Prozess gegen deutsche "Reichsbürger"-Gruppe gestartet
Das Verfahren in Stuttgart ist der erste von drei Mammutprozessen gegen die Gruppe um Prinz Reuß und eines der größten Staatsschutzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die insgesamt 27 Verdächtigen sollen einen gewaltsamen Umsturz der deutschen Regierung geplant haben. Im Dezember 2022 waren in einer internationalen Großrazzia zahlreiche mutmaßliche Angehörige der Gruppe festgenommen worden. Eine der Festnahmen fand in Österreich statt.
In Stuttgart geht es vor allem um den militärischen Arm der Gruppe, der die Machtübernahme mit Waffengewalt hätte durchsetzen sollen. In Frankfurt sind ab 21. Mai die mutmaßlichen Anführer, darunter Reuß, angeklagt. In München stehen ab 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder vor Gericht.
Mehrere Verteidiger kritisierten am Montag die Aufteilung des Verfahrens auf drei Oberlandesgerichte und beantragten eine Aussetzung des Stuttgarter Verfahrens. Nach Worten eines Anwalts sei eine effektive Strafverteidigung nicht möglich, weil die Erkenntnisse in einem Prozess nur schwer in die anderen einfließen könnten. Eine Zusammenlegung sei im Interesse einer umfassenden Aufklärung, sagte auch eine Verteidigerin. Es bestehe die Gefahr, dass Zeugen in den drei unterschiedlichen Prozessen unterschiedliche Aussagen machten. Die Aussetzung wurde vom Gericht abgelehnt.
Zwei der Angeklagten wollten sich zu den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft. Sie seien bereit, Angaben zur Person und zur Sache zu machen, sagten sie am Montag in dem Prozess. Ein weiterer Angeklagter kündigte an, Angaben zur Person, aber nicht zur Sache machen zu wollen. Die restlichen sechs Angeklagten wollen zunächst überhaupt keine Angaben machen. Wann die beiden Angeklagten aussagen sollen, ist noch nicht klar.
Der Aufbau militärisch organisierter Verbände der "Reichsbürger"-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß war nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft teils weit fortgeschritten. In zwei Fällen hätten die sogenannten Heimatschutzkompanien selbst aktiv werden können.
Innerhalb der Kompanie, die in Baden-Württemberg für die Bereiche Tübingen und Freudenstadt hätte zuständig sein sollen, seien bereits Verantwortliche für die Rekrutierung weiteren Personals benannt worden, hieß es in der verlesenen Anklage. Auch die Kompanie, die in Thüringen für Jena, den Saale-Holzland-Kreis und den Saale-Orla-Kreis hätte zuständig sein sollen, habe selbst aktiv werden können. Die Kompanien hätten laut Anklage nach einer potenziellen Machtübernahme der Gruppe politische "Säuberungsaktionen" in ihrem Zuständigkeitsbereich durchführen sollen.
Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Es zeigt auf jeden Fall die Stärke unseres Rechtsstaats, dass hier das bisher größte Terrornetzwerk von 'Reichsbürgern' nun vor Gericht steht und sich für seine (...) militanten Umsturzpläne verantworten muss."
Zusammenfassung
- Die Gruppe plante einen gewaltsamen Umsturz der deutschen Regierung, wobei 27 Verdächtige in einer internationalen Großrazzia im Dezember 2022 festgenommen wurden.
- Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser betonte im ZDF-'Morgenmagazin' die Stärke des Rechtsstaats, der nun das bisher größte Terrornetzwerk von 'Reichsbürgern' vor Gericht bringt.