PH Tirol-Chefin: Ganze Lehrerausbildung an PHs, weg von Unis
"Was liegt näher, als dass der noch unter anderem an den Universitäten angesiedelte Teil der gesamten Lehramtsausbildung zu den Pädagogischen Hochschulen kommt?", fragte und betonte die Rektorin unter Verweis darauf, dass bereits ausschließlich an PHs Lehrerinnen und Lehrer für die Altersgruppe sechs bis zehn Jahre (Primarstufe) und die Pädagogen für Berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS) sowie für Berufsschulen ausgebildet werden. Die Ausbildung für Lehrer der "Sekundarstufe Allgemeinbildung" teilen sich Unis und Pädagogische Hochschulen hingegen.
Ihr Vorstoß sei durchaus auch als "Gegenvorschlag" an die Universitätenkonferenz (uniko) gedacht, die in einem Positionspapier die "Eingliederung" bzw. "Integrierung" der 14 Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten verlangt und sich für eine Zusammenführung der Lehrerausbildung ausgesprochen hatte. Dieses Verlangen sei "so nonchalant dahergekommen", übte Mathies deutliche Kritik an den Verantwortlichen: "Damit tut man der Zusammenarbeit nichts Gutes." Wenn die uniko plötzlich auf die Idee komme, die PHs in den Universitäten aufgehen zu lassen, dann wolle sie vielmehr in Sachen Lehrausbildung das aufgrund der derzeitigen Struktur "wohl Näherliegende" hiermit zur Diskussion stellen. Die komplette Verantwortung für die Ausbildung unter dem Dach der PHs wäre eine Maßnahme, die eine Effizienzsteigerung bedeuten würde.
Denn die Pädagogische Hochschule sei "die Experteninstitution für Lehramtsausbildung", erklärte die seit Oktober 2022 amtierende Rektorin. Generell sei diese jene Einrichtung, bei der die Lehramtsausbildung den "Hauptkern" bilde, während sie an den Universitäten "unter ferner liefen" rangiere. Die Pädagogischen Hochschulen könnten sich natürlich als "junge Einrichtung", was "Größe und Tradition" anbelangt, nicht mit den Universitäten vergleichen, betonte Mathies, aber "von der Sache des Lehramtsstudiums her muss man das schon auch mal sagen dürfen."
Auch darüber hinaus pochte die Tiroler Rektorin darauf, den PHs eine gewichtigere Rolle zuzuerkennen: So müssten diese im Zuge der Regierungsverhandlungen nach der kommenden Nationalratswahl als "ernsthafte Bildungspartner" in die Gespräche miteinbezogen werden, wie es auch bei den Unis der Fall sei. Schließlich weise man mit der nunmehrigen Rektorin der Pädagogischen Hochschule Steiermark, Beatrix Karl, eine ehemalige ÖVP-Wissenschaftsministerin als Vorsitzende der Rektorenkonferenz der österreichischen Pädagogischen Hochschulen (RÖPH) auf. Die "Relevanz der Pädagoginnenbildung" komme ihr in der öffentlichen Debatte immer "viel zu kurz", monierte Mathies.
Begrüßt wurde von der Rektorin sowie ihrem Vizerektor für Studium und Lehre, Gregor Örley, hingegen die im Frühjahr beschlossene Reform der Lehrerausbildung, die ab 2025/26 für die Volksschullehrer-Ausbildung ein dreijähriges Bachelor-und ein zweijähriges Masterstudium bringt, für Lehrer höherer Schulen dieselbe Ausbildungsdauer ab 2026/27 (bisher vier plus ein Jahr bzw. vier plus zwei Jahre). "Das ist ein guter, notwendiger Schritt, um im europäischen Bildungskanon anschlussfähig zu sein", so Mathies. Das bisherige, 2015 eingeführte, System mit "vier plus ein Jahr bzw. vier plus zwei Jahren" sei hingegen "wenig nachvollziehbar" gewesen: "Es hat sich mir und vielen anderen nie erschlossen warum das damals gemacht wurde." Sie wünsche sich, dass man nun einmal längere Zeit bei dieser Lösung bleibe, appellierte die Rektorin: "Wir brauchen jetzt einmal Kontinuität. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, die einen flexiblen Spielraum für Inhalte geben." Sie habe etwas Sorge, dass durch eine neue Regierung, egal wie sie parteipolitisch besetzt sei, im Bildungsbereich wieder "zu viel umgeworfen wird", meinte Mathies.
Der oft angeführte Lehrermangel sei in Tirol nicht in dem Ausmaß festzustellen wie in anderen Bundesländern, erklärte Vizerektor Örley: "In Tirol können Lehrstellen derzeit gut besetzt werden." Was angehende auszubildende Lehrer betrifft, habe man eine "super Nachfrage": "Wir dachten eigentlich, dass wir einen Rückgang haben werden aufgrund der Umstellung auf die 'drei plus zwei Jahre'- Ausbildungsdauer, aber es waren dann weit mehr Anmeldungen als angenommen." Überhaupt glaube er, dass österreichweit bald der "Peak" erreicht sein werde und Lehrermangel "in drei Jahren nicht mehr das Thema sein wird", so Örley. Im Kampf gegen den Lehrermangel beäugten Mathies wie Örley zu viel Teilzeitarbeit bei den Lehrern durchaus kritisch, es müsse ein "gesundes Maß" bzw. die Balance gehalten werden, betonte der Vizerektor: "Es braucht in der Schule sowie insgesamt in der Gesellschaft genügend Menschen, die das System tragen, indem sie Vollzeit arbeiten." Dass viele Berufseinsteiger in Teilzeit beginnen möchten, ist für Örley ein "Nachteil für die Schulentwicklung am Standort".
Als "beste Variante" gegen Lehrermangel sah Mathies das von Minister Martin Polaschek (ÖVP) initiierte Modell für den Quereinstieg. Auch beim Image des Lehrerberufes gelte es anzusetzen. "Mehr Unterstützungspersonal in den Schulen würde den Beruf attraktiver machen. Damit die angehenden Pädagogen wissen: Sie können sich auf die eigentliche Arbeit konzentrieren." "Dringend erforderlich in der kommenden Legislaturperiode" wäre es auch, dass Junglehrer seitens der Politik durch die zugesagten dienstrechtlichen Maßnahmen Absicherung erhalten, nicht "verheizt" werden - "damit sie nicht abspringen", so die Rektorin.
Dezidiert speziellen Deutschförderklassen in Schulen aufgrund der zunehmenden Migrationsproblematik wollten Mathies und Örley nicht das Wort reden. Einen entsprechenden Vorstoß hatte Polaschek zuletzt gemacht. "Ob dieses Deutschlernen im inklusiven Setting, in temporären, kleinen Gruppen oder in Deutschförderklassen organisiert wird, ist eine Frage der Kompetenzen am Schulstandort", so Vizerektor Örley.
"Mehr Humanressourcen" bräuchte es an der PH Tirol nicht nur im Bereich "Deutsch als Zweitsprache", sondern auch was den Umgang mit und Lehre über Künstliche Intelligenz (KI) betrifft, erklärte Rektorin Mathies. "Fachexpertise zu kriegen, ist teuer. Die, die Kompetenz haben, gehen meistens nicht in den Bundesdienst. Es ist schwierig, gute Leute zu bekommen. Der Markt ist so ausgedünnt", wünschte sich Mathies mehr finanzielle Mittel, um entsprechende KI-Kapazunder zu gewinnen. Generell sehe sie "KI auf allen Ebenen als Chance, wenn es uns gelingt die kritisch-reflexive Distanz in den Köpfen zu wahren." Man habe in diesem Bereich an der PH Tirol schon wesentliche erste Schritte gesetzt, nämlich Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung wie Fortbildungen und KI-Leitlinien. Zentral sei eine Abkehr von der klassischen Beurteilung der finalen Arbeiten hin zu einer stetigen Begleitung des Arbeitsprozesses mit Zwischenbesprechungen. Ganz wichtig sei es auch als PH folgende Botschaft auszuschicken, hob Örley hervor: "Du einzelner Mensch kannst den Stromknopf bedienen und sagen: 'Ich will jetzt nicht KI'."
Zusammenfassung
- Regine Mathies, Rektorin der Pädagogischen Hochschule Tirol, fordert, dass die gesamte Lehrerausbildung an die Pädagogischen Hochschulen verlagert wird.
- Die Universitätenkonferenz (uniko) will hingegen die PHs in die Universitäten integrieren, was Mathies scharf kritisiert.
- Die Reform der Lehrerausbildung ab 2025/26, die ein dreijähriges Bachelor- und ein zweijähriges Masterstudium vorsieht, wird von Mathies und ihrem Vizerektor Gregor Örley begrüßt.
- In Tirol gibt es derzeit keinen akuten Lehrermangel, und die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen ist hoch.
- Mathies fordert mehr finanzielle Mittel für den Bereich Künstliche Intelligenz an der PH Tirol, um qualifiziertes Personal zu gewinnen.