"Amtsanmaßung": Kritik an Pakt von Kickl und Orbán
Gleich im ersten Satz der "Wiener Erklärung" heißt es: "Ungarn und Österreich bekräftigen hiermit die nachbarschaftliche Freundschaft sowie ihre geschichtlich und kulturell bedingte unerschütterliche Verbundenheit."
Kickls Unterzeichnung "im Namen Österreichs kommt einer politischen Amtsanmaßung gleich. Er vertritt Österreich in keiner offiziellen Funktion nach außen", kritisierte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Freitag.
Auch Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer betonte: "Herbert Kickl kann für Österreich gar nichts unterschreiben".
Stocker erklärte in einer Aussendung, dass die Unterschrift zeige, dass "ihm (Kickl, Anm.) der demokratische Prozess komplett egal ist, denn auch ohne Regierungsauftrag hat er die sogenannte 'Wiener Erklärung' mit Viktor Orbán stellvertretend für ganz Österreich unterschrieben. Er setzt seine Politik der Anmaßung und Provokation weiter fort."
https://twitter.com/sigi_maurer/status/1852296830991622504
Maurer ergänzte auf X: "Er (Kickl, Anm.) spricht nicht für unser Land und schon gar nicht für die Menschen, die an eine offene und gerechte Gesellschaft glauben. Alles, was er und die FPÖ betreiben, ist ein abgekartetes, größenwahnsinniges Schauspiel."
https://twitter.com/neos_eu/status/1852327068937113715
Auch NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger distanzierte sich von der "Freundschaftsbekundung". Diese sei "nicht in unserem Namen! Nicht in unserem schönen Landesnamen, Herr Kickl", sagte sie in einem Video, das am Freitag auf X veröffentlicht wurde.
SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner hatte sich bereits am Donnerstagabend zur "Wiener Erklärung" zu Wort gemeldet: "Die FPÖ träumt von einem Umbau unserer Republik nach ungarischem Vorbild", sagte er.
Keine rechtlichen Konsequenzen
Der Verfassungsexperte Peter Bußjäger sieht "diese Erklärung" indessen als "null und nichtig. Sie ist eine bloße Äußerung. Herbert Kickl kann Österreich nicht nach außen vertreten", sagte der Professor der Universität Innsbruck im Ö1-"Feiertagsjournal".
Rechtliche Konsequenzen sieht Bußjäger laut dem ORF-Radio keine, wohl aber politische: Orbán werde die Erklärung "für seine Zwecke nutzen", prognostizierte der Verfassungsjurist.
Keine EU-Fahne bei Orbán und Rosenkranz
Stocker kritisierte derweil auch, dass beim Besuch Orbáns bei Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) im Empfangssalon des Parlaments "die Fahne der EU verräumt" wurde. Dies zeige die "umfassende Geringschätzung Österreichs und der EU, mit der Kickl hier unterwegs ist", so Stocker, der dem FPÖ-Chef auch "Missachtung unserer staatlichen Symbole" vorwarf.
"Zum Beispiel, indem er seit Monaten mit der Flagge von Peru am Anzug-Revers herumläuft - die Streifen der österreichischen Flagge sind nämlich definitionsgemäß waagrecht." Kickl zufolge handle es sich dabei um einen "Festung-Österreich-Anstecker".
Hafenecker wettert gegen Kogler
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker forderte indes den Rücktritt von Beamtenminister Werner Kogler (Grüne). Er rief Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer Aussendung auf, Bundespräsident Alexander Van der Bellen "sofort die Entlassung von Bundesminister Kogler vorzuschlagen".
Grund dafür seien "Aussagen und übelste Beschimpfungen Koglers" gegen Orbán. Kogler hatte Orbán bei einer Pressekonferenz in Wien unter anderem als "Antidemokraten, Antieuropäer und Putin-Versteher" bezeichnet.
Orbán habe seit er an der Macht sei die Demokratie abgebaut, gleichzeitig "geniert er sich nicht, viele Milliarden einzusacken", so Kogler. Hafenecker ortete einen Affront, der "dem Ansehen und der Reputation Österreichs schwersten Schaden zugefügt".
https://twitter.com/sigi_maurer/status/1852296822120657116
Maurer ihrerseits wies die Rücktrittsforderungen an Kogler zurück. "In der Welt der FPÖ gibt es keine Meinungsfreiheit", meinte sie. Es sei aber so: "Wer sich mit Antidemokraten, Demagogen und Kleptokraten trifft, die ihre eigene Bevölkerung ausbeuten und das Land ruinieren, der muss Kritik aushalten."
Video: Umstrittener Empfang in Wien - roter Teppich für Orban
Zusammenfassung
- Nachdem FPÖ-Chef Herbert Kickl und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Donnerstag eine gemeinsame "Wiener Erklärung" unterzeichnet haben, toben die anderen Parteien.
- Kickl habe kein Recht, einen solchen Pakt im Namen Österreichs zu unterschreiben.
- Gleich im ersten Satz der "Wiener Erklärung" heißt es: "Ungarn und Österreich bekräftigen hiermit die nachbarschaftliche Freundschaft sowie ihre geschichtlich und kulturell bedingte unerschütterliche Verbundenheit."
- ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker ortet etwa eine "politische Amtsanmaßung".