Starker Zuzug aus EU-Ländern seit EU-Beitritt Österreichs
Vor dem EU-Beitritt im Jahr 1995 war die österreichische Bevölkerung noch deutlich homogener. Bei der Volkszählung 1991 lebten nur rund 518.000 nicht-österreichische Staatsbürger hierzulande - die meisten davon ehemalige Gastarbeiter aus Jugoslawien (198.000) und der Türkei (119.000) - weniger als 80.000 Einwohner stammten aus den damals zwölf EG-Staaten, 57.000 allein aus Deutschland.
Zehn Jahre später wurden bei der Volkszählung 2001 bereits 106.000 Menschen aus den mittlerweile 14 anderen EU-Ländern gezählt - die überwiegende Mehrheit (72.000) davon kam aus Deutschland, die nächstgrößere EU-Community waren Niederländerinnen und Niederländer (10.000).
So richtig in Fahrt kam die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern in den vergangenen 20 Jahren durch die Ost-Erweiterung der Europäischen Union. Allerdings wurde diese Entwicklung durch die Übergangsregelung deutlich verzögert, wie Bevölkerungsdaten der Statistik Austria zeigen. Wegen befürchteter negativer Effekte auf den heimischen Arbeitsmarkt gewährte Österreich den neuen EU-Ländern das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit zunächst nur eingeschränkt und nutzte neben Deutschland als einziges Land die maximale Übergangsfrist von insgesamt sieben Jahren. Für die 2004 beigetretenen osteuropäischen Länder öffnete sich der österreichische Arbeitsmarkt damit erst am 1. Mai 2011 zur Gänze, für Rumänien und Bulgarien 2014, für Kroatien 2020.
Das zeigte durchaus Wirkung: Die jährlichen Zuwachsraten nach der ersten Erweiterungsrunde 2004 stiegen zwar - am meisten bei den Polen von 2,9 auf 19,5 Prozent im Jahr 2015 - bis 2011 blieb der Zuzug aus den sogenannten neuen EU-Staaten aber moderat. Die vollständige Öffnung des Arbeitsmarkts führte zu einer deutlichen Beschleunigung der Zuwanderung aus dem Osten. 2012 zogen 18.220 Menschen aus den neuen Mitgliedsländern nach Österreich. Seitdem kamen jährlich im Schnitt 28.000 dazu.
Höher als erwartet fiel der Zuzug aus Rumänien und Bulgarien aus. Seit Ende der Übergangsfristen 2014 zogen insgesamt 117.600 Staatsbürger aus den beiden Länder nach Österreich - 93.700 davon aus Rumänien. Nach dem EU-Beitritt der beiden Länder 2007 kamen bereits jährlich im Schnitt 6.700 Personen aus den beiden Staaten dazu. Nach der vollständigen Öffnung des Arbeitsmarkts wuchs die Community 2015 sprunghaft um 17.300 Personen. Seitdem kamen jährlich mehr als 10.000 Staatsbürger der beiden Länder hinzu - rund 80 Prozent davon aus Rumänien.
2015 überholte die Gruppe der hier lebenden Rumäninnen und Rumänen die traditionell starke kroatische Community. Aktuell leben rund 153.400 rumänische Staatsbürger in Österreich, das ist die größte Gruppe nach den rund 232.700 Deutschen. Die drittgrößte Community stellen die Ungarn (107.000), dahinter folgen Staatsbürger aus Kroatien (106.700), Polen (67.900), Slowakei (49.800), Bulgarien (39.800), Italien (39.400), Slowenien (24.000) und Tschechien (15.900).
Insgesamt stehen 570.000 Personen aus den sogenannten neuen Mitgliedstaaten in Österreich 332.000 Einwohnern aus den alten EU-Staaten gegenüber. Bei den westlichen EU-Ländern stieg die Zuwanderung aus den südeuropäischen - wohl infolge der dortigen Wirtschaftskrisen - in den vergangenen 20 Jahren am stärksten. Die Zahl der hier lebenden Spanier (10.200) und Portugiesen (5.000) verfünffachte sich seit 2004, jene der Griechen (8.856) vervierfachte sich fast.
Bei der regionalen Verteilung zeigt sich, dass die Mehrheit der rund 902.000 EU-Bürger in Ostösterreich leben - fast ein Drittel allein in der Bundeshauptstadt Wien (295.600), wo sie fast 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Den zweithöchsten Anteil an EU-Bürgern gibt es in Tirol (11,8 Prozent). Spitzenreiter bei den Gemeinden sind die Exklaven Jungholz in Tirol (68,8) und Mittelberg in Vorarlberg (41,8), die nur über deutsches Staatsgebiet erreichbar sind, sowie Kittsee im Burgenland (54,8) und Wolfsthal in Niederösterreich (43,7), wo sich wegen der Nähe zu Bratislava viele slowakische Familien niedergelassen haben. Durchwegs hoch ist der Anteil auch in anderen Gemeinden nahe der slowakischen Grenze sowie im oberösterreichischen Freinberg (31,1) und Überackern (30,6) an der tschechischen Grenze.
Umgekehrt leben mehr als 340.000 Österreicherinnen und Österreicher in anderen EU-Ländern. Die mit großem Abstand größte Gruppe österreichischer Staatsbürger im EU-Ausland lebte laut Daten der Statistik Austria, die auf Schätzungen des Außenministeriums beruhen, in Deutschland, nämlich rund 256.000. Die nächstgrößten österreichischen Communitys gibt es in Spanien (12.000), Griechenland und den Niederlanden (je 10.000) sowie Frankreich und Italien (je 7.900). Bis zum EU-Austritt Großbritanniens lebten laut Eurostat außerdem mehr als 44.000 Österreicherinnen und Österreicher im Vereinigten Königreich.
Zusammenfassung
- Österreich verzeichnet seit seinem EU-Beitritt eine starke Zuwanderung aus anderen EU-Ländern, mit über 900.000 Bürgern aus diesen Staaten, darunter die größte Gruppe von rund 232.700 Deutschen.
- Die Ost-Erweiterung der EU führte zu einem deutlichen Anstieg der Zuwanderung, insbesondere nach dem vollständigen Öffnen des Arbeitsmarkts 2011 für osteuropäische Länder.
- Rumänische Staatsbürger bilden mit etwa 153.400 Personen die zweitgrößte Gruppe in Österreich, gefolgt von Ungarn und Kroaten.
- In Wien, wo fast 15 Prozent der Bevölkerung aus EU-Ländern stammen, leben die meisten der rund 902.000 EU-Bürger in Österreich.
- Mehr als 340.000 Österreicher leben in anderen EU-Staaten, die meisten davon in Deutschland, gefolgt von kleineren Gemeinschaften in Spanien und Griechenland.