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VfGH-Verhandlung zu sichergestellten Smartphones

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich am Donnerstag in einer öffentlichen Verhandlung mit den Regelungen in der Strafprozessordnung (StPO) zur Sicherstellung von Mobiltelefonen beschäftigt. Ein Mann, gegen den wegen des Verdachts auf Untreue ermittelt wird, geht dabei gegen eine Anordnung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vor. Begründung: Die StPO-Bestimmungen würden unter anderem gegen das Recht auf Privatleben und das Grundrecht auf Datenschutz verstoßen.

Politisch aktuell ist die Frage vor allem deshalb, weil ÖVP und Grüne unter dem Schlagwort "Stärkung der Beschuldigtenrechte" unter anderem über die Voraussetzungen für die Sicherstellung von Smartphones verhandeln. Dabei sollte auf das VfGH-Urteil in dieser Causa gewartet werden. Im Zuge der Ermittlungen gegen Politiker bzw. Justizvertreter waren zuletzt auf Handys zahlreiche brisante Informationen gefunden worden, die später den Weg in die Öffentlichkeit fanden. Der Anlassfall vor dem VfGH hat damit allerdings nichts zu tun.

Derzeit dürfen Handys in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren abgenommen werden, wenn dies aus Beweisgründen erforderlich erscheint, weil sie (ebenso wie Laptops) wie andere körperliche Objekte behandelt werden. Bezüglich der darauf gespeicherten Informationen gilt, dass Zugang dazu zu gewähren und auf Verlangen ein elektronischer Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen ist. Außerdem muss die Herstellung einer Sicherheitskopie der gespeicherten Informationen geduldet werden. Im Gegensatz zu einer Beschlagnahme bedarf die Sicherstellung keiner richterlichen Bewilligung - es reicht, wenn die Staatsanwaltschaft sie anordnet.

Der Antragsteller, vertreten von Rechtsanwalt Richard Soyer, argumentiert damit, dass die Fülle der auf einem Smartphone enthaltenen Daten tiefe Einblicke in seine Privatsphäre erlaubt. Für vergleichbare Maßnahmen wie etwa die Auskunft über Bankdaten oder eine Hausdurchsuchung bedürfe es dagegen der Zustimmung eines Richters. Gleiches gelte etwa für die Beschlagnahme von Briefen oder die Auskunft über Daten einer Nachrichtenermittlung, die Lokalisierung einer technischen Einrichtung und die Überwachung von Nachrichten.

Die Regierung verteidigte dagegen die Regelung: Für die Sicherstellung bedürfe es einerseits eines Anfangsverdachts und auch einer Begründung. Außerdem habe der Betroffene die Möglichkeit eines Einspruchs - er kann also im Nachhinein gegen die Maßnahme vorgehen. Darüber hinaus dürften Daten nur zum Zweck der Strafverfolgung ausgewertet und strafrechtlich unerhebliche Informationen nicht zum Akt genommen werden. Die Sicherstellung sei auch nur eine vorläufige Maßnahme. Eine nachfolgende Beschlagnahme bedürfe einer richterlichen Bewilligung. Weiteres Argument: Ein Smartphone enthalte zwar durchaus eine Vielzahl an Informationen in gebündelter Form: Allerdings dürften ja auch Notizbücher, Taschenkalender etc. sichergestellt werden - also genau jene Gegenstände, deren Funktionen im Smartphone in elektronischer Form gebündelt sind.

Im Mittelpunkt der Verhandlung standen zunächst technische Fragen - also etwa inwieweit gespeicherte Daten im Offline- wie im Onlinemodus gelesen oder ausgewertet werden können bzw. ob ein durchschnittlicher Nutzer Daten vollständig und endgültig löschen kann. Auch Details über den Umgang mit sichergestellten Handys wurden diskutiert: So werden diese etwa sofort in den Offline-Modus geschaltet und abgeschirmt, um etwa eine Fernlöschung zu verhindern. Gesichert werden können die Daten erst mit Kenntnis des Sperrcodes - wird dieser nicht verraten, versuchen die Forensiker diesen zu ermitteln.

Ebenfalls behandelt wurde die Frage des Unterschieds zwischen Sicherstellung (nur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft) und Beschlagnahme (nur mit gerichtlicher Zustimmung). Laut Regierung - vertreten durch Justizministeriums-Sektionschef Christian Manquet - sei es nach der StPO-Reform 2008 eigentlich vorgesehen gewesen, dass die Sicherstellung nur eine vorläufige Maßnahme ist, die dann für das spätere Verfahren in eine Beschlagnahme übergehen soll. Aus budgetären Gründen wurde dann aber später gesetzlich festgelegt, dass aufgrund der Vielzahl der Verfahren nur auf Antrag des Betroffenen eine Beschlagnahme festgestellt wird. Inhaltlich gebe es keinen Unterschied.

Zurückgegeben werden die Geräte nach Sicherstellung der Daten durch eine Kopie, wurde von Regierungsseite betont. Dabei könne es aber durchaus zu Verzögerungen kommen - etwa aufgrund der Verweigerung der Bekanntgabe des Sperrcodes oder durch die mangelnden Arbeitskapazitäten der Ermittlungsbehörden. "Das kann sehr lange dauern", monierte Soyer.

Die Richter stellten unter anderem auch die Frage, warum bei den zahlreichen Novellen der StPO seit 2008 nicht der technische Fortschritt durch zahlreiche neue Möglichkeiten bei Smartphones abgebildet wurden. Dem wurde von Manquet entgegengehalten, dass die Bestimmungen bewusst technikneutral gehalten seien. Aufgrund der schnellen Änderungen etwa bei Betriebssystemen würde man sonst stets hinterherhinken. "Ermittlungsverfahren sollen technikunabhängig sein." Soyer wiederum ortete einen anderen Grund für die fehlenden Änderungen: "Bisher hat es Personenkreise betroffen, die keine Lobby haben und keinen Druck machen können."

Die an die öffentliche Verhandlung anschließende Beratung der Verfassungsrichterinnen und -richter ist nicht öffentlich. Wann diese über den Fall entscheiden bzw. wann das Erkenntnis veröffentlicht wird, ist offen.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich am Donnerstag in einer öffentlichen Verhandlung mit den Regelungen in der Strafprozessordnung (StPO) zur Sicherstellung von Mobiltelefonen beschäftigt.
  • Im Gegensatz zu einer Beschlagnahme bedarf die Sicherstellung keiner richterlichen Bewilligung - es reicht, wenn die Staatsanwaltschaft sie anordnet.
  • Ebenfalls behandelt wurde die Frage des Unterschieds zwischen Sicherstellung und Beschlagnahme.