Regierungsverhandlungen
Blau-türkiser Postenstreit: ÖVP von Kickl "überrascht"
Am Dienstagabend spitzten sich die Koalitionsverhandlungen erneut zu. Eine kleine Runde inklusive der Parteichefs kam zusammen, um über die ungelösten Brocken zu sprechen. Doch relativ rasch soll es dann um die Aufteilung der Ministerien gegangen sein. Die FPÖ beansprucht dabei Ressorts, die auch der ÖVP besonders wichtig sind.
Die Gespräche endeten, binnen einer Stunde trommelte die ÖVP den Parteivorstand digital zusammen. Ein Abbruch der Verhandlungen wurde von beiden Seiten dementiert – doch zunehmend werden die Streitpunkte in der Öffentlichkeit ausgetragen.
Zentraler Streitpunkt: Das Finanz- und Innenministerium. So wollen die Blauen für sich das Innenministerium mit den Bereichen Sicherheit und Asyl, außerdem das mächtige Finanzministerium, zudem die Medien- und Kulturagenden im Kanzleramt und auch die Europaagenden. "Das geht sich für die ÖVP nicht aus", hieß es aus türkisen Verhandlerkreisen.
Kickl beharrt drauf
In der FPÖ dürfte man auf eine Antwort warten. Unterdessen untermauerte Kickl in einem Post auf Facebook abermals seine Forderungen.
Es gehe dabei nicht um "Posten und Macht". Vielmehr brauche es einen "ehrlichen Kampf gegen die Teuerung", die Österreicher würden "ein ordentliches und ehrliches Budget statt einem Schuldenberg" wollen. "Deshalb ist es uns wichtig, dass wir die Verantwortung für die Finanzen und den Staatshaushalt haben. Die letzten Finanzminister waren es ja, die dieses Budget mit Milliardenschulden zu verantworten haben."
Ähnlich klingt es bei der Asylpolitik. Wenn die FPÖ das verantworte, müsse sie auch in den Posten dafür sitzen, um zu gestalten - im Innenministerium. "Die FPÖ und ich, wir wollen einen Kurswechsel in der Sicherheitspolitik und beim Asylkurs. Damit endlich die Richtigen, also unsere eigene Bevölkerung, die 'Familie Österreich', geschützt werden und nicht die illegalen Eindringlinge", schrieb Kickl.
"Es geht uns nicht darum, ob wir einen Minister mehr oder weniger haben", meinte Kickl.
ÖVP "überrascht"
Die Volkspartei zeigte sich in einem Statement gegenüber PULS 24 "überrascht". Man habe sich entschieden, "ehrlich und konstruktiv" mit der FPÖ zu verhandeln.
"Vieles konnte gelöst werden, wichtige Punkte sind noch offen. Das heutige Facebook-Posting von Herbert Kickl hat uns daher überrascht. Wenn man einen Partner für eine gemeinsame Regierung finden will, sollte man auf diesen zugehen und ein Angebot auf Augenhöhe unterbreiten. Herbert Kickl hat den Auftrag angenommen, eine Regierung zu bilden. Daher liegt der Ball bei ihm", hieß es.
Zum Rapport in der Hofburg
Klarheit, wie es weitergeht, sollte es schon am Donnerstag geben. Schon am Mittwoch soll ÖVP-Chef Stocker bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen sein, am Donnerstag sei ein Treffen zwischen Kickl und Van der Bellen vorgesehen. Das sei allerdings schon ein seit längerem vereinbarter Termin, hieß es.
Dennoch dürfte der Druck groß sein, über Erfolge zu berichten. Möglich ist aber auch, dass der FPÖ-Chef dem Staatsoberhaupt vom Scheitern der Gespräche berichtet, was wohl ziemlich sicher zu einer Neuwahl führen könnte. Andere Möglichkeiten wären nur noch eine Wiederaufnahme der Gespräche zwischen ÖVP und SPÖ oder eine Minderheitsregierung.
Video: Worüber FPÖ und ÖVP jetzt streiten
Zusammenfassung
- Die Töne der Verhandler um eine blau-türkise Koalition werden rauer.
- Der Machtkampf um Posten und Ministerien wird nun auch öffentlich geführt.
- Für die ÖVP "liegt der Ball" nun bei FPÖ-Chef Herbert Kickl.
- Beide Parteichefs werden in der Hofburg zu Gesprächen erwartet.