Schallenberg für klares Balkan-Erweiterungssignal der EU
Die Ukraine stehe nicht in Konkurrenz mit den Staaten des Westbalkans, vielmehr gehe es um die Glaubwürdigkeit der EU, Fortschritte auch für jene Staaten Südosteuropas zu erzielen, denen die EU bereits seit dem EU-Westbalkan-Gipfeltreffen in Thessaloniki 2003 im Wort stehe, so Schallenberg.
Neben der Ukraine und Moldau, für die die EU-Kommission am Freitag den EU-Kandidatenstatus empfohlen hatte, sprach er bei der Diskussion konkret von Bosnien und Kosovo. Zudem forderte er, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien beginnen müssten.
"Wir haben das Gefühl, dass wir den Balkan verlieren", sagte er. In Serbien sei die Stimmung gegenüber der EU negativer als früher. Es gebe eine Mehrheit, die die EU ablehne. "Das ist nicht der Hinterhof von Europa, sondern das Zentrum. Wir müssen also handeln. Dies ist unsere wichtigste strategische Aufgabe, die wir vor uns haben", betonte der Außenminister.
Indem man die Länder an formellen Gesprächen des Rats der Europäischen Union sowie an Fonds beteiligen würde, könnte man ihnen begreiflich machen, dass "sie gerade dabei sind, der EU beizutreten". "Ich verstehe nicht, warum China Autobahnen in der Region kauft (...) und wir beobachten das. Manchmal verstehe ich unsere Logik einfach nicht", monierte er.
Thema der Diskussion war auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Bedeutung einer weiterhin geeinten europäischen Antwort darauf. Laut Schallenberg handelt es sich zwar um einen Krieg in Europa, aber um keinen europäischen Krieg. Die "Schockwellen" seien überall bemerkbar: "Es ist der erste Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg, bei dem man die Folgen global spüren kann".
Jedoch habe der Krieg auch zu einem großen Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der EU geführt sowie die Union "flexibler, widerstandsfähiger, stärker" gemacht. Darüber könne man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin fast dankbar sein, so der Außenminister. Nun müsse die EU aber aufpassen, nicht wieder in alte Muster zurückzufallen. Der anstehende EU-Gipfel am 23. und 24. Juni werde dabei entscheidend sein. Beim EU-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs auch über den Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau entscheiden.
Wichtig sei aber auch, in Bezug auf die Ukraine nicht in einen "geostrategischen Tunnelblick" zu verfallen. "Ja, der Schwerpunkt liegt auf der Ukraine, aber wir haben mehr als eine Nachbarschaft". Ohne dauerhafte Sicherheit und Stabilität im Osten und Südosten Europas, gebe es auch keine in Mitteleuropa. "Wenn wir stark in der Ukraine und in Moldawien agieren, müssen wir auch stark auf dem Westbalkan agieren."
Neben Schallenberg nahmen auch seine Amtskollegen aus Finnland und Schweden, Pekka Haavisto und Ann Linde, sowie der deutsche Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und der britische Schattenminister David Lammy an der Panel-Diskussion teil. Am Rande des Treffens soll Schallenberg auch Gespräche mit Schmidt und Haavisto führen, hieß es seitens des Außenministeriums.
Zusammenfassung
- Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erhofft sich vom EU-Gipfel kommende Woche in Sachen EU-Erweiterung nicht nur klare Signale in Richtung Osten, sondern auch in den Südosten Europas.
- Das sagte er im Zuge einer Panel-Diskussion der Jahresversammlung des European Council on Foreign Relations (ECFR) am Sonntag in Berlin.
- Laut Schallenberg handelt es sich zwar um einen Krieg in Europa, aber um keinen europäischen Krieg.