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UNO fordert Untersuchung zu Angriffen auf Kliniken in Gaza

Israels Angriffe auf Krankenhäuser im Gazastreifen könnten laut UN-Menschenrechtsexperten Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die Attacken hätten das Gesundheitssystem des palästinensischen Gebiets "an den Rand des völligen Zusammenbruchs" gebracht, hieß es am Dienstag in einem Bericht des zuständigen UNO-Büros in Genf. Volker Türk, der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, forderte eine unabhängige und gründliche Untersuchung der Angriffe.

"Als ob die unerbittlichen Bombenangriffe und die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen nicht genug wären, wurde der einzige Zufluchtsort, in dem sich die Palästinenser sicher fühlen sollten, zu einer Todesfalle", sagte der österreichische UNO-Kommissar. Er erklärte, dass der Schutz der Krankenhäuser im Krieg vorrangig sei und von allen Seiten respektiert werden müsse.

In dem Bericht über den Zeitraum zwischen Oktober 2023 und Juni 2024 wurden demnach mindestens 27 Kliniken und zwölf andere medizinische Einrichtungen in 136 Angriffen getroffen. Das Menschenrechtsbüro sprach von "erheblichen" Opferzahlen, auch unter Ärzten, Krankenpflegern und Zivilisten. Israel hat solche Einsätze meist damit begründet, dass Krankenhäuser von der Hamas für militärische Zwecke genutzt worden seien. Dafür habe Israel bisher jedoch keine stichhaltigen Beweise vorgelegt, hieß es in dem Bericht.

Gezielte Angriffe auf nicht militärisch genutzte Kliniken und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten seien Kriegsverbrechen, betonten die UN-Fachleute. Falls dies Teil einer groß angelegten, systematischen Attacke gegen die Zivilbevölkerung sei, könnte es als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden, hieß es.

Am Montag hatte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärt, dass die Gesundheitsversorgung im Norden des Gazastreifens durch die israelische Armee "vernichtet" worden sei. Die Krankenhäuser seien überhaupt nicht mehr einsatzfähig.

Israel hatte zuletzt am vergangenen Freitag und Samstag einen Angriff auf das Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens gestartet. Das letzte noch funktionsfähige Krankenhaus in dem Gebiet ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seither nicht mehr funktionsfähig. Die israelische Armee hatte die Angriffe damit gerechtfertigt, dass sich dort "Terroristen" versteckt hätten.

Seit Oktober konzentrieren sich die israelischen Armeeeinsätze im Gazastreifen auf den Norden des Palästinensergebiets. Nach offiziellen Angaben zielt die Offensive zu Lande und aus der Luft darauf ab, eine Neuorganisation und ein Wiedererstarken der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas zu verhindern.

Der Krieg im Gazastreifen war am 7. Oktober 2023 durch einen Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter militanter Palästinensergruppen auf Israel ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben 1.208 Menschen getötet wurden. 251 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 96 der Geiseln sind demnach noch immer in der Gewalt der Hamas. 34 von ihnen wurden von Israel offiziell für tot erklärt.

Israel geht seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 45.500 Menschen getötet. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Die UNO fordert eine unabhängige Untersuchung der Angriffe auf Krankenhäuser im Gazastreifen, da diese als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden könnten.
  • Zwischen Oktober 2023 und Juni 2024 wurden 27 Kliniken und zwölf andere medizinische Einrichtungen in 136 Angriffen getroffen, wobei erhebliche Opferzahlen verzeichnet wurden.
  • Israel rechtfertigt die Angriffe oft mit der Nutzung der Krankenhäuser durch die Hamas für militärische Zwecke, hat jedoch bisher keine stichhaltigen Beweise vorgelegt.