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Stromkabelstörung: NATO will Präsenz in Ostsee verstärken

Die NATO will ihre militärische Präsenz in der Ostsee verstärken. Das kündigte Generalsekretär Mark Rutte nach dem Ausfall des Unterseekabels Estlink 2 auf X an. Estland lässt unterdessen die Stromleitung Estlink 1 durch Patrouillenschiffe überwachen. Damit solle sichergestellt werden, dass der wichtigen Verbindung nichts passiere, teilte Verteidigungsminister Hanno Pevkur am Freitag mit. Estlink 2 zwischen Estland und Finnland war am Mittwoch unterbrochen worden.

Ein Patrouillenschiff wurde in die Gewässer entsandt, in denen die Parallelleitung nach Finnland liegt. "Wenn es eine Bedrohung für die kritische Unterwasserinfrastruktur in unserer Region gibt, wird es auch eine Reaktion geben", erklärte der estnische Außenminister Margus Tsahkna ebenfalls auf X. Die Schäden an Unterwassereinrichtungen in der Region seien mittlerweile so häufig, dass es schwerfalle, diese nur auf Unfälle oder Fehler der Besatzungen zurückzuführen.

Die finnischen Behörden vermuten Sabotage und haben den unter der Flagge der südpazifischen Cookinseln fahrenden Öltanker "Eagle S" festgesetzt, dessen Anker den Schaden am Kabel verursacht haben könnte. Das Schiff soll der EU zufolge zur sogenannten russischen Schattenflotte gehören - Tanker und andere Frachtschiffe, die Russland inoffiziell benutzt, um Sanktionen etwa beim Öltransport zu umgehen.

"Die NATO wird ihre Militärpräsenz in der Ostsee verstärken", betonte Rutte. Der NATO-Generalsekretär teilte mit, er habe mit Finnlands Präsident Alexander Stubb die jüngsten Ermittlungen erörtert und unterstütze die Untersuchungen des Vorfalls. Stubb erklärte, man sei sich mit Estland einig, dass eine verstärkte Marine-Präsenz der NATO in der Region nötig sei, insbesondere in Nähe wichtiger Infrastruktur. Die schwedische Küstenwache verstärkte nach eigenen Angaben unterdessen die Überwachung des Seeverkehrs aus der Luft und mit Hilfe von Schiffen. Das Vorgehen werde mit anderen Ländern koordiniert.

Nach den Worten von Stubb ist die Lage derzeit "unter Kontrolle". "Unsere Botschaft ist ganz klar: Wir haben die Lage unter Kontrolle", sagte Stubb am Freitag vor Journalisten in Helsinki. "Wir müssen weiterhin wachsam zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere sensible Infrastruktur nicht von externen Akteuren beschädigt wird."

Nach Vermutungen der finnischen Ermittler könnte der Tanker "Eagle S" den Schaden verursacht haben, indem er seinen Anker über den Meeresboden schleifte. Die finnische Zeitung "Ilta-Sanomat" veröffentlichte am Freitag Aufnahmen, auf denen das Schiff mit nur einer Ankerkette an Steuerbord zu sehen war. Das Loch, aus dem an Backbord normalerweise die zweite Ankerkette kommt, war leer.

Die finnische Polizei teilte mit, im Rahmen von Ermittlungen seien Besatzungsmitglieder der "Eagle S" vernommen worden. Von dem nach Schiffsdaten mutmaßlichen Besitzer des Frachters, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässigen Firma Caravella, sowie dem für den technischen Betrieb zuständigen Unternehmen Peninsular Maritime aus Indien war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.

Über Weihnachten wurden zudem Störungen an Kommunikationskabeln in der Ostsee bekannt. Drei davon verlaufen einem Bericht des finnischen Rundfunksenders Yle zwischen Finnland und Estland, eines zwischen Finnland und Deutschland. Untersuchungen zu den Hintergründen der Ausfälle laufen.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte sich nicht zu dem Vorfall äußern. Die Angelegenheit falle wohl kaum in den Zuständigkeitsbereich des russischen Präsidialamts, sagte er am Freitag. In den Ostsee-Anrainerstaaten herrscht höchste Alarmbereitschaft wegen möglicher Sabotageakte, nachdem es seit 2022 mehrfach zu Ausfällen von Stromkabeln und Telekommunikationsverbindungen gekommen ist. Viele Experten halten Russland für einen möglichen Drahtzieher.

"Natürlich muss die Untersuchung alle Einzelheiten des Bruchs des Estlink 2-Kabels und der Kommunikationskabel aufdecken. Aber unsere Aufgabe ist es, sofort eine klare Botschaft zu senden, dass wir bereit sind, die Verbindungen zwischen Estland und Finnland, wenn nötig, auch mit militärischen Mitteln zu schützen", wurde Verteidigungsminister Pevkur in einer Mitteilung des estnischen Verteidigungsministeriums zitiert.

Die Reparatur der 170 Kilometer langen Verbindungsleitung Estlink 2 könnte nach ersten Schätzungen der Netzbetreiber mehrere Monate dauern. Größere Auswirkungen für Verbraucher soll es nach Angaben der estnischen und finnischen Behörden nicht geben.

ribbon Zusammenfassung
  • Finnische Behörden vermuten Sabotage durch den Öltanker 'Eagle S', der zur russischen Schattenflotte gehören könnte. Der Tanker wurde festgesetzt, nachdem Aufnahmen zeigten, dass eine Ankerkette fehlte.
  • Die Reparatur des 170 Kilometer langen Estlink 2 könnte mehrere Monate dauern. Trotz der Vorfälle erwarten die estnischen und finnischen Behörden keine größeren Auswirkungen für Verbraucher.