Staatsanwalt dementierte in U-Ausschuss Soko-Befangenheit
Eine Woche nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos sei er von seiner Vorgesetzten Marie-Luise Nittel gebeten worden, sich um die Ermittlungen zu den Hintermännern zu kümmern, schilderte Schneider, der in der Abteilung für organisierte Kriminalität arbeitet. Dabei sei aufgrund der geringen Strafdrohung die Causa zuerst am Bezirksgericht angesiedelt gewesen. Da aber klar gewesen sei, dass es sich um ein "politisch bedeutendes" Verfahren handle, sei dieses zum ihm gewandert.
Auch der selbst im Fokus von Untersuchungen stehende Leitende Wiener Staatsanwalt Johann Fuchs sei in die Organisation der Ermittlungen involviert gewesen, bestätigte Schneider. Die Ermittler könne man sich als Staatsanwalt nicht aussuchen, meinte er zur Beteiligung der im Bundeskriminalamt angesiedelten Soko Tape. Von den Befangenheits-Vorwürfen gegen dort tätige Beamte habe er nur aus den Medien erfahren, berichtete der Staatsanwalt. Dass diese subjektiv ermittelten, habe er in der Zusammenarbeit mit der Soko nicht feststellen können.
Nachdem das SMS eines Soko-Ermittlers an Strache "hochgekommen" war, habe er sich noch einmal den Ermittlungsakt angesehen, sagte Schneider. Demnach habe er keine Befangenheit erkennen können, "seine Ermittlungen waren immer aufrichtig und korrekt". Bis zu dessen Ausscheiden aus der Soko, sei der betroffene Beamte Hauptansprechpartner in der Soko gewesen. Dessen Rolle sei wie jene eines "Poliers einer Baustelle" gewesen.
Über die Ermittlungen selbst gab Schneider nur wenig Auskunft. Er bestätigte lediglich, dass verschiedenen Fragen und Hinweisen nachgegangen werde, etwa, ob Geld für das Video geflossen sei. Auch der Brief des mutmaßlichen Ibiza-Drahtziehers Julian H. an die Präsidentschaftskanzlei vor Bekanntwerden des Videos sei bei den Untersuchungen Thema. Dass die Staatsanwaltschaft auch zum Delikt der Erpressung ermittelt habe, sei auf die Einvernahme von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zurückzuführen, der im Verfahren ja als Opfer geführt werde, erklärte Schneider.
SPÖ und NEOS hatten vor der Befragung Schneiders ein weiteres Mal Kritik an den Ermittlungen. Vertreter beider Oppositionsparteien stellten mögliche politische Einflussnahme auf die Behörden in den Raum. Die für die Ermittlungen gegründete Soko habe oft überschießend gehandelt, befand SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Anstatt sich auf die im Video angesprochene Korruption zu konzentrieren, habe man sich auf "allerlei Nebenschauplätze" begeben.
Auf eine Reform des staatsanwaltlichen Systems pochte ein weiteres Mal die ÖVP. Deren Fraktionsführer ist derzeit Andreas Hanger, da Wolfgang Gerstl nach einem Skiunfall diese Funktion weiter nicht ausüben könne, betonte dieser. Wie man die Rolle wieder langfristig besetzen wird, werde man in den kommenden Tagen und Wochen klären, kündigte Hanger an. Zudem übte er abermals Kritik am Umgangston der Opposition im U-Ausschuss.
Schneider sollte die einzige Auskunftsperson an diesem Tag bleiben. Die Befragung des einstigen Sicherheitschefs von Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache war auf Bitte der Justiz abberaumt worden, da sie die Ermittlungen in der Spesen-Causa gefährden könnte. Und auch Ex-Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher hatte zuvor wieder abgesagt.
Nach rund dreieinhalb Stunden war Schneiders - wenig ergiebige - Einvernahme zu Ende. Am Mittwoch dürfte es wieder länger dauern. Dann sind Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, der einstige Finanzminister der Übergangsregierung und nunmehrige Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), Eduard Müller, und ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter von Gernot Blümel (ÖVP) an der Reihe.
Zusammenfassung
- Die Frage, ob die Ermittlungen zum Ibiza-Video politisch beeinflusst worden sind, hat am Dienstag abermals den dafür zuständigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschäftigt.
- Als einzige Auskunftsperson geladen war Bernd Schneider, jener Staatsanwalt, der federführend die Untersuchungen zu den Hintermännern beleuchtet.
- Dass Beamte der Soko Tape politisch befangen gewesen sein könnten, habe er nicht bemerkt, sagte er.