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Ukraine: Staudamm-Beschuss löste Flutwelle aus

Nach dem Beschuss von Krywyj Rih in der Südukraine ist die dortige Wasserversorgung zusammengebrochen.

Die Raketen hätten den Staudamm Karachunow getroffen, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner nächtlichen Ansprache. Das Wassersystem habe keine militärische Bedeutung, aber es verließen sich Hunderttausende Zivilisten täglich darauf. Laut Behörden wurde die Stadt, die vor dem Krieg 650.000 Einwohner zählte, am Mittwoch von acht russischen Marschflugkörpern getroffen.

Nach einem Dammbruch am Fluss Inhulez seien 112 Häuser überflutet worden, teilte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Olexandr Wilkul, auf Telegram mit. Die Arbeiten zur Reparatur des Damms liefen, das Wasser ginge zurück.

"Angriffe können uns nicht brechen"

Die ukrainische Führung stellte den Angriff auf zivile Infrastruktur in eine Reihe mit dem Beschuss von Kraftwerken bei Charkiw wenige Tage zuvor. Dabei war in der Ostukraine großflächig der Strom ausgefallen. "Alles was die Besatzer können ist Panik zu säen, eine Notlage zu schaffen, Menschen ohne Licht, Wärme, Wasser oder Lebensmittel zu lassen", schrieb Selenskyj auf Telegram. "Kann uns das brechen? Keineswegs." Er hatte am Mittwoch die zurückeroberte Stadt Isjum im Osten des Landes besucht. Abends wurde er mit seiner Autokolonne in Kiew nach Angaben seines Sprechers in einen Unfall verwickelt.

Auf Krywyj Rih wurden nach unterschiedlichen ukrainischen Angaben sieben oder acht Raketen abgefeuert. Der Verwaltungschef des Gebiets Dnipropetrowsk, Valentin Resnitschenko, sprach von Marschflugkörpern des Typs Ch-22, die aus der Entfernung von russischen Kampfflugzeugen abgefeuert worden seien. Auch die Transportinfrastruktur der Stadt sei angegriffen worden. Von Opfern war zunächst keine Rede. Die Angaben der Kriegsparteien ließen sich auch in diesem Fall nicht unabhängig überprüfen.

Wasserversorgung großteils ausgefallen

Der Stausee dient der Trinkwasserversorgung der Stadt mit 625.000 Einwohnern. Durch den Schaden an dem Pumpwerk sei in weiten Teilen der Stadt die Wasserversorgung ausgefallen, hieß es. Trotz des hohen Wasserstands auf dem Fluss sei die Lage unter Kontrolle, sagte Selenskyjs Vizestabschef Kyrylo Tymoschenko. Die Lage in den Stadtteilen, in denen Überschwemmungsgefahr drohe, werde ständig überwacht.

Kuleba spricht von Kriegsverbrechen

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nannte den Angriff ein Kriegsverbrechen und einen Terrorakt. "Weil sie von der ukrainischen Armee auf dem Schlachtfeld geschlagen wurden, führen die russischen Feiglinge nun Krieg gegen unsere Infrastruktur und Zivilisten", schrieb er auf Twitter. In seiner abendlichen Videoansprache nannte Selenskyj die Russen Schwächlinge: Solche Angriffe auf zivile Objekte seien ein Grund, "warum Russland verliert".

Die Flutwelle auf dem Inhulez hat aber ukrainischen Medien zufolge auch mögliche militärische Auswirkungen. Weiter südlich bei Cherson bildet der Nebenfluss des Dnipro derzeit die Frontlinie zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Der hohe Wasserstand könnte ein Passieren des Flusses erschweren.

ribbon Zusammenfassung
  • Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem Versuch, seine Heimatstadt unter Wasser zu setzen.
  • Der Stausee dient der Trinkwasserversorgung der Stadt mit 625.000 Einwohnern.