Neue 24h-Helpline gegen Pushbacks an der Grenze
Nachdem die Flüchtenden der Hotline ihren Standort bekanntgeben, soll diese die Polizei darüber informieren, dass sich Personen auf österreichischem Boden befinden, die um Asyl ansuchen wollen, erklärten die Initiatorinnen Klaudia Wieser und Monika Mokre in einer Online-Pressekonferenz. Gegebenenfalls könne auch die Rettung verständigt werden. Der Pushback Alarm Austria nehme damit eine "Beobachterrolle" ein, wolle aber auch bei grenznahen Menschenrechtsverletzungen intervenieren. "Und falls das nicht möglich ist, sollen zumindest die Pushbacks dokumentiert werden", so Wieser unter Verweis auf die hierzulande sehr dünne Datenlage.
Zurückweisungen an der Grenze ohne die individuelle Prüfung des Schutzbedarfs - sogenannte Pushbacks - sind laut Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und EU-Recht illegal. Trotzdem gibt es seit einigen Monaten immer mehr Berichte über solche Rückschiebungen, zuletzt auch im September in Österreich. An der südsteirischen Grenze soll die heimische Polizei sieben Personen, darunter drei Minderjährige, nach Slowenien zurückgeschoben haben, obwohl diese "klar um Asyl gebeten haben und damit vorübergehend aufenthaltsberechtigt" gewesen wären, berichteten die Aktivistinnen.
Jeder Mensch, der in Österreich Asyl beantragen wolle, habe das Recht auf ein Verfahren, "in dem zumindest geklärt wird, ob Österreich zuständig ist oder nicht", betonte der Anwalt Clemens Lahner, der unter anderem die Gruppe der sieben Zurückgeschobenen vertritt und diesbezüglich eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Polizei beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingebracht hat. Nicht zulässig sei, wenn jemand, der Asyl benötigt, ohne Prüfung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückgeschickt werde.
Lukas Gahleitner-Gertz von der "asylkoordination Österreich" sprach von einem "unüblichen Anstieg" von Zurückweisungen an der österreichisch-slowenischen Grenze im vergangenen Jahr, insbesondere im zweiten Halbjahr. 180 Personen seien 2020 laut Daten einer slowenischen Partner-NGO von österreichischen Behörden zurückgewiesen worden - um fast 100 Prozent mehr als in den Jahren zuvor. Zu beweisen seien "Pushbacks" jedoch schwer, weil meist Aussage gegen Aussage (Geflüchtete gegen Polizei) stehe. Gahleitner-Gertz sprach dabei von "Ungereimtheiten": "Österreich verbreitet sehr gerne das Märchen, dass jeder zu uns kommen und einen Asylantrag stellen will. Gleichzeitig ist aber die Argumentation der Behörde, die Leute haben keinen Asylantrag gestellt (und können daher zurückgewiesen werdne, Anm.). Also irgendetwas stimmt bei dieser Erzählung nicht."
Neben der "praktischen Hilfestellungen" für die Menschen an der Grenze erhoffen sich die Initiatoren der bisher privat finanzierten Hotline auch, dass "die österreichische Rolle im Zusammenhang mit Kettenabschiebungen bis Bosnien genauer beleuchtet und dokumentiert wird". Denn von Österreich ausgehend gebe es eine "Pushback-Route" Richtung Balkan und insbesondere an der kroatisch-bosnischen Grenze würden Pushbacks "mit großer Brutalität" durchgeführt, sagte Mokre. "Was wir hier sehen ist eine Aushebelung des Rechts auf Asyl in der gesamten Europäischen Union." Die Situation werde "immer schlimmer".
Auch die österreichische Bevölkerung kann sich an Alarm Phone Austria wenden, um etwa zu berichten, wenn man Zeuge einer Zurückweisung wurde. Die Helpline solle beispielsweise wie das Kältetelefon der Caritas funktionieren, meinte Wieser.
(SERVICE: Alarm Phone Austria: +43 1345 14 44 bzw. alarmphone.austria@gmail.com)
Zusammenfassung
- Die wachsende Zahl von Berichten über illegale Zurückweisungen von Geflüchteten an den Grenzen hat österreichische Aktivistinnen und Aktivisten dazu veranlasst, die Initiative "Alarm Phone Austria" zu gründen.
- Zu beweisen seien "Pushbacks" jedoch schwer, weil meist Aussage gegen Aussage stehe.
- Die Situation werde "immer schlimmer".
- (SERVICE: Alarm Phone Austria: +43 1345 14 44 bzw. alarmphone.austria@gmail.com)