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Mehrheit der EU-Länder fordert "sofortige humanitäre Pause"

Die Mehrheit der EU-Länder forderte eine sofortige humanitäre Pause im Gazastreifen. 26 der 27 EU-Länder sprachen sich für solch eine Pause aus, die zu einem nachhaltigen Waffenstillstand, zur bedingungslosen Freilassung der Geiseln und zur Bereitstellung humanitärer Hilfe führen soll, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Diplomatenkreisen zufolge handelte es sich um Ungarn.

Ungarn blockierte bei dem Treffen in Brüssel außerdem geplante Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland. Wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten, verhinderte die Regierung aus Budapest eine angestrebte Grundsatzeinigung. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte mögliche Sanktionen gegen radikale Siedler befürwortet.

"Ich bin sehr dafür, dass wir das machen. Wir dürfen gerade im Nahen Osten nicht auf einem Auge blind sein", sagte Schallenberg vor der Abstimmung. "Ich habe immer gesagt, dass die Gewalttaten der Siedler im Westjordanland, aber auch Verletzungen der Heiligen Stätten inakzeptabel sind", so Schallenberg weiter. "Ich glaube, da muss auch die Europäische Union klar Kante zeigen."

Außenministerin Annalena Baerbock sprach mit Blick auf das Westjordanland von "immer stärker werdenden Spannungen". Das Vorgehen von israelischen Siedlern dürfe nicht kommentarlos stehen bleiben, weder von Seiten der israelischen Regierung, "aber auch nicht von unserer Seite. Deswegen ist es mir wichtig, dass wir auch hier an Sanktionsmaßnahmen arbeiten".

"Vergessen Sie nicht, was im Westjordanland passiert", erklärte Borrell. Die Gewalt israelischer Siedler gehe weiter. Er habe deswegen Sanktionen vorgeschlagen. Nach dem Ende der Gespräche erklärte Borrell, 26 der 27 EU-Länder hätten sich auf eine Erklärung geeinigt, in der vor einem Angriff auf Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt und eine sofortige humanitäre Pause gefordert werde, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand, zur bedingungslosen Freilassung der Geiseln und zur Bereitstellung humanitärer Hilfe führe.

Israel bereitet sich auf eine Bodeninvasion in der südlichsten Stadt des Gazastreifens vor, die es nach fast fünfmonatigen Kämpfen als letzte Bastion der Hamas-Kontrolle bezeichnet. Israel wirft den Hamas-Kämpfern vor, sich unter der Zivilbevölkerung zu verstecken, was die militante Gruppe bestreitet, und erklärt, es würden "außergewöhnliche Maßnahmen" ergriffen, um zivile Opfer zu vermeiden. Borrell sagte jedoch, es sei unmöglich, den Tod von Zivilisten zu verhindern.

Baerbock forderte Israel ebenfalls auf, das humanitäre Recht zu respektieren, sagte aber, dass Israel das "Recht auf Selbstverteidigung" habe, da es klar sei, dass Hamas-Kämpfer immer noch von Rafah aus operierten. "Das Wichtigste wäre, dass die Hamas ihre Waffen niederlegt", sagte sie, während sie ihre Forderung nach einem "humanitären Waffenstillstand" wiederholte, um den Flüchtlingen die Rückkehr in die Region zu ermöglichen. Über eine Million Menschen seien in den Süden des Gazastreifens gegangen, weil die israelische Armee es ihnen gesagt habe. "Sie können nicht einfach in der Versenkung verschwinden."

Hintergrund der Sanktionspläne gegen Siedler ist der Anstieg von Gewalt gegen Palästinenser nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober. Die Gewalt wird in der EU als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen. Aus Protest gegen die Blockade der Siedler-Sanktionen wollen andere, stark Palästinenser-freundliche EU-Länder derzeit auch keinen neuen Sanktionen gegen die Hamas zustimmen. Zu ihnen gehören nach Angaben eines EU-Diplomaten unter anderem Belgien und Irland.

ribbon Zusammenfassung
  • EU-Außenminister diskutieren Sanktionen gegen israelische Siedler und Hamas; Schallenberg und Baerbock befürworten entschiedene Maßnahmen.
  • Deutschland setzt sich für Sanktionen gegen die Hamas ein, Baerbock fordert zudem eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen.
  • EU-Außenbeauftragter Borrell hat noch nicht die Zustimmung aller Mitgliedstaaten für Sanktionen, bedauert fehlende gemeinsame EU-Erklärung gegen Militäroffensive im Gazastreifen.