Reisebeschränkungen wegen Coronavariante B.1.1.529 "Omikron"
Das zuständige Gremium der Weltgesundheitsorganisation stufte die nach dem griechischen Buchstaben Omikron genannte Variante als "besorgniserregend" ein, riet aber von Reisebeschränkungen abDer Erreger mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B.1.1.529 "weist eine große Zahl von Mutationen auf", begründeten die Experten ihre Entscheidung.
Omikron könnte nach Angaben südafrikanischer Wissenschafter wegen der ungewöhnlich vielen Mutationen noch ansteckender sein als die derzeit grassierende Delta-Variante und die Impfstoffe weniger wirksam machen. Inzwischen wurde die Variante auch in Botsuana, Hongkong, Israel sowie - als erstem EU-Land - in Belgien bei Reisenden aus Afrika nachgewiesen.
Der deutsche Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass die verfügbaren Impfstoffe grundsätzlich auch gegen die neue Variante B.1.1.529 des Coronavirus schützen, insbesondere gegen schwere Krankheitsverläufe. Davon sei "nach derzeitigem Ermessen" auszugehen, hieß es in einer Stellungnahme Drostens für das ZDF. Allerdings umgeht die neue Variante demnach offensichtlich zumindest teilweise die Immunantwort des Körpers.
Die EU-Kommission empfahl am Freitagabend nach Angaben eines Sprechers allen Mitgliedstaaten die vorübergehende Einstellung des Reiseverkehrs mit Südafrika, Botsuana, Eswatini, Lesotho, Mosambik, Namibia und Simbabwe.
Österreich reagierte am Freitag prompt: Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini werden vom österreichischen Gesundheitsministerium als Virusvariantengebiete eingestuft und Einreisen aus diesen Ländern grundsätzlich untersagt. Die Novelle tritt um Mitternacht in Kraft. Zugleich spricht das Außenministerium eine Reisewarnung (Stufe 6) für die sieben afrikanischen Länder aus, teilte Außenminister Michael Linhart (ÖVP) mit. Das Außenministerium warnt somit vor allen touristischen und nicht notwendigen Reisen, einschließlich Urlaubs- und Familienbesuchsreisen in diese Länder. Außerdem gilt ein Landeverbot für die sieben Länder.
Etwa 170 Österreicher und Österreicherinnen sind nach Angaben des Außenministeriums derzeit als Reisende in den sieben afrikanischen Ländern registriert. Sie würden nunmehr SMS und Email erhalten, mit der Aufforderung sich zu melden, wenn sie Hilfe bräuchten, sagte eine Sprecherin von Außenminister Michael Linhart am Freitag gegenüber der APA. Den registrierten Reisenden werde dringend die Heimreise angeraten.
In Deutschland wird der Flugverkehr mit Südafrika ab dem Wochenende drastisch eingeschränkt. Südafrika, Namibia, Simbabwe, Botsuana, Mosambik, Eswatini, Malawi und Lesotho werden laut Robert-Koch-Institut ab Sonntag um 00.00 Uhr als Virusvariantengebiete eingestuft. Auch das Auswärtige Amt warnte vor Reisen in die Länder. Fluggesellschaften dürfen nur noch deutsche Staatsbürger nach Deutschland befördern. Zudem müssten alle Eingereisten für 14 Tage in Quarantäne - auch wenn sie vollständig geimpft sind.
Zahlreiche weitere Länder, darunter neben Österreich auch Belgien, Italien, Marokko, Kanada, Singapur, die Philippinen und mehrere arabische Staaten schlossen sich ebenfalls den Beschränkungen an. Israel verhängte ein Einreiseverbot für die meisten afrikanischen Länder - mit Ausnahme Nordafrikas.
In den USA gilt ab Montag ein Einreiseverbot aus den acht Staaten aus dem südlichen Afrika. Von den Beschränkungen ausgenommen seien einreisende amerikanische Staatsbürger, Menschen mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung und andere Ausnahmefälle. Ähnliche Maßnahmen wurden in Kanada ergriffen. Präsident Joe Biden erklärte, andere Länder sollten dem Beispiel der USA folgen und mehr Impfdosen für ärmere Länder spenden.
Der südafrikanische Gesundheitsminister Joe Phaahla kritisierte die Einreiseverbote als "ungerechtfertigt". Außenministerin Naledi Pandor nannte die Maßnahmen "voreilig" und verwies auf den Schaden für die Tourismusindustrie und Unternehmen ihres Landes.
Noch sind die Auswirkungen der neuen Virusvariante nicht klar. Nach den Worten eines WHO-Sprechers wird es "einige Wochen" dauern, bis Wissenschafter die Folgen verstehen können. Das deutsche Unternehmen BioNTech prüft jedoch bereits eine mögliche Anpassung seines bestehenden Corona-Impfstoffs. In spätestens zwei Wochen seien weiterführende Daten aus den Labortests zu erwarten, sagte ein Sprecher.
Sollte eine Anpassung erforderlich sein, hat Biontech nach eigenen Angaben schon vor Monaten mit seinem US-Partner Pfizer Vorbereitungen getroffen. Der mRNA-Impfstoff soll dann innerhalb von sechs Wochen angepasst werden, erste Chargen des angepassten Impfstoffs könnten innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden. Das US-Unternehmen Moderna kündigte an, eine spezielle Auffrischungsimpfung gegen die Omikron-Variante zu entwickeln.
Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) äußerte sich allerdings zurückhaltender. "Die EMA hält es zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht, die Notwendigkeit eines angepassten Impfstoffs mit einer anderen Zusammensetzung zur Bekämpfung dieser neuen Variante vorauszusehen", erklärte die Behörde auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.
Zusammenfassung
- Mit strikten Reisebeschränkungen wollen zahlreiche Länder die Ausbreitung einer zuerst in Südafrika entdeckten neuen Corona-Virusvariante verhindern.
- Mehrere Länder, darunter Österreich, beschlossen die vorübergehende Einstellung des Reiseverkehrs mit acht Ländern im südlichen Afrika.
- Die WHO stufte die nun Omikron genannte Variante als "besorgniserregend" ein.
- Auch das Auswärtige Amt warnte vor Reisen in die Länder.