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Lukaschenko begnadigt am Vorabend der Wahl 15 Häftlinge

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat am Freitag 15 Gefangene begnadigt, was staatliche Medien als humanitäre Geste bezeichneten, zwei Tage vor der Wahl. Am Sonntag stehen in Belarus Präsidentschaftswahlen an. Angesichts der Unterdrückung jeglicher Opposition gilt eine Wiederwahl des autoritär regierenden Amtsinhabers Alexander Lukaschenko Experten zufolge als sicher, aussichtsreiche Gegenkandidaten gibt es keine.

Der 70-Jährige, der seit mehr als 30 Jahren an der Macht ist, steht damit vor seiner siebenten Amtszeit. Die ins Exil geflohene Opposition bezeichnete die Wahl als Farce und rief die Menschen in Belarus dazu auf, beim Urnengang alle Kandidaten abzulehnen. Westlichen Beobachtern zufolge sind Wahlen in der früheren Sowjet-Republik weder frei noch fair.

Doch auch wenn der Ausgang absehbar ist, steht Lukaschenko vor großen Herausforderungen in seinem Balanceakt zwischen Ost und West. Als enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin erlaubte Lukaschenko ihm, sein Land als Aufmarschgebiet für die Invasion der Ukraine zu nutzen. Dafür verhängte der Westen Sanktionen.

Sollten mögliche Friedensverhandlungen den Krieg in der Ukraine beenden - wie es US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte - dürfte Lukaschenko nach Ansicht von Experten versuchen, das Verhältnis zu Europa und den USA zu entspannen und eine Lockerung der Sanktionen zu erreichen. Das würde zu seiner jahrzehntelangen Taktik passen, sich hin und wieder dem Westen anzunähern, um zu verhindern, dass Belarus völlig von Russland abhängig und eines Tages in das Reich des größeren Nachbarn eingegliedert wird.

250 politische Häftlinge freigelassen

Als erstes zaghaftes Anzeichen dafür hat Lukaschenko seit Juli 250 politische Häftlinge begnadigt, die wegen angeblicher extremistischer Aktivitäten im Gefängnis saßen. Auch erlaubte er den beiden bekanntesten inhaftierten Oppositionellen, Maria Kolesnikowa und Viktor Babariko, erstmals seit fast zwei Jahren wieder begrenzten Kontakt zur Außenwelt. Im Exil lebende Regierungsgegner begrüßten die Freilassungen, betonten aber auch, dass dies keinen Kurswechsel signalisiere. Die Menschenrechtsgruppe Wjasna spricht von immer noch 1.250 politischen Gefangenen in Weißrussland.

Im Zuge der vorherigen Präsidentenwahl 2020 wurden zahlreiche Menschen inhaftiert. Die pro-europäische Opposition und europäische Beobachter sprachen von Wahlfälschung. Daraufhin folgten monatelange Massenproteste, die mit massivem Einsatz von Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen wurden. Führende Oppositionelle wurden entweder inhaftiert oder flohen ins Ausland.

Tichanowskaja: Ritual für Diktatoren

Die im Ausland lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters diese Woche, die Freilassung politischer Gefangener in einzelnen Gruppen sei Teil eines Spiels, das Lukaschenko mit dem Westen spiele. "Wir müssen die Repressionen beenden, wir müssen alle Gefangenen freibekommen", forderte sie. "Vielleicht reden wir dann mit ihm."

"Das, was man in der demokratischen Welt Wahlen nennt, hat nichts mit diesem Ereignis in Belarus gemein. Es ist eher ein Ritual für Diktatoren, wenn sie sich selbst neu ernennen", sagte sie.

ribbon Zusammenfassung
  • Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat am Freitag 15 Gefangene begnadigt, zwei Tage vor den Präsidentschaftswahlen, die als nicht frei und fair gelten.
  • Seit Juli wurden 250 politische Häftlinge begnadigt, doch die Menschenrechtsgruppe Wjasna berichtet von weiterhin 1.250 politischen Gefangenen in Belarus.
  • Die Opposition kritisiert die Freilassungen als taktisches Spiel, während Lukaschenko versucht, die Beziehungen zum Westen zu verbessern.