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Richter wollen mehr Planstellen

Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, erwartet sich bei den anstehenden Budgetverhandlungen ein Plus an Planstellen sowohl bei Richterinnen und Richtern wie auch beim Nachwuchs. "Wir haben nach wie vor große personelle Probleme", so Matejka zur APA. Engpässe gebe es auch beim nicht-richterlichen Personal - hier hofft sie angesichts der Arbeitsmarktlage auch auf organisatorische Maßnahmen.

Die Personalprobleme im richterlichen Bereich seien zum Teil Nachwehen der Sparpolitik früherer Jahre, hängen aber auch mit zahlreichen anstehenden Pensionierungen zusammen. "Es gab in den letzten Jahren massive Aufstockungen bei der Staatsanwaltschaft, aber nur zu einem sehr geringen Teil und erst letztes Jahr bei Strafgerichten", meinte Matejka. "Massive Engpässe" habe man z.B. im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen, aber auch bei Bezirksgerichten im familienrechtlichen Bereich.

So habe etwa das neue Erwachsenenschutzrecht enorme Mehrarbeit produziert, aber nie zu entsprechenden Personalaufstockungen geführt. Ähnliches gelte für das Kindschaftsrecht oder für Unterbringungsverfahren in Psychiatrien. Die jüngsten Gesetzesänderungen mit mehr gerichtlichen Kontrollen seien zwar positiv für die Patienten. "Dieses Mehr an Rechtsschutz ist aber auch immer mit einem Mehraufwand bei den Gerichten verbunden." In den vergangenen Jahren habe es immer geheißen, die diversen Änderungen seien ja nur mit einem geringen Anteil an Mehrarbeit verbunden. "Wenn dann das zehnte Gesetz geändert wird, wird es aber irgendwann spürbar. Das hat sich über Jahre summiert."

Ein wenig gemildert werde der anstehende Nachbesetzungsbedarf derzeit noch dadurch, dass im richterlichen Bereich meist bis zum Alter von 65 Jahren gearbeitet wird. Allerdings dauere die Ausbildungszeit von Richteramtsanwärterinnen und -anwärtern vier Jahre. "Wir müssen also jetzt darauf schauen, dass wir ausreichend aufnehmen und ausbilden. Da wäre unser Wunsch, dass man vorausschauend Personalpolitik betreibt."

Drängender sei die Situation im nicht-richterlichen Bereich. "Hier gehen die Mitarbeiter früher in Pension, das spüren wir schon jetzt sehr stark." Da der Kanzleidienst finanziell nicht attraktiv sei, könne man in der aktuellen Arbeitsmarktsituation nur schwer Stellen besetzen. "Hier gibt es gerade Überlegungen zur Reorganisation und zur Schaffung neuer Berufsbilder. Da geht es darum, Arbeit anders zu organisieren und den Anfall eventuell mit höher qualifiziertem Personal trotz der Pensionierungen zu bewältigen." So könnten etwa vor allem bei Großverfahren Verfahrensmanager unterstützen - für manche Bereiche wären auch juristische Mitarbeiter wie etwa schon beim Bundesverwaltungsgericht eine Möglichkeit.

"Höchste Zeit" ist für Matejka auch eine Gehaltsanpassung in Wirtschaftsstrafsachen: So sind etwa die Gehälter der Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) deutlich höher als jene der Richter in diesem Bereich. "Wer sich für den Fachbereich interessiert, kann sich derzeit entscheiden, ob man lieber als Richter mehr oder minder auf sich allein gestellt über einen Fall entscheidet oder bei der WKStA in einem Team arbeitet und mehr verdient." Die derzeitige Situation führe dazu, dass viele Richter die oft anstrengenden Wirtschaftsstrafsachen entweder gar nicht übernehmen wollen oder nach ein paar Jahren wieder wechseln.

Für einen eigenen Gerichtshof für diese Fälle plädiert Matejka dennoch nicht. Ein solches Spezialgericht für Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen hätte zwar den Vorteil, dass man bei einem Neuaufbau einen entsprechenden Rahmen mit Unterstützungspersonal und entsprechender Infrastruktur schaffen könne. Allerdings blieben die Verfahren aufgrund ihrer Komplexität sehr belastend. An einem allgemeinen Strafgericht könne man dann etwa darum ersuchen, dass man eine Zeit lang keine Wirtschaftsstrafsachen zugeteilt bekommt, aber nach einer Pause wieder in dem Bereich arbeiten. Wenn man sich zu diesem Zweck dagegen von einem Spezialgericht an ein anderes Gericht bewerben müsse, sei die Chance einer Rückkehr gering. "Bei einem allgemeinen Gerichtshof kann man die Arbeitsbelastung besser austarieren." Und eine bessere Infrastruktur könnte man auch an bestehenden Gerichten schaffen.

Diskutieren möchte Matejka die Zuständigkeit von Geschworenengerichten. Hier gebe es schon lange berechtigte Kritik etwa von Anwaltsseite, dass Geschworenenurteile nicht begründet werden müssen und daher die Anfechtung schwierig sei. "Man sollte schon überlegen, welche Delikte geeignet sind, in Geschworenenverfahren abgehandelt zu werden." Die jüngsten Reformen im Verbotsgesetz könnten ein Anlass sein, darüber nachzudenken. Keine Bedenken hat Matejka, wenn Geschworene über leicht fassbare Sachverhalte entscheiden müssen - "ganz plakativ etwa ein Mord, das ist auch für Nichtjuristen gut verständlich, das ist ein abgeschlossener Sachverhalt, den man gut aufarbeiten kann." Schwierig werde es dagegen bei Verfahren, die viel Fachwissen erfordern oder typischerweise komplizierte und umfangreiche Sachverhalte aufweisen.

Von der Politik wünscht sich Matejka mehr Bewusstsein und Sensibilität für die Gewaltenteilung. "Da ist in den letzten Jahren das politische Gefühl ein bisschen verlorengegangen und der wechselseitige Respekt vor einzelnen Institutionen des Staates." Dies sei eine politisch bedenkliche Entwicklung und leider ein genereller Trend in Europa. Die Politik müsse die Unabhängigkeit der Gerichte wahren und bedenken, wo sie sich einmischen könne und wo nicht.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, erwartet sich bei den anstehenden Budgetverhandlungen ein Plus an Planstellen sowohl bei Richterinnen und Richtern wie auch beim Nachwuchs.
  • "Wir haben nach wie vor große personelle Probleme", so Matejka zur APA.
  • "Massive Engpässe" habe man z.B. im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen, aber auch bei Bezirksgerichten im familienrechtlichen Bereich.