APA/BKA/REGINA AIGNER

Regierung will Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglichen

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) haben am Montag eine Reform der Ehrenzeichengesetze präsentiert, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglichen soll. Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke, der 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhielt. Die Begutachtung des Gesetzesentwurfs läuft bis 17. Juli.

"Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele mit dem Wegschauen weitergemacht", sagte Kogler. Auch bei den Ehrungen seien weiterhin mehr oder weniger bekannte Nationalsozialisten bedacht worden. Die gesetzliche Lage sei bis heute schwierig und schwammig, die Aberkennung posthumer Ehrungen bisher gar nicht möglich gewesen. Mit dem Entwurf soll das nun gerade gerückt werden.

"Österreich hat hier eine historische Verantwortung, aber darüber hinaus auch eine gegenwärtige und immerwährende Verantwortung", betonte der Vizekanzler und Sportminister. Es gehe darum, die Aberkennung einer Wertschätzung für jene, die sie nicht verdienen, zu ermöglichen. Auch im Nachgang der MeToo-Bewegung sei das ein wichtiger Schritt. Im Sportbereich gibt es laut Kogler mindestens einen Fall, bei dem es im Nachhinein Konsequenzen geben könnte. Um wen es geht, wollte er noch nicht sagen.

Auch Edtstadler betonte, dass Österreich eine Verantwortung trage und seine Ehrenzeichen schützen müsse. "Schwere Straftäter, Nazis, Kinderschänder dürfen keine Ehrenzeichenträger sein." Derzeit sei es aber auch bei groben Verstößen gegen die Grundwerte der Republik nicht möglich, Ehrenzeichen um Verdienste der Republik abzuerkennen. Künftig soll zwischen einem Widerruf ex lege, also dem Verlust von Rechts wegen, und der aktiven Aberkennung unterschieden werden.

Ex lege soll ein Ehrenzeichen widerrufen werden, wenn der Ausgezeichnete wegen einer Vorsatztat zu mehr als sechs Monaten unbedingter oder 12 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt wird sowie - unabhängig von der Strafhöhe - bei Verurteilungen gegen Leib und Leben, die Freiheit, die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, gegen die Republik oder deren Einrichtungen und Organe oder nach dem Verbotsgesetz.

Eine Aberkennung sieht die Reform vor, wenn die Person eine führende Rolle in der NSDAP oder den ihr angeschlossenen Organisationen innehatte und sich aktiv an den nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligte. Für die Aberkennung wird ein eigener Beirat im Bundeskanzleramt eingerichtet.

Die Möglichkeit der Aberkennung der Ehrenzeichen wird bereits seit längerem gefordert. Dass es so lange gedauert hat, erklärte Edtstadler unter anderem mit legistischen Herausforderungen. So sei etwa die posthume Aberkennung problematisch, da es sich um höchstpersönliche Rechte handle, die automatisch mit dem Tod erlöschen. Sie soll nun in Form einer Feststellung möglich sein.

Die SPÖ begrüßte in einer Reaktion auf die Regierungspläne zwar, dass es "nach Jahren der Untätigkeit nun endlich Bewegung beim Ehrenzeichengesetz gibt", äußerte aber Kritik an der Vorgehensweise der Bundesregierung. "Der Gesetzestext muss jetzt endlich vorgelegt werden, damit wir als Opposition die Ausgestaltung überprüfen können, nachdem die Regierung wieder nicht bereit war, dieses Oppositionsanliegen gemeinsam zu gestalten", forderte die Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, in einer Aussendung.

"Nachdem wir mit Anfragen und Anträgen den Stein ins Rollen gebracht und Druck aufgebaut haben, gibt es nach Jahren des Vertröstens jetzt endlich Bewegung beim Ehrenzeichengesetz", freute sich Stephanie Krisper, NEOS-Sprecherin für Inneres, in einem Statement gegenüber der APA. Für eine vollständige Einschätzung des Gesetzes müsse man den Entwurf erst im Detail analysieren. Prinzipiell sei aber der von der Regierung gewählte Zugang zur Thematik zu befürworten.

ribbon Zusammenfassung
  • Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) haben am Montag eine Reform der Ehrenzeichengesetze präsentiert, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglichen soll.
  • Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke, der 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhielt.
  • Die Möglichkeit der Aberkennung der Ehrenzeichen wird bereits seit längerem gefordert.