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Neue Ärztekammer-Führung will "Gesundheitsarmut" bekämpfen

Die größten Herausforderungen der Ärztekammer seien die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Spitalsärztinnen und -ärzten, die Attraktivierung des niedergelassenen Kassenbereichs und die Ausbildung, sagte der neue Präsident Johannes Steinhart bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Um dem drohenden Ärztemangel entgegenzuwirken, brauche es Wertschätzung und mehr Geld. Sonst drohe neben der "Energiearmut" schon bald die "Gesundheitsarmut", betonte Steinhart.

Auf das neu gewählte Präsidium warten große Aufgaben. Diese seien nur gemeinsam bewältigbar, so Steinhart: "Die zuletzt aufgetretenen Risse in der Ärzteschaft müssen geschlossen werden, wir Ärztinnen und Ärzte müssen angesichts der Weggabelungen und der nötigen Entscheidungen, wohin es mit der österreichischen Gesundheitsversorgung geht, stark und geeint auftreten". Neben der Verringerung der Bürokratie sei vor allem die Sicherstellung wohnortnaher Gesundheitsversorgung aufgrund der alternden Bevölkerung ein brennendes Thema.

Die Gesundheitsversorgung dürfe nicht länger als ein "Spargebiet" des Staates betrachtet werden. "Man kann von einem System nicht Leistung auf Champions League Niveau erwarten, wenn man es wie eine Bezirksliga führt", so Steinhart. Gleichzeitig übte Steinhart Kritik an der mit viel Aufwand neu geschaffenen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) - diese müsse endlich beginnen, österreichweit zu denken: "Von unserer Seite liegt seit fast zwei Jahren ein fertiger, einheitlicher Leistungskatalog bereit. Dieser muss unverzüglich umgesetzt werden."

Am besten entgegenwirken könne man dem drohenden Ärztemangel mit einer Verbesserung der Ausbildung, so Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie der angestellten Ärzte. "Was die Politik derzeit macht, zeigt jedoch nicht von besonderem Weitblick". Er befürchte einen "Wildwuchs" von neuen Mangelfächern, es dürfe aber nicht dazu kommen, dass ein Medizinstudium in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche viel Wert sei. "Die Ausbildung ist unseren Jungärztinnen und -ärzten enorm wichtig. Wenn sie sehen, dass sie in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern keine Top-Ausbildung erhalten, sind sie weg", sagte Mayer. 40 Prozent der Jungärzte würden Österreich direkt nach der Ausbildung wieder verlassen.

"Die jungen Kollegen und Kolleginnen wollen 40 Stunden arbeiten und keine 55", betonte Mayer. Work-Life-Balance habe an Wert gewonnen. Außerdem habe jeder Patient das Recht, von einer ausgeruhten Ärztin oder einem ausgeruhten Arzt behandelt zu werden. Derzeit würden die Spitäler nicht einmal genügend Ärzte für den Spitalbereich ausbilden, geschweige denn für den niedergelassenen Bereich, so Mayer.

Man müsse aber auch an der Wertschätzung des Arztberufes arbeiten, sagte Edgar Wutscher, Obmann der Bundeskurie für niedergelassene Ärzte. "Immer wieder wirft der Obmann der ÖGK schlechtes Bild auf die Ärzte, vor allem die Wahlärzte". Es sei jedoch nicht so, dass jeder Arzt "auf einem goldenen Kalb" sitze, und nichts für sein Geld tun müsse, betonte Wutscher. Besonders während der Pandemie mussten Ärzte besonders viel leisten, hätten jedoch nicht die nötige Wertschätzung erhalten. Derzeit arbeite man an der Intensivierung des Impfprogramms, um für eine etwaige Welle im Herbst gerüstet zu sein.

Bei der Wahl bei der Bundeskuriensitzung im Rahmen des 145. Ärztekammertags in Bad Radkersburg zogen die Vertreter der Landesärztekammern aus Salzburg, Niederösterreich, Kärnten und Vorarlberg von der Sitzung aus und hegten Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung der Wahl. Ein von der Standesvertretung vorgelegtes Gutachten bescheinigte allerdings die Rechtmäßigkeit des Wahlvorgangs und damit der gewählten Bundeskurie.

ribbon Zusammenfassung
  • Um dem drohenden Ärztemangel entgegenzuwirken, brauche es Wertschätzung und mehr Geld.
  • Sonst drohe neben der "Energiearmut" schon bald die "Gesundheitsarmut", betonte Steinhart.
  • "Die jungen Kollegen und Kolleginnen wollen 40 Stunden arbeiten und keine 55", betonte Mayer.
  • Work-Life-Balance habe an Wert gewonnen.
  • Man müsse aber auch an der Wertschätzung des Arztberufes arbeiten, sagte Edgar Wutscher, Obmann der Bundeskurie für niedergelassene Ärzte.