erfolg, dazu kam die mittlerweile schon gewohnte gute Ausländerpolitik: Kein einziger der neuen Legionäre enttäuschte oder verletzte sich. Insgesamt kamen die Haie ohne irgendeine Kaderkorrektur durch, beim wie immer überschaubaren Budget sehr wichtig.

Watson war wie erwartet eine offensive Attraktion, der mit seiner Explosivität ein Top-Transition-Player der Liga war, im Zweifel aber immer noch vorne und nicht nach hinten schaute. Krogsgaard spielte schwere Minuten und war vor allem im PK gesetzt. Mackin (sein Verbleib ist noch offen) war ein kleingewachsener Dynamo, Brady Shaw machte sich zum Liga-Topscorer.

Tyler Coulters Auftritte waren schon ein kleiner Vorbote auf die Playoffs: Lange ein starker Zwei-Weg-Center, der sich aus engen Lagen befreien konnte, ließ er schon gegen Ende der Vorrunde immens nach, im Playoff war er überhaupt nicht mehr zu finden.

Ging im Playoff der Saft aus?

Das 2:4 in der Serie gegen die Vienna Capitals war dann natürlich ein Dämpfer nach der starken Vorrunde. Die Theorie von Coach Mitch O'Keefe über den Leistungseinbruch: "Wir haben gegen Ende des Grunddurchgangs einige Spiele gespielt, in denen es um nicht mehr viel gegangen ist. Da haben wir nachgelassen und danach den Schalter nicht mehr umlegen können." Ein weiterer Grund war die Faceoff-Schwäche, vor allem James Sheppard stellte hier seine Gegenspieler mehrfach bloß.

Ob diese Theorie zutrifft, dem Team der Saft ausging oder es an Playoff-Erfahrung fehlte - schwer zu sagen, aber bezeichnend: Mit den Haien und dem EC iDM Wärmepumpen VSV verabschiedeten sich im Viertelfinale die beiden Teams, die die meisten Tore im Grunddurchgang erzielten. Umgekehrt ließ Innsbruck 150 Gegentreffer zu - das hätte gerade noch für einen Pre-Playoff-Platz gereicht. Dieser Eindruck hielt auch dem Augentest stand - defensiv stabile Teams lassen einfach nicht so viele Breakaways und Odd-Men-Breaks zu, wie es die Haie gegen die Capitals taten.

Was steht im Sommer an?

Wieder einmal Änderungen auf den Legionärspositionen, angefangen im Tor: Tom McCollum kommt nicht mehr zurück. Ich halte ihn für keinen ICE-Spitzenmann, aber auch keineswegs für den Hauptschuldigen an der Gegentor-Misere. Man tausche ihn nur gegen Leute wie Sam Harvey oder Atte Tolvanen aus und die Gegentorschnitte würden sich wohl ziemlich umdrehen, da diese von ihren körperlich präsenten Vorderleuten ganz anders unterstützt werden. Um es zu vereinfachen: Andrew MacWilliam oder Mike Dalhuisen reißen den Gegnern im Nahkampf den Kopf ab und spucken dann ins so entstandene Loch, Watson ist oft nicht mal im Gelände.

Ein größeres Gehalt - wie aus Innsbruck verlautbart – garantiert dir noch lange keinen Spitzenmann für den Kasten, noch dazu, wenn der vielleicht rund um die Uhr spielen muss. Es wird aber interessant zu sehen, welchen Schlussmann O'Keefe (selbst ein ehemaliger Goalie), sein Assistent Flo Pedevilla und Sportmanager Max Steinacher nach ihren Videostudien aus dem Hut zaubern werden.

Ebenfalls noch offen: Holt man wieder Legionäre, die für Punkte gut sind und sich so in die Auslage stellen können oder doch den einen oder anderen ausgewiesenen Defensivspezialisten? Klar, eine Wiederholung der heurigen Saison, die auch für einige ausverkaufte Häuser sorgte und in der man Teams wie die Capitals, VSV oder den EC-KAC hinter sich ließ, war schon ein Coup, auf den man stolz sein kann. Die Haie werden auch im heurigen Sommer wohl nicht zu einem "Defense-First-Team" mutieren, aber die Personalauswahl wird schon darauf hinweisen, ob es zumindest zu einer leichten Philosophie-Korrektur kommt.

Zur Erklärung für die häufigen Legionärswechsel, die nur selten von Innsbruck ausgehen: Die slowakische Liga etwa ist von Ex-Haien durchlaufen. Der Grund dafür: Die Gehälter dort (bei Spitzenteams) liegen etwa die Hälfte bis ein Drittel über denen in Innsbruck. Selbst ein Nachlegen um einige Tausend Euro würde Abgänge kaum vermeiden.

Am Österreicher-Sektor (lange in Innsbruck auf direkte Nachkommen von Andreas Hofer beschränkt) sind Cuma, Feldner und Clemens Paulweber (über Jahre nur ein Ergänzungsspieler) bereits weg, dafür sollte Luis Ludin nächste Saison mit einem österreichischen Pass rechnen dürften. Bei Senna Peeters - verfügt bereits jetzt über einen der besten Schüsse der Liga - ist eine weitere Leistungssteigerung eingepreist, es braucht aber noch den einen oder anderen ligatauglichen Neuzugang. Jedem jungen Österreicher, der auch nur ein bisschen an Talent und Einstellung mitbringt, sollte klar sein, dass er bei den Haien zum Spielen kommen wird. Der HCI kam heuer fast ohne Verletzungen durch die Saison, das wird nur schwer zu wiederholen sein.

CHL als Fluch oder Segen?

Sollte der Meister Salzburg oder HCB Südtirol Alperia heißen, nehmen die Haie an der CHL teil. Das sollte als Attraktion für mögliche Neuzugänge dienen, könnte sich aber am Eis auch als Bumerang herausstellen. Kann eine personell dünn besetzte Organisation Reisen durch Europa und Spiele gegen starke Gegner einfach so stemmen?

Vor allem die Spiele parallel zum ICE-Betrieb im Oktober nehmen doch viel Energie auf und neben dem Eis in Anspruch - siehe auch Villach heuer, die zu Saisonbeginn so ihre Schwierigkeiten hatten. Mit Glück bekommst du Auswärtsfahrten mit dem Bus (Schweiz oder Deutschland), mit Pech musst du durch Europa jetten.

Im Gegensatz zur Anfangszeit in der EBEL, als der Tiroler Weg als Ausrede für desolate Kaderbildungen herhalten musste, haben sich die Haie in den letzten Jahren stabilisiert. Ein abermaliger Playoff-Platz (vielleicht auch über die Pre-Playoffs) wird kein Selbstgänger werden, die leichte Enttäuschung über das frühe Ausscheiden wäre aber bei einem guten Start in die nächste Saison sicher schnell vergessen...

Hinweis: Dieser Artikel von Bernd Freimüller ist zuerst auf laola1.at erschienen.

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  • Die Haie schafften es heuer zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder in die Playoffs der win2day ICE Hockey League.
  • Nächste Saison könnte aber wieder ganz anders aussehen.