Kommunalwahlen in NÖ: Erstmals drei blaue Gemeinden
Bei teils vorfrühlingshaften Temperaturen haben am Sonntag die Kommunalwahlen in 568 der 573 niederösterreichischen Gemeinden stattgefunden.
Die ÖVP hat zum vierten Mal weniger als 50 Prozent landesweit erreicht. Mit 46,97 Prozent (minus 5,86 Prozentpunkte) blieb die Volkspartei dennoch klare Nummer eins auf kommunaler Ebene. Das "fiktive Landesergebnis" lag knapp unter jenem aus 1995 mit 47,34 Prozent.
Es folgten die SPÖ mit 26,39 Prozent (2020: 27,73 Prozent) und die FPÖ mit 13,05 Prozent (plus 7,26 Prozentpunkte), ihrem besten Ergebnis auf kommunaler Ebene im Bundesland.
Die Grünen erzielten 4,69 Prozent (minus 1,23 Prozentpunkte), die NEOS 1,77 Prozent (plus 0,52 Prozentpunkte). Listen kamen auf 7,14 Prozent nach 6,49 Prozent vor fünf Jahren. In Mandaten bedeutete das: V 6.448 (568 weniger als 2020), S 2.999 (minus 126), F 1.316 (plus 832), G 307 (minus 103), N 85 (plus 27). Auf Listen entfielen 718 Sitze (plus 86).
"Schmerzliches Ergebnis" für ÖVP-Chef Stocker
In der zweitgrößten Stadt Niederösterreichs, Wiener Neustadt, konnte die ÖVP zwar den ersten Platz halten, verlor aber um etwa 9 Prozentpunkte. Die ÖVP kommt auf 35,8 Prozent, die SPÖ auf 26,5 Prozent und die FPÖ auf 20,7 Prozent.
In Wiener Neustadt ist der nunmehrige ÖVP-Bundesparteiobmann Christian Stocker Vizebürgermeister. Er sprach im PULS 24 Interview von einem "schmerzlichen Ergebnis". Gemeindewahlen seien "spezielle Wahlen", wo "lokale Themen" im Vordergrund stehen würden, will Stocker die Bundes-ÖVP nicht in Verantwortung ziehen.
Stocker: "Schmerzliches Ergebnis" in Wiener Neustadt
Der Bürgermeister Klaus Schneeberger gibt sich positiv: "Ich wollte Erster werden und bin Erster geworden, natürlich mit einem blauen Auge".
Hafenecker und Waldhäusl gescheitert
Spannend war es auch in Kaumberg, wo FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker auf den Bürgermeister-Sessel spitzte. Mit US-Präsident Trumps Wahlspruch "Make Kaumberg great again" stimmte er die Stimmberechtigten am Sonntag auf einen blauen Wahlsieg ein. Aus dem wird aber wohl nichts.
Denn die ÖVP-Liste hält dort nach dem vorläufigen Ergebnis bei 68,54 Prozent. Dahinter liegt die FPÖ-Liste mit 23,35 Prozent.
In Waidhofen an der Thaya hatte der frühere FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl ebenso sein Glück versucht, jedoch vergebens. Denn die ÖVP hatte sogar mit über sechs Prozent dazugewonnen und erreichte eine Absolute mit 52 Prozent. Waldhäusls Liste kam auf 32,13 Prozent.
Drei blaue Gemeinden
Trotz Scheitern von Hafenecker und Waldhäusl konnte sich die FPÖ in drei Gemeinden doch durchsetzen.
In Enzersdorf an der Fischa (Bezirk Bruck an der Leitha) übernimmt die FPÖ-Liste mit 35,71 Prozent die Führung. Die ÖVP-Liste, 2020 noch Nummer eins, büßte 17,12 Prozent ein und kam auf 27,62 Prozent.
In Pernitz (Bezirk Wiener Neustadt) setzt sich die FPÖ-Liste ebenfalls an die Spitze. Sie erzielte 26,58 Prozent. Nummer zwei wurde die ÖVP-Liste mit 25,97 Prozent.
Neue stärkste Kraft in Lassee ist ebenfalls eine FPÖ-Liste. Sie erhielt 32,59 Prozent und steigerte sich um 19,24 Prozent. Mit 31,23 belegte die ÖVP-Liste Platz zwei.
Eine Mehrheit erhielten die Blauen in jenen Gemeinden allerdings nicht. Ob es in NÖ dann auch blaue Bürgermeister:innen geben könnte, entscheiden dann die jeweiligen Gemeinderäte.
"Kurier"-Chefredakteur über die NÖ-Gemeinderatswahlen
Schwarz hält sich
Die ÖVP, die in über 400 Gemeinden den oder die Ortschef:in stellt, kann sich aber in vielen Gemeinden halten. In einigen Waldviertler Gemeinden konnte sie sogar Zugewinne verbuchen.
Im Bezirk Melk hat die ÖVP die eigentliche SPÖ-Gemeinde St. Martin-Karlsbach eingenommen. Die ÖVP machte über 50 Prozent. Die SPÖ verlor 13 Prozent der Stimmen und kam auf den zweiten Platz.
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In Großhofen (Bezirk Gänserndorf), Niederösterreichs kleinster Gemeinde mit lediglich 79 Wahlberechtigten, hat die ÖVP beim kommunalen Urnengang am Sonntag 67 Stimmen erhalten. Nur die Volkspartei hatte auch kandidiert.
Der Gemeindebundpräsident Johannes Pressl (ÖVP) hält in seiner Gemeinde Ardagger (Bezirk Amstetten) seine Absolute.
Obwohl sich die ÖVP trotz Verluste hält, ist die FPÖ, was Zugewinne betrifft, der Gewinner.
Kaum Umschwünge in von Hochwasser betroffenen Gemeinden
In den vom Hochwasser im September besonders betroffenen Gemeinden hat sich am Sonntag der Trend zur politischen Stabilität abgezeichnet.
Große Umbrüche wurden vorerst nicht registriert. In mehreren betroffenen Gemeinden blieben die Machtverhältnisse im Vergleich zu 2020 weitgehend unverändert.
Lediglich in Sieghartskirchen (Bezirk Tulln) verlor die ÖVP die Absolute, die sie in Neulengbach (Bezirk St. Pölten) gewann.
Babler-Nachfolgerin mit Minus
In Traiskirchen stellte sich Bürgermeisterin Sabrina Divoky (SPÖ) dem ersten Stresstest. Sie hatte das Amt von SPÖ-Chef Andreas Babler im Herbst übernommen. Divoky hält mit 59,54 Prozent weiter eine klare absolute Mehrheit, muss aber ein deutliches Minus von 11,99 Prozentpunkten hinnehmen. 2020 erreicht die SPÖ in Traiskirchen noch 70 Prozent.
In Bad Großpertholz (Bezirk Gmünd) konnte die SPÖ aber Erfolge verbuchen.
Die SPÖ legte auf 65,10 Prozent (plus 35,17 Prozentpunkte) zu. Die ÖVP erhielt 19,29 Prozent (minus 22,14 Prozentpunkte), die FPÖ fiel in ihrer Hochburg vor fünf Jahren mit damals 28,64 Prozent auf 15,61 Prozent (minus 13,03 Prozentpunkte) zurück. Freiheitliche und Sozialdemokraten hatten zuletzt für je zweieinhalb Jahre lang den Ortschef gestellt.
Fast grüne Sensation in Mödling
In Mödling schrammten die Grünen haarscharf an einer Sensation und an Platz eins vorbei. Mit 26,51 Prozent (minus 0,02 Prozentpunkte) lagen sie nur knapp hinter der ÖVP, die 27,25 Prozent (minus 10,14 Prozentpunkte) erreichte.
ÖVP auch mit herben Verlusten
Die ÖVP musste auch Niederlagen verbuchen. In Bad Fischau-Brunn (Bezirk Wiener Neustadt) ist die schwarze Mehrheit nämlich Geschichte, blieb aber trotzdem stärkste Kraft.
In Wöllersdorf-Steinabrückl (Bezirk Wiener Neustadt) verlor die ÖVP fast 20 Prozent, liegt aber mit 36 Prozent nach wie vor auf der Eins. Dahinter liegt die SPÖ mit 27,5 Prozent.
Auch in Gmünd ist es vorbei mit der schwarzen Absoluten. Die ÖVP musste ein Minus von etwa 10 Prozent verzeichnen. Auch hier bleibt die Volkspartei aber nach wie vor die stärkste Kraft.
Eine herbe Schlappe setzte es für die ÖVP in Heldenberg (Bezirk Hollabrunn). Nur mehr 34,07 Prozent bedeuteten ein Minus von gleich 48,66 Prozentpunkten. Stärkste Kraft wurde die neue Bürgerliste Heldenberg mit 46,47 Prozent.
Eine Absturz erlebte die Volkspartei in Baden. Minus 17,22 Prozentpunkte auf 24,37 Prozent bedeuten nur mehr zehn statt 18 der 41 Sitze im Rathaus.
Bei den Kommunalwahlen traten 1.940 Parteien und Listen an, es gab 1.307.510 Stimmberechtigte. Spätester Wahlschluss ist um 17.00 Uhr. Eine Summierung aller vorläufigen Ergebnisse ("fiktives Landesergebnis") wird nicht vor 20.00 Uhr erwartet.
Drei Statutarstädte und zwei weitere Gemeinden wählen nicht
Nicht gewählt wurde in St. Pölten, Krems und Waidhofen a.d. Ybbs. Im Gegensatz zu Wiener Neustadt riefen die drei weiteren niederösterreichischen Statutarstädte zu anderen Terminen zur Stimmabgabe.
Keine Wahlen fanden zudem in Pernersdorf (Bezirk Hollabrunn) und Vösendorf (Bezirk Mödling) statt. Die dortigen Urnengänge vom 28. Jänner bzw. 5. Mai 2024 galten gemäß der Gemeinderatswahlordnung als allgemeine Gemeinderatswahlen 2025 und werden sich demnach auch in den Ergebnislisten vom Sonntag finden.
Die Bürgermeister werden in Niederösterreich nicht direkt, sondern von den jeweiligen Gemeinderäten gewählt. Zweitwohnsitzer sind nicht mehr stimmberechtigt. Erstmals liegen ausschließlich amtliche Stimmzettel auf, maximal fünf Vorzugsstimmen dürfen vergeben werden. Weiterhin Gültigkeit hat der Grundsatz "Name vor Partei".
Zusammenfassung
- 1,3 Millionen Niederösterreicher:innen wählen am Sonntag neue Gemeinderäte und damit auch den oder die Bürgermeister:in des jeweiligen Ortes.
- Die FPÖ-Politiker Gottfried Waldhäusl und Christian Hafenecker konnten sich in ihren Gemeinden nicht durchsetzen.
- Babler-Nachfolgerin Divoky in Traiskirchen blieb mit deutlichen Verlusten Erste, ebenso die ÖVP von Vizebürgermeister und Bundesparteichef Stocker in Wiener Neustadt.