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U-Ausschuss: Kloibmüller will Sobotkas "Interventionsliste" nicht kennen

Der ehemalige Kabinettschef im Innenressort Michael Kloibmüller entschlug sich wegen Ermittlungen unter anderem bei Fragen zu Postenbesetzungen. Zuvor wurde der ehemalige Bundeskriminalamt-Chef Franz Lang befragt

Die Befragung von Ex-Innenministerium-Kabinettschef Michael Kloibmüller ist am Dienstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss nach rund fünf Stunden zu Ende gegangen. Gefragt wurde er zu Vorgängen in seiner Zeit im Ressort und zu den dem U-Ausschuss vorliegenden Chats seines Diensthandys. Kloibmüller gab an, dass die Staatsanwaltschaft in mehreren Fällen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen ihn ermittle, weswegen er sich zu vielen Fragen entschlug.

Diensthandy "widerrechtlich abgesaugt"

Er werde seit über zwei Monaten von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigter geführt. Kloibmüller übergab dem Ausschuss eine Liste von der Staatsanwaltschaft, wonach in mehreren Fällen der Verdacht des Amtsmissbrauchs geprüft werde. Zudem prüfe die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihre Zuständigkeit bzw. ebenfalls einen Anfangsverdacht. "Daher werde ich bei allen Fragen zu konkreten Personalbesetzungen von meinem Entschlagungsrecht Gebrauch machen", so Kloibmüller, der festhielt, dass die Daten seines Diensthandys vor fünf Jahren "widerrechtlich abgesaugt" wurden und seit September auf verschiedene Art und Weise an die Öffentlichkeit gelangten.

Der Inhalt des Sticks mit Daten aus seinem Handy sei ihm nicht bekannt, denn die Daten seien ihm nach der Sicherstellung bis dato nicht übermittelt worden, so Kloibmüller: "Weder die privaten noch die dienstlichen." Zu den Vorgängen, die zum Verlust der Daten führten, führte der Ex-Kabinettschef das bereits Bekannte aus: Bei einem Betriebsausflug des Innenministeriums-Kabinetts (im Jahr 2017, Anm.) sei man mit einem Kanu-Boot gekentert. Die Boots-Besatzung fiel ins Wasser und damit auch sein Handy - das daraufhin den Dienst quittierte.

In der Hoffnung, die Daten retten zu können - vor allem "hunderte Fotos meiner Kinder" - habe er einen Referenten im Kabinett um den Versuch einer Sicherung ersucht. Dieser habe eine Person aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz- und Terrorismusbekämpfung (BVT) geholt, der das Handy mitnahm. "Ich glaube, ein oder zwei Tage später ist kommuniziert worden, das Handy ist unrettbar kaputt" - man habe es der Vernichtung zugeführt, sei ihm beschieden worden. Als schließlich später der USB-Stick mit seinen Daten gefunden wurde, sei er von einem Polizisten informiert worden.

Über "Daten-Diebstahl" "echauffiert"

Dass Daten an die Öffentlichkeit gespielt wurden, sei aber erst durch die Veröffentlichungen von Chats im Online-Medium "zackzack.at" klar geworden. Er sei über diesen Daten-Diebstahl "echauffiert" gewesen und sei es auch heute noch - und habe damals mit vielen Personen darüber gesprochen, auch mit dem damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Gefragt, ob er auch mit dem heutigen Bundeskanzler Karl Nehammer über das Thema gesprochen hatte, wisse er nicht mehr - schon aber mit dessen Frau Katharina Nehammer. Letztere war (als damalige Innenministeriums-Mitarbeiterin) auch bei der Boots-Kenterung mit dabei.

Anhaltspunkte für Postenschacher

Die Opposition sieht in den auf dem Stick befindlichen Gesprächsprotokollen mit den ehemaligen Ressortchefs Johanna Mikl-Leitner und Sobotka (beide ÖVP) Anhaltspunkte für Postenschacher. Auch in der Causa Andrea Jelinek, die im Jahr 2017 als Wiener Vizelandespolizeidirektorin - weil SPÖ-nahe - verhindert worden sein soll, werde er neben Sobotka als Beschuldigter geführt, so Kloibmüller, der seit 2018 karenziert ist.

Anhaltpunkte für Postenschacher

Die Opposition sieht in den auf dem Stick befindlichen Gesprächsprotokollen mit den ehemaligen Ressortchefs Johanna Mikl-Leitner und Sobotka (beide ÖVP) Anhaltspunkte für Postenschacher. Auch in der Causa Andrea Jelinek, die im Jahr 2017 als Wiener Vizelandespolizeidirektorin - weil SPÖ-nahe - verhindert worden sein soll, werde er neben Sobotka als Beschuldigter geführt, so Kloibmüller, der seit 2018 karenziert ist.

An eine angebliche "Interventionsliste" des damaligen Innenministers und nunmehrigen Nationalpräsidenten Sobotka könne er sich nicht erinnern. Zu konkreten Postenbesetzungen wollte sich Kloibmüller wegen laufender Verfahren nicht äußern.

An Minister würden allerlei Wünsche und Ersuchen von Bürgern gerichtet, zum Teil per Post, per Mail oder bei Besuchstagen, sagte der Ex-Kabinettschef. Auch an ihn seien derartige Wünsche gedrungen. An konkrete könne er sich aber nicht mehr erinnern. Ob Personen dabei als ÖVP-nahe galten, sei kein Kriterium gewesen. Daran, wie oft Sobotka Personalwünsche an ihn gerichtet habe, könne er sich ebenfalls nicht erinnern. Zudem seien dies "keine Wünsche sondern die Prüfung eines Anliegens" gewesen, hielt Kloibmüller fest: "Man schaut, ob es geht."

Zahlreiche Entschlagungen

Neben zahlreichen Entschlagungen hatte die Auskunftsperson zu vielen Fragen auch "keine Wahrnehmung". Dies betraf u.a. auch das Ende des Ausschuss-Tages, als SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer wissen wollte, warum sich Kloibmüller auf Bitte des ehemaligen ÖVP-Generalsekretärs Werner Amon mit einer Frage nach dem ehemaligen SPÖ-Berater Tal Silberstein an seinen stellvertretenden Kabinettschef wandte.

Zuvor war der ehemalige Direktor des Bundeskriminalamts, Franz Lang, zum Beweisthema "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" geladen. Unter anderem ließ er die Aufstellung der "SoKo Tape" Revue passieren. Lang betonte, dass die Bestellung von Andreas Holzer zum Leiter der SoKo auf seine Initiative hin geschah, dieser sei "1. Wahl" gewesen. Holzer habe fachlich gepasst, außerdem habe er sich in früheren Ermittlungen als SoKo-Leiter "sehr bewährt", etwa in der Causa Alijew.

Gegen Leaks "dagegen gesteuert"

Gefragt, ob er mit dem mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek über Leaks gesprochen habe, sagte Lang, es sei "fast ein Dauerzustand in der öffentlichen Verwaltung, dass Aktenteile und Informationen leider hinausgehen". Er habe da "immer dagegen gesteuert". Man habe auch im Bundeskriminalamt in der Vergangenheit "Maulwürfe" gehabt, aber man sei stets in der Lage gewesen, "sie relativ schnell zu neutralisieren". Als Beispiel nannte Lang die geleakten Videos der Doping-Razzia bei der Nordischen Ski-WM 2019. Man habe damals innerhalb von Stunden den "Innentäter" ausfindig gemacht.

Das habe auch Pilnacek und Oberstaatsanwalt Johann Fuchs beeindruckt - und daher wurde das Kriminalamt gefragt, wie man das gemacht hat. Er habe stets gesagt, dass das eine Sache sei, "die man im eigenen Stall klären muss", habe Lang dazu gemeint. Zu Details über das Vorgehen in derartigen Fällen wollte er in der Öffentlichkeit keine Auskunft geben.

Am Mittwochvormittag geht die Ausschuss-Woche mit der Befragung des aktuellen SoKo-Leiters Dieter Csefan weiter. Der ehemalige Leiter der "Soko Tape" und nunmehrige Bundeskriminalamtschef Andreas Holzer sagte seinen geplanten Auftritt wegen eines Krankenhausaufenthalts ab.

ribbon Zusammenfassung
  • Der ehemalige Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, ist am Dienstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss zu Vorgängen in seiner Zeit im Ressort und den dem U-Ausschuss vorliegenden Chats seines Diensthandys befragt worden.
  • An eine angebliche "Interventionsliste" des damaligen Innenministers und nunmehrigen Nationalpräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) könne er sich nicht erinnern. Zu konkreten Postenbesetzungen wollte er sich wegen laufender Verfahren nicht äußern.
  • Der ÖVP-Untersuchungsausschuss beschäftigt sich diese Woche mit Vorgängen im Innenministerium - von Postenbesetzungen bis zu den Ibiza-Ermittlungen.
  • Den Auftakt machte am Dienstag die Befragung des ehemaligen Direktors des Bundeskriminalamts, Franz Lang, der Auskunft zu "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" geben sollte.
  • Er sagte, dass die Bestellung von Andreas Holzer zum Leiter der "SoKo Tape" auf seine Initiative hin geschah, dieser sei "1. Wahl" gewesen.