Nehammer erwartet Zustimmung Orbáns zu Ukraine-Hilfen der EU
"Er wird von uns gar nichts bekommen, außer es gibt Fortschritte in dem Prozess wie von der EU-Kommission definiert worden ist." So habe Ungarn zuletzt ein Gesetz im Rechtsstaatsverfahren zurückgenommen, und ungarische Gerichte müssten nunmehr Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshof akzeptieren, dafür seien finanzielle Mittel für Ungarn freigegeben worden. Dass Orban im Dezember beim EU-Gipfel-Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine den Saal verlassen hatte, sei "weder heldenhaft, noch diplomatisch rühmlich", sagte Nehammer. Orbán trete zwar "sehr martialisch" auf, aber "am Ende des Tages stimmt Ungarn zu".
Bezüglich der Abstimmung über die Ukraine-Hilfen deutete Nehammer an, dass ohne Ungarn die 26 anderen Staaten die Hilfen im Alleingang beschließen könnten: "Es gäbe technische Alternativen als Plan B, die stehen aber nicht im Vordergrund", sagte der Kanzler.
Die EU-Ukraine-Hilfen von 50 Milliarden Euro seien für die Aufrechthaltung des Staates und nicht für Rüstungshilfen, betonte Nehammer. Es gebe in der Ukraine zwar Missbrauchsfälle durch Korruption, doch achte die EU-Kommission auf die Mittelvergabe an Kiew.
Nach Aussagen von Nehammer wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu dem EU-Gipfel per Video zugeschaltet sein, wenn es eine Diskussion über die weitere EU-Unterstützung für die Ukraine geben wird. Zu diesem Thema seien auch Gipfel-Schlussfolgerungen geplant. Nach zwei Jahren des russischen Angriffskriegs zeige die Ukraine eine "massive Wehrhaftigkeit", so der Kanzler. Österreich bekenne sich zur Solidarität mit der Ukraine, beteilige sich aber nicht an der Lieferung letaler Waffen.
Beim Gipfel werde es auch eine Diskussion zu Nahost geben, ohne dass es dazu Schlussfolgerungen geben werde, sagte Nehammer. Österreichs Position bleibe unverändert: Man anerkenne Israels Recht auf Selbstverteidigung, die Befreiung der von der palästinensischen Terrororganisation Hamas entführten Geiseln bleibe oberste Priorität. Der Schutz für die Zivilbevölkerung in Gaza, die von der Hamas missbraucht werde, müsse erhöht werden.
Nehammer bekräftigte, dass Österreich die österreichischen Hilfszahlungen von UNRWA vorläufig ausgesetzt habe und eine lückenlose Aufklärung fordere. Das Hilfswerks der Vereinten Nationen für die Palästinenser im Gazastreifen (UNRWA) steht im Verdacht, dass zwölf seiner Mitarbeiter am Großangriff der islamistischen Terrororganisation Hamas gegen Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein könnten. Für die UNO sei dies "der größte Schaden", betonte der Kanzler. Langfristig führe kein Weg an einer Zwei-Staaten-Lösung vorbei, sagte Nehammer.
"Im Kampf gegen Terror gibt es keine Neutralität", sagte Nehammer. Die Hamas sei auch für die EU eine große Gefahr und Bedrohung. Völkerrecht sei einzuhalten, man müsse Israel aber bei der Zerschlagung der Terrororganisation unterstützen. Es sei traurig, dass es der Staatengemeinschaft nicht gelungen sei, Terror als solchen zu benennen, rechtfertigte Nehammer Österreichs Ablehnung an einer UNO-Resolution zum Gaza-Krieg.
In Hinblick auf die Aufstockung des EU-Finanzrahmens sagte Nehammer, es sei eine substanzielle Senkung der zusätzlichen Belastung für die österreichischen Steuerzahler gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag durch Umschichtungen gelungen.
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, in der EU-Erweiterung dürfe es keine Schnellverfahren geben, und gleiche Regeln müssten angewendet werden. Insbesondere die Westbalkanstaaten dürften nicht zurückfallen, Österreich habe sich für Bosnien-Herzegowina eingesetzt. In Hinblick auf Serbiens jüngste Attacken auf die EU-Wahlberichterstatter sagte Edtstadler, diese seien "verwerflich". Serbien werde sich "irgendwann entscheiden müssen, auf welchem Sessel sie sitzen möchten".
Zusammenfassung
- Bundeskanzler Karl Nehammer erwartet von Ungarns Premier Viktor Orbán eine Zustimmung zum 50 Milliarden Euro schweren Ukraine-Hilfspaket der EU. Ungarn hatte zuletzt ein Gesetz im Rechtsstaatsverfahren zurückgenommen.
- Die EU-Ukraine-Hilfen sind nicht für Rüstungshilfen, sondern für die Aufrechterhaltung des Staates vorgesehen, betont Nehammer. Er weist darauf hin, dass die EU-Kommission die Mittelvergabe an Kiew kontrolliert.
- Beim anstehenden Gipfel werden Diskussionen zu Nahost geführt, ohne dass es dazu Schlussfolgerungen geben wird. Österreich hat in diesem Kontext die Hilfszahlungen an UNRWA vorläufig ausgesetzt.