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Weniger Arzttermine für Asylwerber? Kaum Nutzen

FPÖ und ÖVP wollen Asylwerber:innen den Zugang zum Gesundheitssystem erschweren. Die Ärztekammer verweist auf den hippokratischen Eid. Und auch verfassungsrechtlich ist klar: Der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung darf niemandem verwehrt werden.

Derzeit bekommen Asylsuchende in Österreich automatischen Zugang zum gesamten Leistungsangebot der E-Card und damit zum österreichischen Gesundheitssystem. Das wollen FPÖ und ÖVP aber ändern.

Beschränkter Zugang zum Gesundheitssystem

Denn Blau-Türkis will Asylwerbern und Flüchtlingen in Zukunft den Zugang zum Gesundheitssystem erschweren bzw. beschränken. Asylwerbende sollen nur mehr Zugang zur Notversorgung bekommen - dafür soll ihnen monatlich auch ein Betrag von 10 Euro von der Grundversorgung abgezogen werden. So würden sie auch in das Gesundheitssystem einzahlen.

Man erhoffe sich dadurch auch, dass Österreichs überlastetes Gesundheitssystem mehr Luft bekommt. Wenn ein Flüchtling den Asylstatus erhalten hat, soll seine Gesundheitsversorgung an gewisse Integrations-Kriterien gekoppelt werden. Ein entsprechendes Rechtsgutachten soll bereits in Auftrag gegeben worden sein.

Ist das verfassungsrechtlich überhaupt möglich?

Verfassungsrechtlich scheint das ganze Vorhaben einen "kleinen Spielraum" zu haben, erklärt Verfassungsrechtler Peter Bußjäger im PULS 24 Interview.

Man müsse sich im Detail ansehen, welche Behandlungen durch die geplante Maßnahme für Asylwerbende wegfallen würden. Auch über die Einführung von Priorisierungen bei nicht dringenden Behandlungen könne man auch diskutieren.

Prinzipiell gelte aber natürlich: Der Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung darf niemandem verweigert werden. "Für Menschen, die unabweisbar krank sind" komme diese Regelung nicht infrage. Auch Asylwerbende müssten an einer Grundversorgung teilhaben, und vor allem in akuten Fällen müsse man selbstverständlich behandelt werden, so wie "alle anderen auch". 

Dass man den Zugang zu bestimmten Leistungen an den Integrationsgrad knüpft, sei prinzipiell verfassungsrechtlich möglich. Der Spielraum dafür hält Bußjäger aber für "nicht besonders groß"

Und auch die Ärztekammer Wien betont auf PULS 24 Anfrage: Als Ärzt:innen habe man natürlich den Anspruch, Patient:innen "bestmöglich zu behandeln".

"Wir berufen uns auf den hippokratischen Eid und auf das Ärztegesetz, welches folgenden Passus beinhaltet: 'Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen'."

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Nur rund 13.000 Betroffene

Betroffen von dieser Regelung wären tausende Menschen: Im Jahr 2024 wurden in Österreich 24.941 Asylanträge gestellt. Laut der Grundversorgungsstatistik des Innenministeriums gibt es derzeit 13.044 Asylwerber:innen im Land.

Die Maßnahme, die laut ÖVP und FPÖ dienen soll, um Geld einzusparen, sei laut dem Sprecher der Asylkoordination Österreich Lukas Gahleitner-Gertz "sinnlos". Die Maßnahmen seien "weder dazu geeignet, einen signifikanten Geldbetrag einzusparen, noch dazu, irgendein System zu verbessern. Gerade im Gegenteil", so Gahleitner-Gerz.

Einsparungen mikroskopisch

Denn der Geldbetrag, der dadurch eingespart werden würde, sei "minimal": Zieht man den 13.000 Asylwerber:innen in Österreich beispielsweise 10 Euro pro Monat ab, kommt man auf rund 1,5 Millionen Euro im Jahr. Die laufenden Kosten des Gesundheitssystems belaufen sich aber auf 40,3 Milliarden Euro (2023). Die eingesparte Summe würde also knapp 0,004 Prozent der Gesundheitskosten ausmachen. Selbst wenn man den Asylwerbenden eine etwas höhere Summe abziehen würde, wäre die Einsparung trotzdem minimal.

Und bei den Asylwerber:innen, die laut ÖVP und FPÖ einen "Beitrag leisten" sollen, handle es sich sowieso um Menschen, die "neben der Unterkunft noch ca. 210 Euro monatlich zur Verfügung haben" und "sämtliche Lebenshaltungskosten zu decken".

"ÖVP und FPÖ schaffen Gesundheitsrisiko"

Durch diesen Vorschlag würde man Schikanen einführen, die im Wesentlichen "die Gesundheit aller" gefährden werden, so Gahleitner-Gertz. 

Unter den betroffenen Asylwerber:innen gebe oft Menschen, "bei denen es sehr wichtig ist, dass sie eine sehr engmaschige Behandlung bekommen. Wenn das nicht passiert, ist das ein Gesundheitsrisiko, das hier geschaffen wird durch ÖVP und FPÖ", betont der Sprecher der Asylkoordination Österreich.

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ribbon Zusammenfassung
  • FPÖ und ÖVP wollen Asylwerber:innen den Zugang zum Gesundheitssystem erschweren.
  • Die Ärztekammer verweist auf PULS 24 Anfrage auf den hippokratischen Eid. Man müsse alle Patienten bestmöglich behandeln.
  • Und auch verfassungsrechtlich ist klar: Der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung darf niemandem verwehrt werden.