Thalhammer über Kurz-Anklage-Gerüchte: "Morgen passiert nichts"

Die Koalitionspartner ÖVP und Grüne verhalten sich, als ob sie sich füreinander genieren würden, so Journalistin Anna Thalhammer. An Neuwahlen glauben aber weder Anschober, Mitterlehner noch Thalhammer selbst.

Anna Thalhammer, die Chefredakteurin des Nachrichtenmagazins "Profil", Rudolf "Rudi" Anschober, ehemaliger Gesundheitsminister und Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner diskutieren bei PULS 24 Moderator Werner Sejka.

Am Dienstag wurden Gerüchte laut, dass am Freitag gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz Anklage erhoben werden könnte.

Daran glaubt bei "WildUmstritten" niemand der Diskutierenden. Thalhammer sieht in den Gerüchten eher einen "April-Scherz" mitten unterm Jahr. "Morgen passiert nichts", ist sie sich sicher. 

Auch Mitterlehner sieht in der Anklage "Peanuts", die Affäre rund um das Beinschab-Tool, die Finanzierung von Umfragen durch Steuergeld, das seien größere Themen. Mitterlehner sieht außerdem die ÖVP als Koalitionspartner unter Druck, denn Themen wie das Informationsfreiheitsgesetz würden mittlerweile sehr lange dauern.

Auch Anschober denkt, dass es hier mehr Geduld bedarfe. Wichtig sei, dass man die Justiz arbeiten lasse. Er denkt, dass deren ungehinderte Arbeit jetzt unter Justizministerin Alma Zadić möglich sei.

Neu-Wahlen im Herbst?

Hartnäckig halten sich auch die Gerüchte um Neuwahlen im Herbst. Auch das können sich die Diskutierenden nicht vorstellen. Nur FPÖ-Chef Herbert Kickl habe ein ernsthaftes Interesse an Neuwahlen, denkt Anschober. Auch Neo-SPÖ-Chef Andreas Babler sei aktuell noch nicht bereit, um sich in einem Nationalrats-Wahlkampf zu behaupten.

Koalitions-Beziehung: Schwierig

Schwarz-Grün sei immer eine schwierige Beziehung gewesen. Der ehemalige Gesundheitsminister hat aber das Gefühl, dass es aktuell besser funktionieren würde als unter Kurz. Beide Parteien würden wissen, dass im Regierungsprogramm noch große Brocken seien, die umgesetzt werden müssen. 

Ex-Vizekanzler Mitterlehner erinnert die Beziehung der Koalition an ein "streitendes Ehepaar", das zusammen bleibt, weil die "Bedingungen woanders auch nicht gut sind".  Journalistin Thalhammer geht noch einen Schritt weiter: Sie hat das Gefühl, beide Koalitionspartner würden sich "füreinander genieren" – "es ist, als würde man mit jemandem essen gehen, der sich schlecht benimmt, wo man dann schon ein bissl so tut als ob der gar nicht dazu gehört".

Finanzausgleich als Chance für Gesundheits-Reform

Eine Großbaustelle der Regierung ist die Reform des Gesundheitssystems. Diese Haushaltsvereinbarung zwischen Bund und Ländern wird alle vier bis sechs Jahre abgeschlossen. Das aktuelle Zeitfenster sieht der ehemalige Gesundheitsminister Anschober als "Hebel" und Chance für Reform. 

Es sei gut, dass die Mitarbeiter:innen im Gesundheitsbereich jetzt sagen, was sie wollen. Am Freitag wird zum Beispiel in der Klinik Ottakring in Wien gestreikt. Das sei ein "dramatischer Hilferuf", das Thema würde seit Monaten diskutiert werden. Die verschiedenen Finanzierungsströme im Gesundheitssystem seien ein Kernproblem. So sei die Finanzierung der Spitäler zum Beispiel Ländersache, aber die Ärzte des Wienr AKHs zahle der Bund – all das sollte vereinfacht werden.

Für das Gesetzespaket der Bundesregierung sei es "allerhöchste Zeit", aber die Länder und Sozialversicherungssystem müssten aber auch einbezogen werden.

Kein Wiener Problem

Die Ärztekammer habe auch schon in der Vergangenheit "machtbewusst" Positionen vertreten. Die Diskussion würde zwar um Wien und dessen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kreisen, aber es sei kein Problem der Bundeshauptstadt, denn es gebe akuten Handlungsbedarf. 

Thalhammer findet die Situation "eigenartig", es sei "höchst an der Zeit etwas zu tun". Sie sieht die Ärztekammer blockierend und hofft, dass sich "alle zamreißen" können. Auch Mitterlehner sieht, dass hier nicht miteinander geredet würde, diese Diskussion gehöre nicht am Rücken der Patienten ausgetragen. Weil die Ärztekammer nicht in die Verhandlungen zum Finanzausgleich eingebunden ist, sei aber klar, dass es aktuell Widerstand gebe. Die Ärztekammer sei "einfach mühsam", so Anna Thalhammer. Versicherte seien "Kunden" und haben Anspruch auf Serviceleistungen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Koalitionspartner Schwarz und Grüne würden sich verhalten, als ob sie sich füreinander genieren, so Journalistin Anna Thalhammer.
  • An Neuwahlen glauben aber weder Anschober, Mitterlehner noch Thalhammer.
  • Die Reform des Gesundheitssystems ist ein Großprojekt der schwarz-grünen Regierung.
  • Die Verhandlungen zum Finanzausgleich würden ein gutes Zeitfenster bilden, um hier eine Reform durchzubringen, so Anschober.
  • Aber hier sei die Ärztekammer nicht eingebunden und würde deshalb "blockieren", so der Konsens von Mitterlehner und Thalhammer.